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Kevin Kampl im interview „Fühle mich auf dem Höhepunkt”

Vor dem Spiel gegen Union Berlin spricht der bald 34 Jahre alte Routinier von RB Leipzig über den Start einer Serie, die Magie von Flows und darüber, was das Karriere-Alter mit ihm angestellt hat.

Von Martin Henkel Aktualisiert: 14.09.2024, 15:27
Kevin Kampl während des Sommertrainingslagers mit RB Leipzig.
Kevin Kampl während des Sommertrainingslagers mit RB Leipzig. (Foto: imago/motivio)

Leipzig – Im Gesprächsraum von RB Leipzig hängt eine Fototapete mit Blick in die vollbesetzte Arena. Fans des FC Schalke 04 sind darauf abgebildet. Kevin Kampl betrachtet die Aufnahme und meint, die müssen vom letzten Saisonspiel des königsblauen Klubs Mai vergangenen Sommer sein. Als Schalke abstieg.

Die Partie endete 3:2 für RB. Auch das Ergebnis hat der 33 Jahre alte RB-Routinier parat, der seit 2017 im Verein ist, der in seine achte Saison mit RB geht. Er hat sich ein Leben um den Verein herum aufgebaut, das Aufmerksamkeit, Bewusstsein und ein historisches Interesse am Club beinhaltet.

Herr Kampl, Sie spielen am Samstag ihre neunte Partie gegen Union Berlin mit RB Leipzig. Hebt Sie das Duell noch an?
Kevin Kampl: Jedes Spiel hebt mich an. Egal, wie oft ich auf ein Team treffe. Aber klar, es gibt ein paar Spiele, in denen mehr Emotionen drin sind als in anderen.

Union-Spiele gehören dazu?
Spiele wie gegen Bayer Leverkusen gehören für mich dazu. Ich war dort 16 Jahre im Verein, ich kenne jeden Menschen dort, meine Familie wohnt 15 Minuten weg, das Haus meiner Frau und mir steht 15 Minuten weg. Diesen Bezug habe ich nach Köpenick nicht.

Was verbinden Sie mit Spielen gegen Union?
Viele waren umkämpft. Union hat immer Wille, immer Herz, gerade in Spielen gegen Teams von oben. Das wird kein Selbstläufer, weil wir zu Hause spielen, weil das Stadion voll wird, weil wir gut in die Saison gestartet sind. Aber: Wenn wir unsere Sache gut machen, können wir gewinnen. So selbstbewusst dürfen wir sein.

Bei einem Sieg hätte RB 14 Partien in Serie nicht verloren, saisonübergreifend, und alle vier zum Start in diese Saison gewonnen. Ein Lauf?
Noch nicht.

Was fehlt?
Noch mehr Siege am Stück. Drei oder vier reichen auf jeden Fall nicht. Aber ich muss sagen, wir sind gerade sehr gefestigt, sehr klar bei dem, was wir wollen. Viele Mannschaften wollen oben dabei sein und was reißen, die haben auch alle ein ähnliches Niveau. Den Unterschied macht dann die mentale Verfassung des Teams, was im Kopf passiert, wie hart gearbeitet wird bis zum letzten Spiel der Saison. Und da spüre ich bei uns gerade ein anderes Level als vergangene Saison.

Was konkret?
Es ist schwierig zu beschreiben, warum ich dieses Gefühl habe, aber ich habe es. Wir sind eine gute Mischung aus richtig guten, jungen Spielern, die brutale Qualität haben, und aus Spielern wie mir, die zudem schon sehr lange da sind, die für den Verein leben, die das in die Kabine und aufs Feld tragen. Wir haben außerdem nicht viele Spieler abgegeben bis auf Dani (Olmo, Anm. Red.) und Mo (Simakan, Anm. Red.).

Was macht einen Flow aus?
Du wachst früh auf und sagst dir: Fühlt sich richtig gut an! Und du gehst in ein Spiel und lebst in der absolut festen Überzeugung, dass du es nicht verlieren wirst.

Wie hält man sich im Flow?
In dem man nicht verliert oder zumindest keine Spiele abliefert, aus denen man rausgeht und sich eingestehen muss, dass es zu wenig war. Ich muss vorm Spiegel stehen und sagen können: Okay, passiert, aber wir haben an unserem Limit gespielt. Es kann immer was passieren, frühes Tor, Matchplan kaputt, Schlüsselspieler verletzt, Rote Karte, höhere Gewalt eben. Wenn man trotzdem am Toplevel war, dann bleibt man im Flow. Heißt aber: Extrem hart zu arbeiten, immer weiter, immer hungrig bleiben, jede Woche komplett aufs Gas zu gehen.

RB hat jede Saison seine Serie hingelegt, ist an einem bestimmten Punkt aber immer auch eingebrochen. Was macht Sie glauben, dass das diese Saison anders wird?
Ich beobachte ja auch gern, und vergangene Saison waren wir nicht immer am Maximum. Wir hätten noch besser sein können. Gerade fühlt sich das anders an. Es ist im Sommer was entstanden, auch wenn wir nicht viel Vorbereitung zusammen hatten. Ich merke, alle wollen was Besonderes zeigen, sind extrem klar und fokussiert. Die Jungs haben Bock.

