baumgartner, schlager, seiwald im interview Ösi-Club RB: "Kommst net aus Tirol, bist ka' Mensch!"
RB Leipzig ist ein deutscher Ösi-Club. Der Haupsponsor ist von alpischer Herkunft, und immer wieder sind es auch Spieler wie aktuell Xaver Schlager und die zwei Neuzugänge Nicolas Seiwald und Christoph Baumgartner.
Trifft der Tiroler auf einen Wiener
Gibt es ein besonderes Verhältnis des Clubs aus Sachsen zu Spielern aus dem nachbarlichen Süden, wieviel Heimweh muss einer aus dem Salzburger Land oder Niederösterreich in der Messestadt verwinden und was sagt ein Tiroler, wenn er auf einen Wiener trifft? Darüber sprach RBlive-Reporter Martin Henkel mit den drei im Trainingslager in Bruneck.
Herr Baumgartner, Herr Schlager und Herr Seiwald, sie sind alle drei Österreicher aber aus drei unterschiedlichen Bundesländern: dem Salzburger Land, Oberösterreich und Niederösterreich. Kommen Sie miteinander klar?
Christoph Baumgartner: (lacht) Wir sind keine Wiener, also schon.
Sie sind Wahl-Wiener.
Baumgartner: Das Stimmt, aber vom Wesen her vom Land. Der Wiener sagt, er sei aus Wien. Der Rest findet, er komme aus Österreich.
Xaver Schlager: „Na, der Tiroler sieht das anders. Der meint: Kommst net aus Tirol, bist ka‘ Mensch.“ Aber alles mit einem Augenzwinkern: Wir wollen niemanden verärgern. (lacht)
Die Deutschen amüsieren sich gern über die Ostfriesen, die Franzosen über die Sch’ti, wie ist das in Österreich: Wer zieht den Spott auf sich?
Baumgartner: Burgenländer.
Schlager: Vorarlberger.
Seiwald: Das sind die jeweils kleinsten Bundesländer an den Rändern.
Wie kommt’s?
Schlager: Die Vorarlberger versteht man nicht so gut, weil sie schon fast Schweizerdeutsch sprechen und die Burgenländer… Macht man besser keine Witze. Die Tourismusbehörde sponsert unsere Nationalmannschaft. (lacht)
Sie drei sind nicht betroffen vom Los der Burgenländer und Vorarlberger. Ist es Ihnen in der sächsischen Fremde trotzdem wichtig, dass Sie aus demselben Land kommen?
Baumgartner: Deutschland und Österreich sind sich schon relativ ähnlich, da fühlt man sich nicht in der Fremde, wo man vielleicht dankbar ist, wenn man Landsleute trifft. Aber für Nici und mich ist es ein Vorteil, dass wir wohin kommen, wo mit dem Xaver schon ein Österreicher ist. Er kennt den Club, die Abläufe, das macht einiges für uns einfacher. Und vielleicht ist es auch für den Xaver cool, dass wir dazukommen.
Schlager: (schmunzelt)
Herr Schlager, was waren die drängensten Fragen Ihrer Landsleute an Sie, bevor sie zu RB gewechselt sind?
Schlager: Das hatte nichts mit Österreich zu tun, oder? Eher so Fragen, die jeder Fußballer jemanden stellt, wenn er wen bei seinem möglichen neuen Club kennt - Fachkram.
Was muss man sich darunter vorstellen?
Schlager: Na ja, passt der Spielstil, wie ist die taktische Ausrichtung, passe ich da rein?
RB ist ein ausgewiesener Ösi-Club. Seit dem Aufstieg 2016 sind immer zwei, drei Österreicher im Kader gewesen. Zuletzt Sie Herr Schlager und Konrad Laimer. Davor Marcel Sabitzer, Stefan Ilsanker…
Schlager: … wir haben auch noch einen Athletiktrainer aus Österreich…
Wieviel Verbindung zu Red Bull Salzburg steckt da drin?
Seiwald: Dass schon einige aus Salzburg nach Leipzig gewechselt sind, ist ja kein Geheimnis. Ich komme ja zum Beispiel daher, Xaver auch, Marcel Sabitzer war in Salzburg und Stefan Ilsanker ebenso.
Sie Herr Baumgartner sind einen anderen Weg gegangen, Sie kamen von St. Pölten in die Jugend der TSG 1899 Hoffenheim.
Baumgartner: Ich denke auch nicht, dass man nach Leipzig geht, weil man in Salzburg gewesen ist, sondern für jeden Spieler stellt sich die Frage vor einem Wechsel: Passe ich ins Profil? Wird dort der Fußball gespielt, der mir liegt?
Schlager: Ich entscheide als Spieler immer: Wo sind meine Stärken, wo kann ich mich weiterentwickeln. Als reiner Ballbesitzspieler wäre RB Leipzig die falsche Adresse. Und auch der Verein guckt und fragt sich: Wer passt zu mir? Aber nicht, weil er aus Österreich kommt oder aus Salzburg. Obwohl das mit der gemeinsamen Sprache natürlich schon hilft.
