RB LeipzigRangnick schlägt Alarm: „Wir haben keine Zeit mehr zu verplempern!“
Drei Wochen vor Beginn der neuen Saison schlägt Ralf Rangnick Alarm. Aufgrund zahlreicher verletzter und unfitter Stammspieler forderte der Trainer von RB Leipzig zum Abschluss des Trainingslagers: „Wir haben keine Zeit mehr zu verplempern, wir müssen am Kader was ändern!“
Aus Seefeld berichtet Martin Henkel
Dabei geht es dem 60-Jährigen in erster Linie um die Spieler, die er momentan zu Verfügung hat. Das seien „15“. Um aber in der Liga, im Pokal und der Europa League bestehen zu können, sagte er nach dem ernüchternden 0:3 gegen Huddersfield Town im einzigen Trainingslager-Test am Freitag, „brauchst du 18 vorbereitete“, sprich gesunde und fitte Feldspieler. „Die haben wir gerade aber nicht. Deshalb müssen wir an der Kaderzusammenstellung etwas ändern.“
Voraussetzung: körperliche Fitness
Was Rangnick an der Verfassung seines Kaders am meisten stört, sind die zahlreichen verletzten und unfitten Startelfspieler wie Konrad Laimer, Dayot Upamecano, Nordi Mukiele, Timo Werner, Yussuf Poulsen sowie Emil Forsberg. Die ersten drei sind angeschlagen, die anderen drei haben aufgrund ihrer Teilnahme an der WM Trainingsrückstand.
Rangnick zog deshalb nach dem Spiel im Tiroler Schwaz das Fazit: „Wir haben einiges an Arbeit vor uns, vor allem im körperlichen Bereich. Es gibt einen großen Unterscheid zwischen den Spätkommern und denen, die von Anfang an dabei waren.“ Was den Cheftrainer wurmt: Manche Spieler haben im Sommer ihre Trainingspläne nicht umgesetzt. Ergo: Waren sie nicht gerüstet für das harte Training nach sieben Wochen Pause. „Unser Training setzt aber körperliche Fitness voraus“, so Rangnick.
Namentlich nannte er die drei Franzosen Mukiele, Upamecano und Jean-Kévin Augustin, „die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben.“ Zwei von denen sind nun verletzt. „Das ist sicher kein Zufall“, so der Trainer. Lediglich Stürmer Augustin ist bislang verletzungsfrei geblieben. „Der hat aber eine andere Grundfitness und –physis.“
„Wir haben keine Zeit mehr zu verplempern!“
So kann Rangnick aber nicht arbeiten, wie er gern arbeiten möchte. Folglich müsse er „im Moment“ sagen: „Wenn das so bleibt, ist es schwierig, während der Saison auf drei Hochzeiten zu tanzen.“ Er meinte damit die kommenden zwei Europa-League-Qualifikationsspiel gegen Craiova, die Pokal-Partie gegen Victoria Köln, den Ligaauftakt bei Borussia Dortmund und alles, was an möglicher Dreifachbelastung danach kommt, sollte RB die nächste DFB-Pokalrunde und die Gruppenphase des Europapokals erreichen. „Da muss noch ein bisschen was passieren. Wir müssen die Spieler, die Rückstand haben oder noch verletzt sind, in eine andere Verfassung bringen. Wir haben keine Zeit mehr zu verplempern!“
Machbar? Rangnick sagte: „Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen können, aber dafür müssen wir intensiv die Belastung steuern.“ Ist ein Ausscheiden aus der Europa League eine Option?. „Nein, wir wollen weiterkommen!“ Können neue Spieler das Problem lösen? Vielleicht. „Unser Schwerpunkt liegt aber darauf, die Nationalspieler fit zu bekommen und die Verletzten gesund zu kriegen. Und wenn die gesund sind, müssen wir die dann auch noch fit bekommen.“
Trotzdem will RB mindestens zwei Neue noch verpflichten. Vor allem für die Positionen im zentralen defensiven Mittelfeld (Sechser) und auf der offensiven, rechten Mittelfeldseite (Achter). „Wir sind am Schauen“, sagte Rangnick, schränkte beim Thema Zugänge aber ein: „Es geht nicht darum, einfach einen weiteren Spieler zu kaufen. Sondern der muss uns sofort weiterhelfen können. Da schließt sich der Kreis zu unserer Spielweise, zur Sprache und zur Integration. Deutsch oder Englisch müssen die schon sprechen.“
Rudy und Lookman zu RB?
Namentlich nannte Rangnick Ademola Lookman vom FC Everton, den RB die vergangene Rückrunde ausgeliehen hatte. Es ist kein Geheimnis mehr, dass die Sachsen den englischen Nachwuchs-Nationalspieler gern fest verpflichten würden. „Es ist bekannt, dass wir ihn haben wollen und er will auch kommen.“ Everton aber pokert hart um eine hohe Ablöse oder den Verbleib des jungen Offensivspielers. Der Transfer könnte sich weiter hinziehen.
Ein weiterer Kandidat wäre Sebastian Rudy vom FC Bayern München. Der spricht Deutsch, spielt auf der Sechs und könnte sofort helfen. Rangnick hatte einen Transfer des Nationalspielers aufgrund der wahrscheinlich hohen Ablösesumme aber ausgeschlossen, doch das Dementi war nicht aus Beton.
Ralf Rangnick bremst Erwartungen an die Jugend-Spieler
Bliebe noch die Option, einen der Jugendspieler in den Männer-Kader hinaufzuziehen. Das aber schloss Rangnick aus. Die „Jungs“ dürfe man nicht mit Erwartungen überfrachten. Einige, die zu sechst gegen Huddersfield auf dem Platz standen, hätten vorige Saison noch U-17 gespielt und erst zwei, drei Mal im Männerbereich agiert. Einzig Niclas Stierlin, der gegen Häcken auf der Sechs spielte und nicht schlecht dabei aussah, wäre vielleicht eine Option. „Er kann auf diesem Niveau zumindest schon mal körperlich mithalten“, sagte Rangnick.
Wirkliche Lösungen aber sind das alles nicht. Nicht sofort jedenfalls. Das kann Rangnick nur schwer verknusen. Wie sehr der Trainer vor der Rückreise des Kaders am Samstag an der aktuellen Situation leidet, zeigte sich an seiner Antwort auf die Frage, ob er etwas Positives aus der Huddersfield-Pleite ziehen könne. „Ja“, antwortete der sichtlich angefressene Trainer: „Das Wetter. Abgesehen davon, dass es zu warm war.“