Nach der Partie gegen Union beginnt die Champions League, für RB mit der Reise zu Atletico Madrid. Es ist das erste Spiel von Minimum acht gegen acht verschieden Gegner. Wie finden Sie das neue Format?
Es ist anders, neu. Wir haben uns die Auslosung zusammen angeschaut – und da stehen am Ende acht unterschiedliche Gegner. Wenn man dann sieht, gegen wen es geht – Inter Mailand, Liverpool, Sporting Lissabon, Celtic, Graz, Juventus, Atletico, Aston Villa -, dann ist das großartig.

Auf welche Partien freut sich der Fan in Ihnen am meisten?
Auf Inter! Ich war noch nie im San-Siro-Stadion, und es spielt dort mein alter Bayer-Kumpel Hakan Calhanoglu, auf den ich mich sehr freue. Liverpool natürlich, auch wenn ich gern an der Anfield Road (Stadion, Anm. Red.) gespielt hätte. Bei Atletico war ich auch noch nicht im neuen Stadion.

Gegen Atletico treffen Sie auf Ihren ehemaligen Kollegen Alexander Sörloth, der bei RB nicht funktioniert hat. Hatten Sie einen Draht zueinander?
Ja. Alex war zwar eher still, aber sehr nett, sehr herzlich. Wir haben uns gut verstanden. Er hat sich das sicher damals anders bei uns vorgestellt, aber man hat immer wieder gesehen, was für eine Qualität er hat. Mich freut’s, dass er den Sprung zu Atletico geschafft hat.

Sie werden Anfang Oktober 34. Vergangene Saison waren Sie weitgehend Reservespieler, jetzt stehen Sie wieder in der ersten Reihe. Was bedeutet Ihnen die Rückkehr in die Startformationen Ihres Trainers Marco Rose?
Ich fühle mich bestätigt. Der Trainer hatte mit mir über meine Rolle gesprochen. Ich habe das akzeptiert, weil ich den Trainer und das Team achte, weil ich ein Teamplayer bin. Ich habe ihm aber auch gesagt, dass ich nicht der Typ Mensch bin, der die Füße hochlegt, nur weil er älter ist. Sondern, dass ich spielen will.

Geholfen hat Ihnen die Kreuzbandverletzung von Xaver Schlager.
Ich möchte nicht sagen: geholfen. Wir vier auf der Sechs - Doudou Haidara, Nici Seiwald, Xaver und ich – verstehen uns überragend. Mit Arthur Vermeeren ist ein weiterer guter Junge dazu gekommen. Es gibt keine Missgunst, keinen Neid, kein Groll. Und ja, Xaver hat sich verletzt, aber wenn ich es nicht draufhätte, würde ich auch nicht spielen.

Wie fühlen Sie sich mit fast 34 in einem Team, das so kraftraubenden Fußball spielt, und das in drei Wettbewerben?
Ich kann mein Alter richtig einschätzen und die Saison ist lang. Aber ich hätte nicht um zwei Jahre verlängert, wenn ich nicht wüsste, dass ich mithalten kann. Körperlich bin ich absolut fit. Ich war in meiner Karriere nie groß verletzt, nicht an den Knien, nicht an den Muskeln, kein Faserriss, nix. Nur mein Sprunggelenk war in den vergangenen Jahren mal angeschlagen, aber die Beschwerden sind komplett weg.

Und im Kopf?
Bin ich auf meinem besten Level. Was meine Erfahrung und mein Wissen anbetrifft, fühle ich mich auf der Sechs (zentral vor der Abwehr, Anm. Red.) auf dem Höhepunkt.

Leipzigs Toni Kroos.
(lacht). So ähnlich. Basti Schweinsteiger, Toni, Luka Modric, die sind alle im Alter auf der Sechs nochmal aufgeblüht. Gerade auf dieser Position ist Erfahrung so, so viel wert. Du brauchst viele Spiele, um dahin zu kommen. Dann hast du die Übersicht über das, was um dich herum passiert, das Vertrauen und das Wissen, um die richtigen Entscheidungen fällen zu können. An dem Punkt empfinde ich mich. Ich bin gerade sehr im Einklang mit mir.

Vergangenen Sommer, auf der Pokalfeier, haben Sie den Angriff auf die Meisterschaft ausgerufen. Es hat nicht geklappt. Was ist mit dieser?
Wir haben gesagt, wir wollen Titel gewinnen. Der gehört also dazu. Wenn die Chance da ist, du spürst, dass was entsteht und andere Teams schwächeln, dann wären wir verrückt, wenn wir nicht angreifen würden. Aber wir haben Anfang September. Wir sind gut beraten, uns Etappenziele zu setzen. Sagen wir, bis zur nächsten Länderspielpause Mitte Oktober wollen wir die maximale Punktzahl holen. Danach nehmen wir die nächste Etappe ins Ziel. Und wenn wir dann im April im Soll sind, können wir sagen: Jetzt greifen wir ganz oben an.