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RB LeipzigRB Leipzigs Vorbereiter „Christo” Nkunku: Kunst im öffentlichen Raum

Von Ullrich Kroemer 29.02.2020, 10:04
Der außergewöhnlichste und eleganteste RB-Fußballer seit Naby Keita: Christopher Nkunku.
Der außergewöhnlichste und eleganteste RB-Fußballer seit Naby Keita: Christopher Nkunku. imago/Christian Schroedter

Der Name Christo wird hierzulande vor allem mit dem bulgarischen Künstler in Verbindung gebracht, der 1995 mit aluminiumbedampftem Polypropylengewebe den Berliner Reichstag verhüllte. Eines der bekanntesten Beispiele für Kunst im öffentlichen Raum. 25 Jahre danach verblüfft dieser Tage bei RB Leipzig ein Kunstschaffender gleichen (Spitz-)Namens das Publikum. Christopher Nkunku, den sie bei RB alle nur „Christo” rufen, sorgt als Vorbereitungskünstler in den Bundesligastadien für Aufsehen.

Nagelsmann über Nkunku: „In seiner Altersklasse mit Abstand der beste Mittelfeldspieler in der Bundesliga”

Spätestens seit seinen vier Torvorlagen innerhalb von 45 Minuten beim denkwürdigen 5:0 auf Schalke am vergangenen Samstag trägt sein Spiel ebenfalls das Gütesiegel Kunst im öffentlichen Raum. „In seiner Altersklasse ist er mit Abstand der beste Mittelfeldspieler der Bundesliga”, lobt Trainer Julian Nagelsmann.

In Gelsenkirchen zeigte der zierliche Spielmacher alles, was ihn auszeichnet: präzise Schnittstellenpässe wie vor dem 2:0 durch Timo Werner, Eckstöße wie vor dem 3:0 auf Marcel Halstenberg, Dribblings und Körperfinten wie bei Angelinos 4:0 und das Auge für den Nebenmann sowie die Gabe zum einfachen Pass wie beim 5:0 durch Emil Forsberg. Den sechs Jahre älteren Schweden, bislang eine Institution bei RB Leipzig, hat der 22-Jährige seit Beginn der Rückrunde verdrängt.

13 Tore hat der Franzose mit kongolesischen Wurzeln nun bereits in der Bundesliga vorbereitet. Elf Spiele hat er noch Zeit, Forsbergs Rekord aus der Saison 2016/17 einzustellen, der damals 22 Assists gab und zum europaweit begehrten Akteur wurde. Ähnliches steht nun Nkunku bevor, der sich im Sommer bis 2024 an RB Leipzig gebunden hatte und zu einem der besten und teuersten Akteure der Bundesliga reifen dürfte. Bei den Statistikexperten des Schweizer Unternehmens Football Observatory ist er bereits aktuell im Februar als formstärkster Spieler aller großen Ligen Europas eingestuft.

Vor wenigen Wochen hatte Trainer Julian Nagelsmann noch bemängelt, dass Nkunku sein Potenzial noch nicht voll ausschöpfe: „Im Training hat er deutlich mehr Tempoaktionen, geht mehr Risiko gegenüber den Bundesligaspielen, wo er sehr viel ins Nachdenken kommt. Da hat er zu viele Standphasen, durch die er nicht in seine Dynamik kommt”, kritisierte der Chefcoach und lobte zugleich dessen Dynamik und Technik: „Er ist ein sehr großes Talent mit sehr gutem Schuss und sehr gutem Dribbling. Er wird noch eine tragendere Rolle spielen, als er es jetzt tut. Er muss das Befreite und Unbekümmerte aus dem Training mehr in die Pflichtspiele bringen.”

Diese Befreiung ist dem bei Paris St. Germain ausgebildeten Edeltechniker, der im Sommer 2019 für 13 Millionen Euro vergleichsweise als Schnäppchen nach Leipzig gewechselt war, nun gelungen. So wird immer deutlicher: Seit Naby Keita ist Nkunku der eleganteste und außergewöhnlichste Fußballer in den Reihen der Leipziger.

Kaum Interviews, volle Konzentration

Neun Jahre hatte er das Trikot von PSG getragen, durchlief alle Nachwuchsteams und schaffte es in den Profikader des High-End-Teams mit Stars wie Neymar und Kylian Mbappé, die jedoch auch Kaderplätze für Nachwuchsstars blockieren. „Ich glaube ich war geduldig, ich habe es versucht. Aber mir wurde klar, dass ich, um meine Karriere zu beginnen, woanders hingehen musste”, erklärte er bei France Football. Damals betonte das Toptalent auch, dass er sich nicht nur für einen Kurzbesuch von Paris nach Klein-Paris begeben hat. „Ich bin nicht auf der Durchreise. Ich habe einen Fünfjahresvertrag unterschrieben und möchte mich hier niederlassen. Mein Ziel ist es, ein bisschen Deutsch zu werden.”

Nkunku meint es also ernst mit RB. „Das Gesamtpaket stimmt hier. Die Struktur, die Philosophie, die sportlichen Ziele, die Möglichkeit, sich als junger Spieler zu entwickeln”, sagte er dem Kicker in einem seiner raren Interviews. Der Mann, der in seiner Freizeit nicht nur vor der Konsole hängt, sondern auch mal das Leipziger Bildermuseum besucht, mag keine öffentlichen Gespräche. Für eine Anfrage von Mitteldeutscher Zeitung/RBlive.de hatte er keine Muße. Der Bild-Zeitung gewährte er lediglich ein paar knappe Sätze.

„Griaß di” und „Pfiat di”: Mit Nagelsmann spricht Nkunku bayrisch

Der Ausnahmetechniker lässt lieber seine Leistung auf dem Platz sprechen und will sich nicht ablenken lassen von seiner grandiosen Premierensaison. Überhaupt tritt er erstaunlich abgeklärt und reif für sein Alter auf, leise und beinahe ernsthaft beispielsweise im Vergleich zu seinem Landsmann Nordi Mukiele. Und immer positiv, wie Nagelsmann betonte. Im Spaß begrüßt und verabschiedet der östlich von Paris geborene Kicker den bayrischen Trainer schon mal in dessen Heimatdialekt: „Griaß di” und „Pfiat di”. Genügend Leichtigkeit also, aber auch volle Konzentration auf die Auftritte auf dem Rasen, bei denen Nagelsmann ihm noch jede Menge Steigerungspotenzial attestiert.

„Er hatte einen guten Auftritt auf Schalke. Trotzdem habe ich bei ihm immer den Eindruck, dass noch ein bisschen mehr geht”, sagte der Chefcoach vor dem Duell gegen Bayer Leverkusen am Sonntag (15.30 Uhr). „Er hat in ein, zwei Situationen zu früh das Tempo rausgenommen, um selbst torgefährlicher zu werden.” Der Fußballlehrer attestiert seinem wohl begabtesten Schützling neben einem herausragenden Tempodribbling auch einen „unglaublichen Huf im Abschluss”. So wie beim 2:2 gegen Borussia Mönchengladbach. Schussqualitäten, die mehr versprechen als Nkunkus vier Saisontore bislang.

Der Mann der Stunde bei RB wird sich die Kritik abgeklärt annehmen und versuchen, in noch bessere Leistungen umzumünzen. Am Sonntag gegen Leverkusen gibt „Christo”, der Vorbereitungskünstler, seine nächste Vorstellung. (RBlive/ukr)