Sport als Projektionsfläche für Hass Nach Eberl-Häme: Schmadtke fordert Strafen gegen Klubs, Wissenschaftler sieht keinen Trend
Der ehemalige Bundesliga-Manager Jörg Schmadtke hat die jüngsten Verbalattacken von Fußball-Fans gegen Max Eberl scharf verurteilt und den Deutschen Fußball-Bund zum Handeln aufgefordert. "Was da in den Fankurven der sogenannten Traditionsklubs abgeht, ist unappetitlich und gehört sich nicht. Dass Menschen im Fußball unter der Gürtellinie beleidigt werden und straffrei davonkommen, ist für mich ein Skandal", sagte Schmadtke der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung.
Schmadtke: Opfer sind "völlig egal"
"In den Kurven denken einige offenbar, sie könnten machen, was sie wollen. Was sie damit allerdings anrichten können, ist ihnen dabei völlig egal", kritisierte Schmadtke nun. Überdies forderte der 58-Jährige, der kürzlich beim VfL Wolfsburg als Geschäftsführer ausgeschieden war, ein Eingreifen des DFB. "Ich frage mich, warum der DFB gegen diese Schmutzkampagnen nicht vorgeht", sagte Schmadtke.
DFB soll ermitteln und Klubs bestrafen?
Es könne nicht sein, dass Menschen aus dem Fußball aufs Übelste beleidigt würden und der Verband nicht eingreife. "Im Falle von Max Eberl erwarte ich, dass der Kontrollausschuss des Verbandes gegen die Vereine, deren Fans sich so etwas erlauben, Ermittlungen aufnimmt und Strafen ausspricht. Solche Entgleisungen dürfen nicht geduldet werden und müssen mit aller Schärfe sanktioniert und bestraft werden", betonte Schmadtke.
Wissenschaftler: Hass im Stadion ist nicht neu
Aus Sicht des Wissenschaftlers Daniel Nölleke ist Hass im Profisport kein neues Phänomen. Das habe es schon immer gegeben, sagte Nölleke vom Institut für Kommunikations- und Medienforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln. Seit der Rückkehr aus der Winterpause hatte es mehrere Fälle von Häme, Hass und Hetze im Profifußball gegeben.
Zuletzt sorgten in der Fußball-Bundesliga Schmähplakate gegen RB Leipzigs Sportdirektor Max Eberl von Anhängern des 1. FC Union Berlin für Aufsehen. Eberl war im Januar 2022 bei Borussia Mönchengladbach aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten. Im Anschluss hatte er offen über seine Krankheit gesprochen, zum 1. Dezember war er nach Leipzig gewechselt.
Beleidigungen und Drohungen, auch "Hate Speech" genannt, seien gang und gäbe – und zwar unabhängig von den digitalen Entwicklungen, sagte Nölleke. "Das Stadion war schon immer ein Ort, an dem Sportler, Trainer, Funktionäre verbal, aber auch visuell angegriffen und verunglimpft wurden."
Im Internet: Sport als Projektionsfläche für Hass
Jedoch sei das Netz ein gern genutzter Ort, um jemanden zu beleidigen. So hätten deutlich mehr Menschen im Internet die Möglichkeit, Profisportler zu beschimpfen, als im Stadion, wie Nölleke sagte. Im Netz tummelten sich auch Menschen, die sich weniger für den Sport interessierten, sondern den Sport "als Projektionsfläche für ihre oftmals menschenverachtenden Meinungen nutzen".