RB-Legende im Interview Dominik Kaiser verkündet Karriereende und plant Zukunft bei RB
Dominik Kaiser kommt zu Fuß zum Interview bei einem Italiener im Leipziger Musikerviertel. Seit ein paar Wochen wohnt der langjährige Kapitän von RB Leipzig, der ikonisch für die Aufstiege von der Regionalliga bis in die Champions League steht, wieder in der Messestadt. Praktischerweise wurde gerade die Wohnung seines Ex-Kollegen Emil Forsberg frei, wo er nun eingezogen ist. Ein Gespräch über die schwere Entscheidung, mit dem Fußball aufzuhören, eine große Karriere und neue Pläne.
Dominik, Sie haben nach dem Vertragsende bei Hannover 96 ein halbes Jahr gezögert, Ihre Karriere endgültig zu beenden. Wie haben Sie sich zum Ende des Jahres entschieden?
Dominik Kaiser: Noch bis Anfang des Herbstes habe ich mich wirklich fit und bereit gehalten, für den Fall, dass wirklich ein cooler, attraktiver Klub angefragt hätte. Aber danach habe ich das fußballspezifische Training deutlich zurückgeschraubt. Ich habe das Kapitel aktive Karriere jetzt in meinem Kopf abgeschlossen. Ich gehe davon aus, dass ich auch im neuen Jahr nicht mehr einsteige und freue mich darauf, jetzt mehr Wert auf andere Themen legen zu können.
Wie haben Sie sich ohne Klub fitgehalten?
Ich habe bei keinem Verein mittrainiert, sondern habe in Hannover regelmäßig mit einem Athletiktrainer trainiert. Meistens individuell, aber auch immer mal wieder in einer kleinen Gruppe mit anderen Spielern ohne Vertrag. Ich habe versucht, mich an einen Fitnessplan zu halten – sonst geht das mit zwei kleinen Kindern zu Hause nicht. Dazu spiele ich viel Tennis, das macht mir wieder wie früher extrem viel Spaß. So habe ich mich in Form gehalten und auch aus medizinischer Sicht sinnvoll abtrainiert.
Tennis statt Fußball: „Muss nicht mehr auf Teufel komm raus irgendwo spielen”
Haben Sie schon einen Tennispartner in Leipzig?
Noch nicht, das steht ganz oben auf der Liste. Entweder finde ich in einem Verein Anschluss oder ich suche mir privat einen Tennispartner. Ich kann mir durchaus vorstellen, im Tennis wieder in den Ligabetrieb einzusteigen. Vor dem Fußball habe ich fast professionell Tennis trainiert und bin da auf einem vernünftigen Niveau.
Sie haben keine schlechte, letzte Saison mit Hannover gespielt. Sind Sie enttäuscht, dass Sie mit Ihrer Vita und Fitness keinen Verein mehr gefunden haben?
Enttäuscht nicht. Ich weiß natürlich, dass die Vereine in meinem Alter nicht mehr scharenweise hinter mir her sind und es aktuell eine schwierige Zeit ist – gerade für ältere Spieler. Dazu war mein Anspruch auch recht hoch. Ich habe mir zum einen sportlich eine Linie gesetzt, was ich mir vorstellen kann und was nicht, und zum anderen haben wir als Familie beschlossen, was machbar ist. Dadurch hat sich von vornherein schon viel zerschlagen.
Mit wem waren Sie im Gespräch?
Ich hätte mir vorstellen können, noch ein Jahr bei Hannover dranzuhängen. Aber das hat nicht geklappt. Sonst habe ich mich eher im nahen Ausland umgeschaut, was möglich ist, weil der deutsche Markt schwierig ist. Aber das wurde nicht konkret. Ich muss auch nicht mehr auf Teufel komm raus irgendwo spielen.
Prägende Zeit bei RB: „Nach meinem Abschiedsspiel konnte es nicht mehr besser werden”
Die 3. Liga war keine Option für Sie?
