"ein sehr großes Tabu" RB-Kapitänin Kaiser berät Talente zur mentalen Gesundheit
Johanna Kaiser ist nicht nur Kapitänin von Zweitliga-Tabellenführer und DFB-Pokal-Halbfinalist RB Leipzig. Die 26-Jährige ist auch als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychologie der Universität Leipzig tätig. Die gebürtige Hallenserin promoviert zur psychischen Gesundheit im Nachwuchsleistungssport und arbeitet beim Projekt LIFENET, einer Leipziger Initiative zur Förderung der mentalen Gesundheit von Nachwuchs-Leistungssportlerinnen und -sportlern.
"Das ist ein Thema, das im Leistungssport häufig hinten runterfällt", erklärt Kaiser im Interview mit der Leipziger Volkszeitung. Denn Kaiser weiß: Leistungssportorientierte Jugendliche leben in einer permanenten Doppelbelastung zwischen Schule und Sport, haben viel Zeitstress, kaum Freizeit, sind permanentem Leistungsdruck ausgesetzt: Und: Selbst die eigenen Freunde können Konkurrenten sein. Hinzu kommt das nicht immer einfache Leben am Internat.
Bild vom mental und körperlich starken Athleten
"Leider ist dieses Thema noch ein sehr großes Tabu", sagt Kaiser. "Es besteht immer noch dieses Bild vom mental und körperlich starken Athleten, der keine Schwächen kennt und erfolgreich ist." Kaiser arbeitet daran, diese Einstellungen zu ändern. "Nur wer sich wohl fühlt und psychisch gesund ist, kann auch langfristig Leistungen auf Topniveau bringen", sagte die RB-Spielführerin.
Kaiser leitet eine Spezialsprechstunde für Betroffene und vermittelt sie je nach Bedarf in eine psychotherapeutische Behandlung, ein psychologisches Gruppenangebot oder in ein mentales Training. Von Schülerinnen und Schüler würde das Angebot schon sehr gut angenommen. "Gerade Trainerinnen und Trainer ins Boot zu holen, fällt noch schwer."
RB-Talente kommen in die Sprechstunde
Genutzt hätten die Sprechstunde schon Nachwuchstalente von RB Leipzig, aber auch von anderen Leipziger Vereinen wie Lok Leipzig oder von Klubs in der Region. Kaisers Fazit: "Ich würde mir wünschen, dass es durch Aufklärungsarbeit zu einem Umdenken kommt, sodass Leistungssportlerinnen und -sportler, die betroffen sind, bessere Unterstützung auch im Verein erhalten, insgesamt offener damit umgegangen werden kann und Betroffene nicht sofort als unbelastbar abgestempelt werden."