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  5. Tränen und Formel 1: RB-Ikone Emil Forsberg blickt auf 2022 zurück

Emil Forsberg im interview In einer Zehntelsekunde: "Mensch, Emil, hast du dir das gut überlegt?!"

Von Martin Henkel Aktualisiert: 24.12.2022, 11:40

Lang waren die Wochen in diesem Dezember für die Profifußballer von RB Leipzig, die nicht an der WM in Katar teilnahmen. Darunter ist auch Emil Forsberg gewesen, der die Zeit genutzt hat, um in die Sonne zu fliegen und sich auf den Weg in die Heimat zu machen, zu einem Weihnachtsurlaub, der länger dauert als viele in den Jahren zuvor.

Forsberg: "Alles kam nach oben"

RBlive-Reporter Martin Henkel hat mit dem 30-jährigen Schweden darüber gesprochen: über Eisangeln, die Dinge, die zum Fest nicht fehlen dürfen, wie er sich - noch fernab - sein Karrierende vorstellt, und an was er sich erinnert, wenn er auf das Fußballjahr 2022 zurückblickt.

Dieses Gespräch haben wir aufgeteilt. Heute: Teil 2

Jahresende heißt immer auch: Rückblick. Was sehen Sie, wenn Sie auf das Spieljahr 2022 schauen?
Es war ein Auf und Ab, wie eine Achterbahnfahrt. Aber schaut man sich das ganze Spieljahr an, dann sehe ich eine überragende Qualität der Mannschaft. Wir haben eine tolle Stimmung, gute Jungs überall, und können alle richtig gut kicken. Die zwei recht schnellen Trainerwechsel waren wichtige Erfahrungen. Es hat ja nicht nur an den Trainern gelegen, sondern auch an uns Spielern. Daraus haben wir viel über uns gelernt. Und wir haben mit Marco Rose einen Trainer bekommen, der sofort wusste, was er machen musste, um uns wieder hinzubekommen. Er hat uns gleich mitgerissen.

Welche war die wichtigste der vielen Erfahrungen?
Ein Team zu sein, zusammen Spaß zu haben. Marco hat uns diese Impulse wiedergegeben, dass es nicht nur um Fußball geht, sondern auch um Miteinander, Menschlichkeit, Teamgeist. Das zeichnet uns gerade aus. Das müssen wir ins neue Jahr mitnehmen. Ohne Zusammenhalt kann uns jeder schlagen. Mit wird es schwierig.

Sie haben den Pokalsieg gar nicht erwähnt.
Das stimmt. Aber der war natürlich das Highlight.

Gegen Freiburg - ein riesen Drama

Wie war das nach dem letzten verwandelten Elfmeter, den sie bereits ausgewechselt an der Seitenlinie mitverfolgen mussten?
Das war Wahnsinn. Dieses Gefühl, wenn du dastehst, du siehst den Ball reingehen, weißt, dass es vorbei ist und du Pokalsieger bist, das kann man wirklich nicht beschreiben. Ich habe ein bisschen geweint, die pure Freude, reines Glück. Nach sieben Jahren im Verein kamen alle Gefühle in einer Sekunde nach oben, auch die Erinnerungen an die Zeit, als ich gerade zu RB gewechselt war und die Menschen zu mir meinten: Mensch, Emil, hast du dir das gut überlegt?

Das Finale war ein Drama: 0:1 zurückgelegen, dann die Rote Karte für Marcel Halstenberg, Pfosten- und Lattenschüsse und am Ende das Elfmeterschießen. Mussten Sie genauso gewinnen, um die zwei davor verlorenen Endspiele aufzuwiegen?
Ich glaube, das war genauso geplant. Ein riesen Drama, wir gewinnen mit einem Mann weniger am Elfmeterpunkt mit Leidenschaft, Mentalität, Teamgeist. Es war alles dabei, was du brauchst, um solche Dinge zu gewinnen.

Wem haben Sie sich in dem Moment besonders nah gefühlt?
Allen, aber natürlich ist es mit den Jungs, die mit mir schon seit der 2. Liga dabei sind, noch mal spezieller. Das gilt auch für die Fans, die Mitarbeiter im Klub. Wir sind einen so langen Weg zusammen gegangen, das war der Lohn dafür.