Das hat absolut nichts damit zu tun, dass ich mich für zu gut für die 3. Liga halte. Aber ich habe für mich entschieden, dass es mir in meiner Karrierephase zu wenig Anreiz gewesen wäre, noch einmal 20 Drittligaspiele mehr auf der Uhr zu haben. Ich muss zu 100 Prozent überzeugt sein, und wenn ich schon merke, dass ich selbst sportlich nicht voll hinter einem solchen Transfer stehe, wollte ich meiner Familie die Belastung nicht mehr zumuten.
Sie standen und stehen ikonisch für den RB-Aufstieg. Stand Ihnen das nach Ihrer Leipziger Zeit manchmal im Weg?
Im Ausland war das kein Thema, bei Hannover habe ich das schon gemerkt. Das war gerade im Umgang mit den Fans nicht ganz leicht, aber auch in dieser Zeit bei einem großen Klub, der in der Stadt allgegenwärtig ist, habe ich viel mitgenommen. Aber natürlich war die Zeit bei RB prägend. Nach meinen Abschiedsspiel hier konnte es eigentlich nicht mehr besser werden. Dennoch war die Zeit in Kopenhagen überragend. Wir haben zwar die Meisterschaft verpasst, aber wir hatten eine super Zeit dort – sportlich wie privat. Beide Wechsel bereue ich nicht.
Wie schwer ist Ihnen nach 15 Jahren der Abschied von der Profikarriere gefallen?
Ich komme damit gut klar, sitze nicht jeden Morgen auf der Bettkante und denke: Shit, ich verpasse gerade was. Ich bin sehr zufrieden, wie meine Karriere verlaufen ist, dass ich ohne große Verletzungen durchgekommen bin, von der Verbandsliga bis zur Champions League alles erlebt und bei Topklubs gespielt habe. Gerade steht die Familie im Vordergrund. Es ist schön, das mal richtig mitzuerleben. Ich weiß, dass demnächst irgendwann ein neuer Abschnitt beginnt.
„Etwas finden, dass mich wieder so ausfüllt wie Fußball”
Was wird Ihnen fehlen?
Fußball gibt Dir extrem viel Energie und Emotionen zurück. Es wird wichtig sein, etwas zu finden, das mich wieder so ausfüllt.
Was mussten Sie neu lernen, worauf freuen Sie sich?
Aufs Skifahren. Wir sind eine Wintersportfamilie und ich freue mich darauf, jetzt mal unbeschwert drauf los zu fahren. Das macht man während der aktiven Karriere nicht. Wir haben Freunde in Ecken Deutschlands besucht, in die wir sonst nicht kamen, haben Urlaub gemacht. Aber es war etwas ganz Neues, wenn man als Leistungssportler nicht mehr die gewohnte Struktur im Tag hat. Das tut mal gut, aber ich habe auch gemerkt, dass das nicht zu lang so sein sollte. Ich bin einfach ein Typ, der konkrete Ziele verfolgt – das hat mich auch als Spieler ausgezeichnet.
Wie weit sind die Gespräche über Ihre Zukunft mit RB? Haben Sie sich schon mit Max Eberl getroffen?
Noch nicht, wir sind ja beide noch nicht lange in der Stadt. Aber ich habe mir umfassend Gedanken gemacht und natürlich könnte ich mir gut vorstellen, in neuer Funktion zu RB zurückzukommen.
Kaisers Zukunft: Job im Management bei RB vorstellbar
In welchem Bereich?
Ich kann mir vorstellen, auf Managementseite Teil eines Klubs zu werden, bin da aber selbst noch in der Findungsphase. Ich bin selbst gespannt, wohin die Reise geht – ähnlich wie als Spieler.
Zum Beispiel der Job von Per Nilsson, der als Ex-Profi und Leiter des Career Centers Schnittstelle für die Nachwuchsspieler beim Übergang in den Profibereich war, ist vakant.
Wir werden sehen, bei RB ist gerade was die Strukturen angeht viel im Fluss. Aber natürlich könnte ich mir auch vorstellen, meine Erfahrung an junge Spieler weiterzugeben und Talente voranzubringen.