Henrichs früh eingewechselt Sieben-Tore-Zauber: DFB-Elf holt Gruppensieg
Spielfreude ohne Ende, Zaubertore satt: Die deutsche Elf begeistert gegen Bosnien und Herzegowina.
Freiburg/sid/ukr – Julian Nagelsmann zeigte grinsend die Siegerfaust Richtung Tribüne, die verzückten Fans ließen völlig losgelöst La Ola kreisen: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist auf ihrer riesigen Euphoriewelle auch erstmals zum Gruppensieg in der Nations League gesurft – und wie! Beim fulminanten 7:0 (3:0) gegen Bosnien und Herzegowina in Freiburg zeigte die Auswahl von Bundestrainer Nagelsmann im letzten Heimspiel des Jahres phasenweise ganz hohe Fußballkunst. Nach dem zehnten Sieg im 14. Länderspiel 2024, dem höchsten unter Nagelsmann, gab es auf der Ehrenrunde stehende Ovationen für den viermaligen Weltmeister.
„Es hat Spaß gemacht”, sagte Jamal Musiala: „Was wir machen wollten, haben wir richtig gemacht. Wir konnten frei spielen, haben aber defensiv trotzdem hart gearbeitet.” Das neue „Kopfballungeheuer” riss die Fans mit seinem Führungstor nach einer Minute und 18 Sekunden erstmals aus den Sitzen. „Auf den Kopfball bin ich stolz, ich bin glücklich mit dem Tor”, sagte er.
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„Traumfußball” der DFB-Elf
Mittelstürmer Tim Kleindienst (23.) und Kai Havertz (37.) trafen ebenfalls vor dem Seitenwechsel. Mit Florian Wirtz war auch die vierte Offensivkraft aus der Startelf erfolgreich, sogar doppelt: per Flatter-Freistoß (50.) und mit einem kühlen Abstauber (57.). Joker Leroy Sane (66.) und erneut Kleindienst (79.) besorgten den Endstand. „Das ist Traumfußball”, schwärmte RTL-Experte Lothar Matthäus verzückt. Kleinere Sorgen machte nur Joshua Kimmich: Der Kapitän griff sich nach einem Foul mit schmerzverzerrtem Gesicht an den linken Knöchel und musste ausgewechselt werden (74.).
Am 22. November wird der DFB-Auswahl in Nyon ein Gruppenzweiter als Gegner für das Viertelfinale der Nationenliga im März zugelost, das erklärte Ziel von Bundestrainer Nagelsmann ist die Endrunde im Juni. Zum Jahresabschluss geht es am Dienstag in Budapest gegen Ungarn.
Musiala wie Kalle Riedle
Das Spiel begann mit einem Knalleffekt: Die Flanke von Kimmich segelte über Mittelstürmer Kleindienst hinweg, doch Musiala war mit seiner neuen Box-Qualität zur Stelle und köpfte ein. „Wie Karl-Heinz Riedle vor 20, 30 Jahren oder Miroslav Klose”, schwärmte Matthäus, „er ist mittlerweile ein kompletter Stürmer”.
Kimmich und Co. setzten die bosnische Fünferkette mit frühem Pressing massiv unter Druck und eroberten dadurch viele Bälle. Der Rechtsverteidiger und sein Gegenüber Maximilian Mittelstädt standen auf den Außenpositionen sehr hoch, was zu Überzahlsituationen führte. Vor ihnen sollten Musiala und die anderen Offensiven „nicht nur zocken”, wie Nagelsmann gefordert hatte, sondern in ständiger Rotation „viel switchen” und das Spiel „clever verlagern”. Das funktionierte prächtig.
Acht Ausfälle spielen keine Rolle
Das variable Spiel begann schon beim Dreier-Aufbau in der Defensive, in den sich wechselweise einer der Sechser Robert Andrich und Pascal Groß fallen ließ. Das alles wirkte sehr eingespielt – dass Nagelsmann wegen Verletzungen und Sperren acht wichtige Kräfte fehlten, fiel nicht ins Gewicht.
Der rechtzeitig von seinem Infekt genesene Wirtz war mit einem feinen Dribbling der Dosenöffner zum 2:0, Kleindienst lenkte einen Schuss von Andrich mit der rechten Fußspitze zu seinem ersten Tor beim dritten Einsatz ins Netz. Kurz darauf sprangen viele der 28.143 Fans im Europa-Park-Stadion, das binnen 45 Minuten ausverkauft gewesen war, schon wieder auf: Doch Torwart Nikola Vasilj, beim FC St. Pauli unter Vertrag, parierte den Kopfball von Havertz (25.) glänzend.
Henrichs als Erster eingewechselt
Doch die Zuschauer mussten sich bis zum nächsten „Major Tom”-Einspieler nicht lange gedulden: Havertz erhöhte nach Doppelpass mit Wirtz. „Es geht nach vorne, mit Geschwindigkeit! Diese Pässe, diese Läufe...”, jubelte Matthäus. Kurz vor dem Halbzeitpfiff war dann auch Torwart Oliver Baumann parat und hielt gegen den Kieler Armin Gigovic die Null.
Wirtz sorgte mit dem ersten direkt verwandelten Freistoß in seiner Profikarriere gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit für die Vorentscheidung. „Oh, wie ist das schön!”, sangen die Fans. Nach dem fünften Tor schonte Nagelsmann einige hoch belastete Stars und wechselte durch, der überschäumenden Spielfreude tat das keinerlei Abbruch. Auch RB Leipzigs Rechtsverteidiger Benjamin Henrichs wurde früh eingewechselt (58.) und lieferte eine ordentliche Partie ab. Gleich zu Beginn segelte seine Flanke ganz knapp am Tor vorbei (60.). Im Vergleich zu dem für ihn ausgewechselten Maximilian Mittelstädt war Henrichs nicht ganz so offensiv unterwegs.