1. RB Leipzig News
  2. >
  3. News
  4. >
  5. Flexible Moral: wie der Hass auf RB Leipzig funktioniert | RBLive

RB LeipzigFlexible Moral: wie der Hass auf RB Leipzig funktioniert

05.12.2016, 19:13
Skandale mit unterschiedlichem Echo: Timo Werners Schwalbe und Cristiano Ronaldos Steuertricks. Fotos: imago
Skandale mit unterschiedlichem Echo: Timo Werners Schwalbe und Cristiano Ronaldos Steuertricks. Fotos: imago imago/Jan Huebner

Was haben Spieler, Verantwortliche und Fans von RB Leipzig nicht schon alles über ihren Club erdulden müssen. Mal ist von „Rattenball“ ist die Rede, mal gipfelte die Anti-Stimmung in Nazivergleichen. Eher wenige Fangruppen machen sich die Mühe, eine differenzierte Kritik am Verein vorzutragen. Warum RB Leipzig als Hassobjekt in Frage kommt, fragt Sport Inside.

RB Leipzig hassen alle gleich

Hass entstehe, wenn tiefe andauernde Verletzungen ohnmächtig hingenommen werden müssen. Und natürlich tue es weh, dass Dietrich Mateschitz Recht behalten hat, indem er RB Leipzig mit Finanzspritze in die Bundesliga geführt habe, während der Fan auf der Tribüne dem Ganzen ohnmächtig gegenüber stehe.

Dabei können sich die vorgegeben Gründe für die Ablehnung eines Vereins durchaus widersprechen oder einander ablösen. Als Fan hasse man schließlich wechselweise. „Dass man in München vermummt auf der Tribüne sitzen darf, solange man von der Telekom bezahlt wird, ruft wieder neuen Hass hervor. Aber RB hassen alle gleich,“ kommentiert der WDR in der nicht ganz ernst gemeinten „Hasstirade„.

Schwalben statt Steuertricks

Auch einzelne Spieler müssen sich auf ungeschonte Behandlung durch gegnerische Fans und Medien einstellen, wie besonders die Schwalbe von Timo Werner im Spiel gegen den FC Schalke 04 zeigte. Im Anschluss an die Partie schwebte die Fehlentscheidung des Schiedsrichters und die Kommentierung durch Ralf Rangnick und Timo Werner über allem, das Spiel trat in den Hintergrund.

In der öffentlichen Debatte hingegen gehen Nachrichten wie der Bericht von Football Leaks von Steuertricks eines Fußballstars wie Cristiano Ronaldo fast unter. Und das, obwohl sich die Enthüllungen für einen „Hass auf Eliten“ nahezu anböten. Bei aller Aufregung über die Marktwirtschaft im Sport lösen die Gehälter der Stars weniger Empörung aus, als der Verein, der sie zahlt.

Hass ist aus dieser Sicht vereinsbezogen. Die moralischen Vorwürfe gegenüber Timo Werner beziehen sich also weniger auf seine Person und mehr auf seinen Verein. Man frage sich, wie groß die Aufregung gewesen wäre, wenn der gebürtige Stuttgarter für seinen Ex-Verein am Ball gewesen und im Strafraum gefallen wäre.

Hass auf RB wird nachlassen

Der Aufschrei ist naturgemäß dort am größten, wo die Leidenschaft für den Verein am meisten gelebt wird. Fanforscher Gunter Pilz hatte zum Ausdruck gebracht, dass sich die Vorbehalte gegenüber bestimmten Entwicklungen sich bei Ultragruppen in Form des Hasses als „jugendspezifischer Ausdruck von Missfallen“ niederschlagen.

Der Protest habe zwar seine Berechtigung, aber die Wahl der Mittel sei der eigenen Sache nicht förderlich. Ohnehin prophezeit er den Protesten keine langanhaltende Wirkung. „Der Protest wird sicherlich nachlassen. Er wird sich tot laufen. Die Fans werden sich mit dem Klub arrangieren.“

Projektionsfläche RB Leipzig

In Anbetracht des neuerlichen Respekts, der zuletzt  vom nicht-hassenden Rest der Bundesliga immer lauter zu hören ist, fragt Sport inside, wen man als Hasser denn nun noch hassen könne. Einzig naheliegender Vorschlag sei ein gesunder Selbsthass. Und zwar darauf, vor lauter Abneigung gegenüber dem „modernen Fußball“  nicht schon längst abgeschaltet zu haben.

Dem würde sicher auch Wolfram Eilenberger zustimmen, der den Hass gegenüber RB Leipzig ebenfalls als umgeleitete Unzufriedenheit mit dem eigenen Verein sieht. Wenn im Vergleich mit RB Leipzig die Kommerzialisierung des eigenen Lieblingsclubs nur etwas in den Hintergrund tritt, mache das einen geeigneten Grund für Hass aus.