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RB LeipzigWilli Orban im RBlive-Interview: „Der perfekte Ball? Dreht mit viel Effet auf meine Stirn!“

12.04.2019, 11:49

Herr Orban, am Samstag kommt der VfL Wolfsburg vorbei. Für Sie aber heißt das nach zehn Spielen am Stück über 90 Minuten und fünf Gelben Karten Pause. Doof?
Willi Orban: Das ist immer doof. Aber so sind die Regeln, ich habe mich mit vier Gelben lange gut gehalten. Jetzt war ich eben fällig.

Wie geht es Ihnen, wenn Sie nicht spielen können?
(lacht) Nicht gut. Ich bin viel nervöser, als wenn ich selbst spiele. Aber die Jungs schaffen das auch ohne mich.

Zwei Siege für Vorentscheidung im Kampf um die Champions League

Was ist die Geschichte der Partie gegen den VfL? Revanche nehmen für die Niederlage im Hinspiel? Das 13. Pflichtspiel in Folge nicht verlieren?
In erster Linie geht es um die Qualifikation zur Champions League. Wenn man den nächsten Gegner, Mönchengladbach, mit dazu nimmt, dann könnten wir mit zwei Siegen eine Vorentscheidung herbeiführen.

Grundlage dafür war ein Sieg vergangenen Samstag gegen Bayer. Ein 4:2 nach einem 1:2-Rückstand zur Pause. Tage zuvor haben sie Augsburg im Pokal in der letzten Minute der Nachspielzeit bezwungen. Was ist los mit RB Leipzig gerade?
(lacht) Gute Frage: Dass wir nach dieser ersten Hälfte, die einfach Katastrophe war, das muss man ehrlich sagen, so zurückgekommen sind, war schon sehr, sehr stark von uns.

Während der Pause hätte nicht mal der größte Optimist einen Pfifferling darauf gesetzt, dass sie das Spiel noch drehen. Ist aber trotzdem passiert. Wie ist das zu erklären?
Wir saßen in der Kabine und hatten echt kein gutes Gefühl. Aber dann haben wir uns daran erinnert, dass wir vor zwei Jahren auch in Leverkusen zurücklagen. Damals hielt Pete Gulacsi beim Stand von 1:2 auch noch einen Elfmeter – und dieses Spiel hatten wir auch gedreht. Ein bisschen Glaube war danach wieder da.

Cunhas Treffer gegen Leverkusen für Willi Orban ein „Meisterstück“

Sie bekommen kurz nach der Pause das 1:3, der Schiedsrichter nimmt es nach Videostudium zurück. Danach fällt der Ausgleich, wenig später bekommen sie einen Handelfmeter zugesprochen und das 4:2 durch Matheus Cunha ist vermutlich ein Kandidat für das Tor des Jahres. Das alles riecht förmlich nach der berühmten Welle, die jede Mannschaft so gern surfen will.
Dann sind wir gerade auf einer drauf. Das euphorisiert, man spürt das regelrecht. Plötzlich merkst du, es läuft – und dann macht es richtig Spaß. Dann bekommst du auch solche Elfmeter, wie den vor dem 3:2.

Mitchell Weisers Fingerkuppenberührung des Balls als Handspiel zu pfeifen, war grenzwertig.
Ganz ehrlich, solche Strafstöße willst du als Spieler eigentlich nicht haben. Aber du nimmst es mit und musst so eine Partie ja trotzdem noch zu Ende spielen. Ein Selbstläufer war das nicht.

Cunhas Treffer fiel nach einer Kombination aus Zinedine-Zidane-Roulette und anschließendem Lupfer. Ein selten schöner Treffer, zu dem ihm selbst Brasiliens Legende Ronaldinho gratuliert hat. Wie haben Sie das Tor von hinten wahrgenommen?
Das ist die Euphorie, die ich angesprochen habe. Man macht den Trick, merkt, das klappt und sagt sich: Jetzt chippe ich den auch noch. Von hinten dachte ich, der Ball geht drüber, aber er senkt sich dann herrlich rein. Ein Meisterstück.

„Wir wollen nach Berlin!“

Wie ist die Stimmung nach dieser Partie im Kader?
Wenn es läuft, ist die Stimmung immer gut. Es herrscht eine große Vorfreude, jetzt beginnt die entscheidende Phase der Saison. Wir stehen in der Liga gut da und die Champions League ist zum Greifen nah, davon hat ja jeder als kleiner Junge mal geträumt.

Und im Pokal wartet Zweitligist Hamburger SV.
Klingt erstmal vermeintlich  einfach, wird es aber keinesfalls. Das ist vor allem für den Kopf gefährlich. Aber wir wollen nach Berlin. Wenn wir uns vorstellen, was dann in der Stadt los ist, wenn 30.000 Leipziger oder mehr mitkommen, das gibt uns enorm viel Energie.

Die Saison begann für RB Leipzig holprig. Mittlerweile zählen sie zu den konstantesten Teams. Wann ist das gekippt?
Nach dem 2:3 in der Europa League zu Hause gegen Salzburg. Das war im Nachhinein unser wichtigstes Spiel. Wir haben mit der Partie alles gelernt, was uns jetzt stark macht.

Was genau?
Disziplin. Die auf dem Platz, was Taktik und Marschroute anbetrifft. Und die neben dem Platz. Nicht jeder hat 100 Prozent gebracht, um taktisch sauber zu spielen und neben dem Platz alles für das Team zu geben. Es waren keine großen Sachen, eher Kleinigkeiten.

Welche?
Wann mache ich mich warm, wann gehe ich in die Kabine, wann ziehe ich mich um?

