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RB LeipzigAngeliño im Porträt: Auf Anhieb Schlüsselspieler bei RB Leipzig

Von Ullrich Kroemer 06.04.2020, 07:54
Akrobatik und Präzision: Angeliño.
Akrobatik und Präzision: Angeliño. imago/Picture Point LE

Mindestens sechs Wochen wird die Bundesliga unterbrochen sein. Falls der Ball in dieser Spielzeit überhaupt noch einmal rollen sollte, wird das für die Profis wie ein Saisonneustart. Daher ziehen wir im spielfreien April ein erstes Saisonfazit der Leistungen jedes Akteurs von RB Leipzig. Im Kern stehen natürlich die Leistungen auf dem Platz, doch wir beurteilen auch soft skills wie besondere Qualitäten, Fannähe oder die Präsenz in den sozialen Medien. Wir machen weiter mit Leipzigs Nummer 3: José Ángel Esmorís Tasende. Genannt: Angeliño.

Saisonanalyse: Während sich am letzten Tag der Winter-Transferperiode rund um RB Leipzig jeder auf die Verpflichtung eines Innenverteidigers konzentrierte, überraschte der Herbstmeister mit der Leihe von Angeliño. Ein Schlüsselspieler, wie sich nach nur wenigen Partien herausstellte. Dank des flinken, äußerst ballsicheren und technisch starken Spaniers stellte Trainer Julian Nagelsmann seine Grundordnung auf Dreierkette um und lässt seither im aus Hoffenheim gewohnten 3-5-2 in Variationen agieren. Da Marcel Halstenberg in die Dreier-Abwehrkette rückte, ist Angel seither alternativlos gesetzt und hat die linke Seite auf ein neues Niveau gehoben.

Auf der linken Außenbahn ist der Linksverteidiger mit Offensivdrang nicht mehr wegzudenken. Nur vier Tage nach seiner Ankunft absolvierte er seine erste Partie im DFB-Pokal in Frankfurt – direkt über 90 Minuten hinweg – und stand in allen acht Spielen seither nur zehn Minuten nicht auf dem Platz. Trainer Nagelsmann „hat mich so behandelt, dass ich dachte, ich wäre schon seit langer Zeit Mitglied dieser Gruppe. Das tat mir gut“, sagte er jüngst der Sport-Bild. Zu Recht, denn der kreative 23-Jährige mit dem tiefen Körperschwerpunkt hat immer eine Lösung mit Ball parat, insbesondere, wenn er nach innen zieht und den Ball flach mit viel Auge zum Nebenmann passt. Er harmoniert gut mit Christopher Nkunku und Dani Olmo, das Zusammenspiel mit Timo Werner ist ausbaufähig. Ganz selten leistet er sich Ballverluste. Wenn die Kugel bei Angelino ist, ist sie in Sicherheit wie einst bei seinem Vorbild Roberto Carlos. 

Angeliño muss an der Präzision seiner Flanken und Torschüsse arbeiten

Mit Ausnahme des 0:0 gegen Wolfsburg und mit Abstrichen beim 1:1 gegen Leverkusen überzeugte der Mann aus Nordspanien stets. Auf Schalke erzielte er sein erstes Tor für Rasenballsport, als er mit viel Wucht in den Strafraum zog. In Wolfsburg sah man jedoch, woran es ihm gelegentlich hapert: viele Flanken kommen zu ungenau. Laut sofascore.com sind nur 19 Prozent seiner Flanken präzise. Und an seinen Torschussqualitäten kann er arbeiten. Pro Spiel hat er lediglich 0,4 Torschüsse im Schnitt. Zu wenig für einen Spieler mit seinen Freiheiten.

Bei der Balance zwischen Offensive und Defensive hat der mutige und angriffslustige Angeliño ein gutes Gespür, muss aber taktisch und vor allem auch in den Zweikämpfen noch zulegen. Gegenpressing und Balleroberung gehören zu seinen Stärken. Ebenso wie präzise getretene Ecken und Freistöße. Erstaunlich ist, dass er trotz weniger Einsatzzeiten und fehlendem Rhythmus sofort so konstant Leistung bringt.

