Neues Red-Bull-Team RB-Investor verleiht auch deutschem Radteam Flügel
Die Mehrheitsübernahme durch Red Bull wird den deutschen Radrennstall Bora-hansgrohe zum Spitzenteam machen. Der Blick auf andere Sportarten lässt große Ambitionen erwarten.
Es begann mit einer unscheinbaren Mitteilung, fast versteckt auf der Website der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde. Bora-hansgrohe, war dort zu lesen, stehe vor einer Mehrheitsübernahme durch Red Bull. Als die Meldung schließlich in die Radsportwelt durchsickerte, löste sie dort gewaltige Turbulenzen aus – denn in der Weltspitze kristallisiert sich ein neuer Player heraus.
Deutschlands bestes Radteam bestätigte die angestrebte Partnerschaft wenig später. Red Bull werde „das Portfolio der bestehenden langjährigen Hauptsponsoren ergänzen, die sich weiterhin langfristig im Team engagieren”, hieß es in einer nüchtern formulierten Pressemitteilung. Konkreter: Der Energydrink-Hersteller will 51 Prozent der vom Bora-hansgrohe-Teamchef Ralph Denk geführten RD pro cycling GmbH & Co. KG sowie der RD Beteiligungs GmbH übernehmen.
Vorbilder Formel 1 und RB Leipzig
Denk selbst war auf Anfrage (noch) nicht zu einer Auskunft bereit. Es gilt aber als sicher, dass der Deal, der zuvor kartellrechtlich geprüft wird, in den kommenden Wochen über die Bühne geht. Und bei Bora-hansgrohe, oder wie das Team zukünftig auch immer heißen mag, eine neue Ära anbricht.
Bislang verkörperte der Raublinger Rennstall erweiterte Weltspitze, auf die absoluten Topteams um die Dominatoren von Jumbo-Visma (heute Visma-Lease a Bike) fehlten meist ein paar Radlängen. Mit Highlights wie Grand-Tour-Etappensiegen oder dem Giro-Triumph von Jai Hindley allein wird man sich zukünftig wohl nicht mehr zufrieden geben.
Der Blick auf andere Sportarten, in denen Sponsoring-Riese einstieg, lässt erahnen, dass Red Bull auch im Radsport nach ganz oben strebt. Zweite Plätze sind in der Welt des Milliardenkonzerns nicht vorgesehen. In der Formel 1 beispielsweise ist Red Bull Racing seit Jahren das dominierende Team, verfügt über das beste Auto und in Max Verstappen den talentiertesten Fahrer. Im deutschen Fußball stellte sich ebenfalls schnell Erfolg ein: Zwei Pokalsiege feierte RB Leipzig in seiner jungen Vereinshistorie, weitere Titel sollen in den kommenden Jahren folgen.
Mintzlaff will mittelfristig den Tour-Sieg angreifen
Der für Sportengagements zuständige Red-Bull-Chef Oliver Mintzlaff ließ am Rande des Trainingslagers von RB Leipzig im spanischen La Manga durchblicken, dass der Milliardenkonzern mit Augenmaß investieren werde und ab 2025 den Kader umbauen werde. Mit dem Ziel, mittelfristig die Tour de France zu gewinnen.
Aufgrund des Interesses der Fans in Europa, aber auch weltweit, ist das Engagement für den Energy-Drink-Giganten interessant. Bereits in der Vergangenheit hatte Red Bull den Nachwuchs von Bora sowie einzelne Fahrer unterstützt und hat bereits Erfahrung in der Radsportbranche.
Wie genau sich nun das verstärkte Engagement im Radsport konkret auswirken wird, bleibt abzuwarten - spekulieren aber lässt sich schon jetzt vortrefflich. Vorstellbar wäre durch den erheblichen finanziellen Fortschritt zum Beispiel eine Verpflichtung des belgischen Superstars Wout van Aert. Der Klassikerspezialist und wohl weltbeste Allrounder von Visma-Lease a Bike steht bereits als Individualathlet bei Red Bull unter Vertrag - ein Bemühen um den noch bis 2026 an Visma gebundenen van Aert wäre eine logische Konsequenz der neuen Radsport-Ehe.
Beim Team der deutschen Spitzenfahrer Lennard Kämna und Emanuel Buchmann waren die Ambitionen bereits vor der geplanten Red-Bull-Übernahme merklich gestiegen. Es sei „ein Meilenstein” hatte Teamchef Denk im Oktober geschwärmt, als er die Verpflichtung von Primoz Roglic (34) verkündete.
Mit dem slowenischen Giro-Sieger will Bora-hansgrohe bereits dieses Jahr den Sieg bei der Tour de France attackieren. Eine Partnerschaft mit Red Bull dürfte solch hohe Ziele nur befeuern.