Wenn Sie einen Jahresrückblick gestalten müssen, was käme noch hinzu?
Die Fahrt mit David Coulthard in einem Red Bull-Formel-1-Wagen. Das war richtig geil, muss ich sagen. Das werde ich für immer erinnern. So viele sind zu mir gekommen und haben gefragt: „Wir war es, wie war es? Du hast mit David Coulthard gesprochen.“ Ich so: „Ja, ja, war gut.“ Und die: „Mensch, Emil, weißt du, wer das ist?“ Ich war überfordert. Ich wusste nicht, dass es in meinem Freundeskreis so viele Formel-1-Fans gibt. Deshalb hatte ich im Vorfeld auch nichts zu denen gesagt. Dann kam das Video raus und plötzlich lief das Handy heiß.

Power im Nacken

Wie ist das, in einem Formel-1-Auto zu sitzen?
Das war fast so schnell wie ich (lacht). Nee, die Beschleunigung: Wahnsinn. Die Lautstärke: phänomenal. Ich musste meinen Nacken die ganze Zeit festmachen, weil da so eine Power drinsteckt.

Sie sind das Gesicht des Vereins geworden, seine Gallionsfigur. Und sie wirken in Frieden mit dieser Rolle und Ihrer Karriere bei RB, obwohl es Momente gab, in denen Sie gern auch gewechselt werden. Täuscht der Eindruck?
Ich bin tatsächlich im Frieden. Ich weiß genau, was zu tun ist. Das ist eine Rolle, mit der ich mich wohlfühle. Ich komme jeden Tag wirklich gern aufs Trainingsgelände, um die anderen zu sehen, Spaß zu haben. Ich bin mittlerweile tiefenentspannt, muss ich sagen (lacht).

Sie kennen alle und alles, wahrscheinlich auch jeden Pflasterstein zwischen Kabinentrakt und Trainingsplatz. Haben Sie nie Überdruss empfunden?
Nein, ich liebe es, an den Cottaweg zu kommen. Ich kenne jeden, jeder kennt mich. Ich bemühe mich, ein guter Mensch, freundlich und respektvoll zu sein. Ich eben: Emil, mit dem man Spaß haben kann. Weil wir im Verein eine große Familie sind. Und Familie ist mir sehr wichtig.

Unabhängig davon, wie lange Sie noch aktiv für RB spielen, das Ende der Ära der Zweitligaspieler, die es in die Champions League geschafft haben, ist absehbar. Wie sehen Sie dem entgegen?
Warten wir mal ab. Wir Jungs, die schon lange hier sind, versuchen ja jetzt schon, diese Mentalität  an andere Spieler weiterzugeben und nach außen zu verkörpern. Eine Identität mit RB, eine Verbundenheit mit dem Verein. Vielleicht stecken wir andere Spieler damit an, die unser Erbe fortsetzen. Ich mache mir nur Sorgen, wer die ganz wichtigen Tore macht, wenn ich aufhöre. Nicht die wichtigen, das können viele. Sondern die besonderen. Mal schauen, was wir da machen (lacht).

"Bin noch nicht fertig mit Fußball"

Es böte sich auch eine Traineraufgabe an: Coach für die speziellen Treffer.
Das ist keine schlechte Idee.

Können Sie sich vorstellen, auch als Cheftrainer zu arbeiten? Oder sind Sie eher der Typ TV-Experte?
Für Expertisen eigne ich mich nicht so gut. Ich sehe mich auch nicht als Cheftrainer. Eher noch als Assistent oder Jugendcoach. Ich liebe es, Entwicklungen zu sehen. Das hat mir an Timo (Werner, Anm. Red.), Ibou (Konaté, Anm. Red.), Naby (Keita, Anm. Red.) oder Christo (Nkunku, Anm. Red.) und Dani (Olmo, Anm. Red.) immer gefallen. Mit jungen Spielern zu arbeiten, das könnte mein Ding sein.

Auch bei RB?
Klar, warum nicht. Meine Frau und ich sind seit acht Jahren hier, unsere Tochter wurde in Leipzig geboren. Das ist unser zweites Zuhause. Aber noch bin ich nicht fertig mit Fußball. Mal sehen, was noch passiert.