Die Frage nach dem Einfluss des Salzburger oder Österreichischen Fußballs auf RB hat im Schlepptau, wieviel RB steckt in Österreichs Nationalmannschaft?
Seiwald: Ralf Rangnick ist unser Trainer und er kommt ja aus dem RB-Kosmos.
Schlager: Sagen wir so: Wie sind keine Spanier, die alles spielerisch lösen. Aber wir sind - überspitzt gesagt - auch keine Schotten, die vieles mit Kopfbällen machen. Wir können schon kicken, so wie RB Leipzig und Salzburg auch, also: Es ist kein Nachteil, für einen der zwei Clubs zu spielen.
RB spaltet in Deutschland die Gemüter? Wie schaut man aus Österreich auf den Club?
Seiwald: In Österreich ist das kein Problem, das ist ein Champions-League-Club, der vielen Talenten eine Chance gibt.
Einer Ihrer Salzburger Vorfahren, Martin Hinteregger, wollte lieber seine Karriere an den Nagel hängen, als nach Leipzig zu wechseln. Er meinte, der deutsche Club blute den österreichischen Bruder aus.
Seiwald: (lacht) Ich kenne niemand, der das so sieht. Es ist klar, dass die Salzburger Talente irgendwann zu anderen Vereinen gehen. Und für mich war RB einfach der nächste Schritt, weil der Verein den Fußball spielt, den ich gut kenne.
Herr Seiwald, Herr Baumgartner, wie fällt nach einer Woche Ihr Fazit über die Integrationsarbeit Ihres Landsmannes Xaver Schlager aus?
Baumgartner: (lacht) Er macht das super! Aber auch wenn es Xaver nicht gäbe, wir sind gerade acht Neue im Team, es suchen eine Menge Spieler Anschluss. Das verteilt die Last, der Neue zu sein. Und die, die schon länger da sind, machen es uns echt leicht.
Sie waren neulich Wildwasser-Raften, gab es österreichische Überlegungen bei der Besetzung der Schlauchboote?
Seiwald: Da konnte ich keines erkennen. Ich war zwar mit Christoph in einem Boot, aber wir waren ein bunter Haufen.
Schlager: Ich war im Alt-Herren-Boot unterwegs.
Wie nehmen Sie aus dieser Bootperspektive den Umbruch im Team wahr, Herr Schlager? Acht neue Spieler, darunter zwei Landsleute, das erlebt man nicht alle Tage, oder?
Schlager: Ach doch, ich kenne das aus Salzburg. Da gab es im Sommer öfter Umbrüche. Ich hatte das auch mal in Wolfsburg.
RB hat mit Christopher Nkunku, Konrad Laimer und Dominik Szoboszlai drei Stamm- bzw. Unterschiedsspieler verloren. Ist das spürbar?
Schlager: Das Niveau ist in der Breite nochmal besser geworden. Da hatten wir vergangene Saison in manchen Phasen etwas Probleme, wenn es mehrere Verletzte gleichzeitig gab. Ich denke, da geht was in der neuen Saison.
Baumgartner: Ich kann das ja schlecht beurteilen. Aber es war vergangene Saison schon brutal schwer gegen RB, viel hab‘ ich nicht geholt (lacht). Jetzt im Training spürt man die Qualität noch mal mehr. Wir sind so viele neue Spieler, und das Niveau ist echt hoch.
Der Leipziger ist stolz auf sein Gemüse-Allerlei, vielleicht auch noch auf die „Lerche“, die er zum Gebäck umfunktioniert hat, nachdem die Vogelart vor ca. 150 Jahren auszusterben drohte. Kann Sie das über den Verlust der Heimat hinwegtrösten?
Baumgartner: (lacht) Wir werden es überleben. Außerdem gibt es ja Koffer und die Post.
Die helfen wie bei der Überwindung von Heimweh?
Seiwald: Man kann darin wunderbar Essen transportieren.
Baumgartner (lacht): Das gilt auch für Kaffee, Brot, Semmeln bzw. Brötchen, wie ihr sagt.
Schlager: Man muss es nur mal aufzählen: Mohnflesserl, Salzstangerl, Kornspitz, Vinchgauer Paarl, Laugenstangerl. Man wird gar nicht fertig. Dafür gibt’s halt Autos und Eltern oder Freunde.
Wie muss man Sie sich vorstellen, wenn die Sendungen ankommen: in Tracht und Seeligkeit?
Baumgartner: (lacht) Wir Österreicher sind sehr heimatverbunden, das auf jeden Fall…
Seiwald: Aber die Lederhose ist eher was für ein Bierzelt…
Schlager: Oder den 1. Mai.
Wir danken Ihnen für das Gespräch.