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  5. Im Interview: Mainzer Bayern-Leihe Sieb hatte bei Ex-Klub RB "kein Zuhaus"

Exklusiv-Interview Hallenser Bayern-Profi Sieb vor Duell mit Ex-Klub: "RB war kein zu Hause für mich"

Der Mainzer Leihspieler Armindo Sieb gehört dem FC Bayern – und stammt aus Halle/Saale. Drei Jahre war er Akademie-Spieler in Leipzig. Im Exklusiv-Interview spricht er vor dem Duell mit seinem früheren Ausbildungsverein u.a. darüber, warum er nach der RB-Zeit mit Fußball aufhören wollte.

Von Martin Henkel 18.10.2024, 05:00
Der frühere RB-Nachwuchsspieler Armindo Sieb aus Halle im Trikot des 1. FSV Mainz 05
Der frühere RB-Nachwuchsspieler Armindo Sieb aus Halle im Trikot des 1. FSV Mainz 05 Foto: Imago/Beautiful Sports

Mainz/Leipzig – Armindo Sieb ist Spieler des FC Bayern München. Und er ist Hallenser, aufgewachsen im Stadtteil Silberhöhe. Von dort hat es den Junioren-Nationalspieler auf teils holprigen Wegen über Stationen bei RB Leipzig und Hoffenheim zum deutschen Rekordmeister geführt. Aktuell ist der 21-Jährige an den 1. FSV Mainz 05 verliehen, Leipzigs Gegner am Samstag (15.30 Uhr/Sky). Vor dem Duell sprach RBlive-Reporter Martin Henkel mit dem Offensivspieler über seine Kindheit im sozialen Brennpunkt, Neymar-Tricks auf dem Bolzplatz und die schützende Hand von Ralf Rangnick.

Ex-RBler Sieb: "Die Silberhöhe ist meine Heimat"

Armindo, Sie stammen aus dem Halleschen Stadtteil Silberhöhe. Einem Plattenbaugebiet, von dem Soziologen sagen würden: „Brennpunkt“. Was bedeutet Ihnen Ihre alte Hood?
Armindo Sieb: (lacht). Hood ist gut. Die Silberhöhe ist meine Heimat gewesen, bis ich zehn, elf Jahre alt war. Dort bin ich aufgewachsen, das hat mich geformt. Ich empfinde Stolz auf meine Herkunft. Wie es ist, dort groß zu werden, verstehen vielleicht nicht viele. Aber wir haben das Leben hinbekommen.

Wieviel Silberhöhe steckt in dem Fußballer Armindo Sieb?
Ich war gefühlt auf allen Bolzplätzen unterwegs, wirklich allen. Auf denen habe ich vieles über den Fußball gelernt, viele Basics.

Was kann man nur auf dem Bolzplatz lernen?
Auf dem Bolzplatz versuchst du dir einen eigenen Namen zu machen, wer zu sein. Das ist ein großer Ansporn. Ich wollte damals meinen Namen auf jedem Platz hinterlassen. Jeden Skill, jeden Trick, den ich mir abgeschaut oder gelernt hatte, den hab‘ ich mitgebracht und eingesetzt. Das hat immer richtig gut geklappt. Und ganz ehrlich, das sage ich nicht, um anzugeben: Ich habe gefühlt jedes Spiel gewonnen.

Vorbild Neymar

Ihr bester Trick, welcher war das?
Ich muss vielleicht dazu sagen: Im Käfig, auf dem Bolzplatz, hast du keinen Druck. Du kannst das Spiel auch verlieren, ist in Ordnung. Wir haben also jeden Trick ausprobieren können, auf den wir Bock hatten. Ich hatte keinen Lieblingstrick, aber den Rainbow, den konnte ich gut.

Den Ball mit der Hacke über den Kopf hebeln?
Ja, der.

Von wem haben Sie ihn sich abgeschaut?
Neymar.

Als Sie elf waren, sind Sie vom Bolzplatz in die Akademie von RB Leipzig gewechselt. Wie ist das, auf das Team Ihres alten Ausbildungsklubs zu treffen?
Es sind weniger Emotionen drin, als man vielleicht denkt. Ich glaube auch nicht, dass sich jemand dort groß an mich erinnert. Ich war sehr jung. Aber die Station ist für meine Karriere enorm wichtig, weil ich bei RB angefangen habe, zu träumen.

