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RB LeipzigFußball wertvoll für Menschen am Limit? Virologin sieht in Budapest "vernünftige Lösung"

Von (sid/dpa) 10.02.2021, 06:42
Dagmar Freitag fordert mehr Demut vom Profifußball.
Dagmar Freitag fordert mehr Demut vom Profifußball. imago/photothek

Durch die Verlegung von Europacup-Spielen haben die Topklubs aus der Fußball-Bundesliga die Debatte über die Privilegien ihrer Branche wieder angestoßen. Die "Betriebsausflüge" von RB Leipzig und Borussia Mönchengladbach nach Ungarn sowie der TSG Hoffenheim nach Spanien für Millionen-Einnahmen im internationalen Geschäft stoßen auf immer mehr Kritik.

Freitag: "Es geht vor allem ums Geld"

"Es ist schon befremdlich, welche Maßnahmen ergriffen werden. Jeder durch diese Verlegungen zusätzliche Kontakt ist einer zu viel", kommentierte die Bundestags-Sportausschussvorsitzende Dagmar Freitag auf SID-Anfrage den wieder zunehmenden Fußball-Tourismus quer über den Kontinent: "Eines macht das Vorgehen wieder klar: Am Ende dreht sich die Fußball-Welt in ihrem eigenen Kosmos - und vor allem ums Geld."

Bundesliga-Teams laden nach Ungarn und Spanien

Die drei Bundesliga-Teams absolvieren mit ihren Begleittrossen wegen der Einreise-Beschränkungen in Deutschland und Norwegen jeweils zwei außerplanmäßige Flugreisen. Leipzig und Mönchengladbach hatten ihre Achtelfinal-Hinspiele in der Champions League gegen englische Gegner in Ungarns Hauptstadt Budapest verlegen müssen. Hoffenheims Europa-League-Kontrahent Molde FK darf in Norwegen keine ausländischen Gegner empfangen und lotste die Kraichgauer ins spanische Villarreal um. Kurios: während Molde und Hoffenheim in Spanien spielen können, darf Atletico Madrid wegen des spanischen Banns für Engländer sein Champions-League-Heimspiel gegen den FC Chelsea (23. Februar) voraussichtlich nicht im eigenen Land austragen.

Freitag fordert mehr Demut

Freitag erinnerte jedoch an die Sonderstellung des Fußballs und die damit verbundene Verantwortung. "In der Pandemie-Bekämpfung sind wir an einem fragilen Punkt. Der Fußball tut dennoch so, als habe er mit all dem nichts zu tun", meinte die SPD-Politikerin: "Der Fußball hat eine sehr komfortable Position. Ich habe den Eindruck, dass diese mittlerweile als völlige Selbstverständlichkeit wahrgenommen wird. Ein wenig mehr Demut täte mit Blick auf den Rest der Gesellschaft ganz sicher gut."

Budapest eine "vernünftige Lösung"

Für die Virologin Ulrike Protzer hingegen stellen die Budapest-Trips von Leipzig gegen den FC Liverpool (16. Februar) und Gladbach gegen Manchester City (24. Februar) keine unkalkulierbaren Risiken dar. "Es ist eine vernünftige Lösung", sagte die 58-Jährige von der Technischen Universität München bei Sky Sport News: "Die Ungarn sind im Moment mit den Zahlen auf dem gleichen Niveau, wie wir es sind."

Pharmakologe hält EM für möglich

Auch der Pharmakologe Fritz Sörgel hat trotz der Corona-Beschränkungen keine Bedenken bei Reisen zu Spielen im Fußball-Europacup. "Wenn man sie auf dem gleichen Niveau der Sicherheits- und Hygienemaßnahmen wie in der Bundesliga austrägt, kann man nichts dagegen sagen", sagte der 70-jährige Nürnberger am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Das Konzept der Deutschen Fußball Liga habe sich als eine "sichere Geschichte" mit relativ wenigen Corona-Fällen bei Spielern und Betreuern herausgestellt. 

Unterdessen hält Sörgel auch die Austragung der Fußball-EM, die noch mit 51 Spielen an zwölf Standorten geplant ist, für machbar. "Das sind geografisch weit voneinander entfernte Orte. Deshalb kann man es wie bei den Champions-League-Spielen sehen", meinte Sörgel, nennt aber einen Vorbehalt: "Mit jedem Monat könnte in den Ländern aber die Entwicklung schlimmer werden. Da muss man auf Sicht entscheiden." Neben den Gesundheits- und Sicherheitsrisiken gibt es für Sörgel noch einen gesellschaftlichen Aspekt, Fußballspiele und -Reisen zu veranstalten. "Die Menschen sind in der Pandemie am Limit und man kann die Frage stellen, was ist dabei der Fußball wert", sagte er. "Da muss man auch in Erwägung ziehen, welchen Zerstreuungseffekt er hat."