Angelino im Vergleich zu den Durchschnittswerten der Ligakollegen (orange, links) und zu dem vergleichbaren Dortmunder Raphael Guerreiro (blau, rechts).
Angelino im Vergleich zu den Durchschnittswerten der Ligakollegen (orange, links) und zu dem vergleichbaren Dortmunder Raphael Guerreiro (blau, rechts).
sofascore.com (Screenshots)

Moment(e) der Saison: Beim Rückspiel gegen Tottenham brillierte er binnen zwei Minuten zwei Mal. Erst bereitete er ein vermeintliches Tor von Timo Werner vor, der knapp im Abseits stand, und kurz darauf legte er Marcel Sabitzer das 2:0 auf. Eine herausragende Doppel-Szene des Dribblers. Und natürlich sein Premierentreffer, als er durch die Schalker Abwehr kurvte.

„Er ist der einzige Neuzugang, der sich so schnell an die Art und Weise, wie ich Fußball denke, gewöhnt hat.

Julian Nagelsmann über Angelino

Einschätzung des Trainers: „Er ist der einzige Neuzugang, der sich so schnell an meine Art und Weise, wie ich Fußball denke, gewöhnt hat. Er macht sich vor Spielen offenbar keine so großen Gedanken, setzt aber vieles intuitiv richtig um”, lobte Trainer Nagelsmann. „Er hat keine Angst, spielt seinen Stiefel runter. Wenn er alles macht, was Pep Guradiola ihm immer gesagt hat, wird er vieles richtig machen.”

Spezialkraft: Kreative Präzision. Auch unter Gegnerdruck und bei hoher Geschwindigkeit spielt Angeliño zentimetergenaue Pässe. Seine Ballkontrolle, Passsicherheit und Körperbeherrschung machen ihn zu einem außergewöhnlichen Spieler auf der notorisch schwer zu besetzenden Position links hinten.

Auftreten: Angeliño ist nur zwei Jahre älter als sein Landsmann Dani Olmo. Doch der Leihspieler von Manchester City wirkt viel reifer, offener und selbstbewusster. Sein erster Auftritt bei seiner Vorstellung in Leipzig war dafür beispielhaft. Der Mann mit der illustren Vita (bereits acht Mal verliehen) bekundete klar, endlich mal irgendwo ankommen zu wollen: Am besten in Leipzig. Dazu lobte er die „herausragende Gruppe” und machte klar: „Ich will alles gewinnen.” Ein erster Auftritt mit Ausstrahlung.

Angelino ist bei RB schnell angekommen.
Angelino ist bei RB schnell angekommen.
imago/HJS

Gereizt kann er reagieren, wenn er nach Spielen unter Niveau auf Schwächen angesprochen wird. Als RBlive den Linksfuß nach einer vergebenen Großchance mit Rechts darum bat, auf die Qualitäten seines rechten Fußes einzugehen, antwortete er entnervt: „Toller Witz. Nächste Frage bitte!”

Kunst auf dem Körper

Style: Der um die 1,70 Meter (die Angaben unterscheiden sich) große Kicker trägt die unprätentiöseste Frisur im Team. Die raspelkurze Ein-Millimeter-Frise kann er sich während der Corona-Krise locker selbst scheren. Kunst trägt er nicht auf dem Kopf, sondern auf den nahezu komplett tattowierten Oberkörper und Armen (siehe Social-Media-Faktor).

Social-Media-Faktor: Bei Instagram präsentiert der Kicker sich und seine kleine Familie angenehm dezent. Es dominieren Fußballfotos, was schon mal ein Pluspunkt ist. Nur ganz dosiert gibt Angelino Privates von seiner Freundin, seinem kleinen Sohn und sich (Tattoos) preis. Das ist nicht innovativ oder besonders kreativ, aber eben auch nicht überzogen oder peinlich. (RBlive/ukr)