Bankplatz für Willi Orban eine Zusatzmotivation

Ihr Trainer hat im Nachgang Nordi Mukiele und Jean-Kévin Augustin wegen dieser Undiszipliniertheiten aus dem Kader genommen. Sind Sie selbst auch aktiv geworden? Sie sind der Kapitän des Teams.
Es gab zu der Zeit eine Situation, dass sofort nach dem Spiel einer das Handy in der Hand hatte. Das sind Momente, wo die Kollegen und ich gefragt sind. Dass klar ist, das stört nicht nur den Coach, sondern die Mannschaft auch.

Wie muss man sich das vorstellen? Sie setzen sich neben diesen Spieler, legen den Arm um ihn und sagen: Hör mal, mon amì!?
(lacht) Nach dem Salzburgspiel waren wir alle ziemlich sauer. Da wurde es auch lauter. Aber das gehört dazu. Normalerweise schreie ich nicht herum.

Sie saßen gegen Salzburg auf der Bank, und waren zu dieser Phase der Saison nicht gesetzt. Wie war das für Sie?
Ganz ehrlich: Mich hat es motiviert. Das sind Phasen, in denen du am meisten lernen kannst. Ich werde dann noch akribischer. Wenn es läuft, macht es Spaß, aber du lernst nicht so viel.

Was ist ihnen an sich aufgefallen zu der Zeit?
Kleinigkeiten. Fragen. Wie ist meine Körpersprache, mit welcher Einstellung gehe ich in ein Spiel, was sage ich mir vorher, wie visualisiere ich Situationen? So was hat einen großen Effekt.

Willi Orban hat am liebsten Ecken, die sich vom Tor wegdrehen

Wie sehen Sie, wenn Sie Situationen visualisieren?
Man muss sich das vorstellen wie bei einem Bobpilot, der in Gedanken die Bahn abfährt. Ich stelle mit Szenen im Spiel vor, die mich stark machen. Standards zum Beispiel. Eckball Halstenberg oder Forsberg, ich sehe, wie der Ball reinkommt und wie ich ihn reinköpfe. Das mache ich auch mit Gegenspielern. Was kann der gut, wie kann ich ihn stoppen?

Ihre Spezialität sind Tore nach Standards. Wie fliegt der perfekte Ball auf Ihre Stirn?
Mit Effet vom Tor weg. Dann kann ich gut einlaufen und in den Ball reinspringen.

Standardtore zu kassieren und wenige selbst zu verwerten, war eine Schwäche in der vergangenen Saison. Diese sind es Stärken des Teams, worauf Ihr Trainer Ralf Rangnick besonderen Wert gelegt hat. Wie nehmen Sie Ihren Coach in dieser Saison wahr?
Er hat uns dorthin gebracht, wo wir gerade stehen. Die Standards sind das eine, die Basis von allem ist unser Spiel gegen den Ball. Und wir sind sehr variabel geworden. Die Dreierkette haben wir zuvor nie oder kaum gespielt, jetzt gehört sie zum Standard-Repertoire. Wir spielen auch nicht mehr so viel durch das Zentrum wie früher, sondern auch über die Außen.

„Ralf Rangnick ist ein Herzmensch“

Ralf Rangnick wurde mal beschrieben als ein Trainer, der fordernd zum Spieler ist und sehr herzlich zum Menschen. Trifft das zu?
Ja, absolut. Er hat als Trainer eine klare Idee, ist akribisch, fokussiert und fordert das Gleiche von uns. Gleichzeitig ist er ein Herzmensch. Mit ihm kannst du über alles reden, egal über was oder welche Probleme.

Schade, dass er jetzt aufhört im Sommer?
Ja, schon. Ich glaube, wir wären mit ihm weiter erfolgreich gewesen. Aber er geht ja nicht weg und bleibt nah dran an der Mannschaft.

Stammspieler beim Tabellendritten der Bundesliga, Kapitän, vier Verteidiger-Tore – das rückt einen Profi normalerweise in den Fokus des Bundestrainers. Sie haben sich vergangenen Herbst aber für die Heimat ihres Vaters, Ungarn, entschieden. Bereuen Sie es?
Nein, keine Sekunde. Ich habe alles richtig gemacht. Ich bin jetzt schon ein wichtiger Bestandteil der Nationalmannschaft. Und es ist zudem ein Stück weit ja eine Herzensangelegenheit. Mein Vater lebt in Ungarn, viele Verwandte auch. Die habe ich früher nur selten gesehen, jetzt öfter. Es ist ein schönes Gefühl, sie stolz machen zu können.

RB Leipzig soll Schlüsselspieler halten

Sie sind jetzt 26, wenn ihr Vertrag ausläuft 29. Ist es dann zu spät, um nochmal zu wechseln?
Das ist so weit weg und nicht im Ansatz ein Thema bei mir. Auf uns warten jetzt so viele spannende Sachen: Es kommt ein neuer Trainer, die Chancen, dass wir Champions League spielen, stehen gut. Ich will große Abende erleben, will gegen Topteams spielen und was gewinnen. Das ist hier alles möglich. Da denke ich über einen Wechsel, jetzt oder irgendwann, nicht nach.

Es gibt Spieler, die wissen mit 26: Irgendwann will ich einmal Premier League gespielt haben. Oder Serie A, oder Primera División. Wie ist das bei Ihnen?
Die Premier League hat schon ein spezielles Flair. Aber ich habe noch nie gedacht, da musst du unbedingt spielen. Wenn es sich mal ergeben sollte, dann wäre das aber schon reizvoll.

Wie wichtig ist es Ihnen für Ihre Karriere, dass die Mannschaft zusammenbleibt?
Vor allem Schlüsselspieler sollten bleiben. Das ist mir schon wichtig, damit wir in den kommenden Jahren erfolgreich sein können.