Rangnicks schützende Hand

Wieso sind Sie nur drei Jahre geblieben?
Die Jahre waren super, aber es gab auch wirklich harte Zeiten. Ich hatte einen schweren Stand. Dafür gab es viele Gründe. Ich bin ja komplett nach Leipzig gegangen, mit Internat, Schulwechsel, allem. Und ich komme aus einem Haushalt, da war immer viel los. Die Schule hat mich deshalb manchmal gelangweilt, wir waren in der Klasse ja nur die aus dem Internat. Also habe ich andere Sachen gemacht, als aufpassen. Das hat man bei RB natürlich nicht gern gesehen.

U-13-Spieler Armindo Sieb trainiert bei RB mit Profi Terrence Boyd
U-13-Spieler Armindo Sieb trainiert bei RB mit Profi Terrence Boyd
Imago Picture Point LE

Zu der Zeit war Ralf Rangnick Gesamtverantwortlicher für den Fußballbereich. Ein ehemaliger Pädagoge, mitunter sehr streng.
Ralf Rangnick bin ich sehr, sehr dankbar. Er hat mich damals beiseite und an die Hand genommen, als es nicht so gut lief. Er hat an mich geglaubt.

Er hat Sie nicht aufgehalten, als Sie nach Hoffenheim gewechselt sind?
Ich bin nie so richtig in Leipzig angekommen. Es gab die Schulthemen und ich habe mich nicht zu Hause gefühlt. Ich wollte Fußball damals eigentlich aufgeben, ich wollte mein altes Leben zurück. Also habe ich RB verlassen.

Popcorn im Kino

Wer oder was hatten den größten Anteil daran, dass Armindo Sieb nicht mit dem Fußball aufgehört hat?
Armindo Sieb selber, denke ich. Zwei Wochen, nachdem ich von RB weg bin, wurde mir klar, dass mir Fußball fehlt und ich Profi werden will. Mein Berater hat mich dann über Umwege nach Hoffenheim vermittelt.

Wo Sie sich im RB-Style eingeführt haben.
(lacht) Sie meinen die Popcorn-Geschichte?

Ja.
Wir waren damals mit der Klasse im Kino. Der Film war langweilig, also haben wir angefangen, mit Popcorn zu werfen. Ich war nicht allein, aber mich hat es erwischt.

Nach drei Jahren Hoffenheim kaufte Sie der FC Bayern, der erfolgreichste Verein Deutschland. Was haben Sie gedacht?
Dazu muss man sagen, dass es damals auch Angebote von anderen großen Vereinen gab, entsprechend war es ein etwas längerer Prozess, bis ich mir Gedanken über den richtigen nächsten Schritt gemacht und mich für die Bayern entschieden habe. Dieser Wechsel kam also nicht über Nacht.

Rainbow auf dem Bolzplatz

War RB Leipzig unter den Interessenten?
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht mehr genau, aber ein Wechsel zurück hätte damals für mich keinen Sinn gehabt. Meine Zeit in Leipzig war zu dem Zeitpunkt noch nicht so lang her und ich wollte einfach was Neues machen. Aber RB ist ein Topklub, das muss man absolut anerkennen.

Die Bayern haben Sie diesen Sommer für zwei Jahre an Mainz 05 verliehen. Wenn Sie die Möglichkeit hätten, die kommenden drei, vier Jahre selbst zu gestalten: Wie würde die verlaufen?
Ich möchte verletzungsfrei bleiben, will so viele Bundesligaspiele wie möglich machen, will so viele Scorerpunkte wie möglich sammeln. Ich wünsche mir, dass mein Weg in den fünf besten Ligen Europas weitergeht. Und dass ich ein großer Spieler werde. Ich möchte gern Fußspuren hinterlassen.

Haben Sie den Rainbow eigentlich jemals in einem Spiel gezeigt?
(lacht) Nein, der ist auf dem Bolzplatz geblieben.