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RB LeipzigRisse nach der Pleite: Jesse Marsch setzt nur noch auf Teile des Teams von RB Leipzig

Von Ullrich Kroemer 29.09.2021, 08:52
„Vielleicht müssen wir mehr in diejenigen investieren, die verstehen, was wir wollen”: Jesse Marsch sucht nach Lösungen bei RB Leipzig.
„Vielleicht müssen wir mehr in diejenigen investieren, die verstehen, was wir wollen”: Jesse Marsch sucht nach Lösungen bei RB Leipzig. dpa/Jan Woitas

Der Frust war groß im Bauch der Red-Bull-Arena nach RB Leipzigs 1:2 gegen Brügge in der Champions League. Keeper Peter Gulacsi saß enttäuscht neben Trainer Jesse Marsch und stützte den Kopf in seine Torwart-Pranke und hörte mit an, wie der Coach erstmals den „Stark-bleiben-think-positive”-Modus ausstellte und das Team klar kritisierte. Ein Novum, weil sich Marsch sonst stets voll hinter seine Mannschaft gestellt hatte.

Marsch: „Ich war überrascht, dass wir so schlecht gespielt haben”

„Es war eine sehr schlechte erste Halbzeit. Ich war überrascht, dass wir so schlecht gespielt haben. Wir haben zu viele Bälle verloren und unser Tor nicht mit allen Mitteln verteidigt. Diese erste Halbzeit tut uns weh“, sagte Marsch. Der Mannschaft warf er vor: „Wir haben uns nicht an den taktischen Plan gehalten, haben zu hektisch gespielt, weil wir jeden Ball nach Ballgewinnen oder im Spielaufbau verloren haben – sehr unruhig.” Marsch machte unmissverständlich klar, dass er mehr taktische Disziplin verlangt: „Das Problem ist: Wir sind nicht konstant. Wir spielen entweder sehr, sehr gut oder nicht gut. Wir müssen verstehen, wie wir jedes Spiel mit mehr Rhythmus und Konstanz bestreiten.” Und: „Wenn wir einen taktischen Plan aufstellen, erwarten wir bessere Leistungen in jedem Spiel.”

Es bleibt rätselhaft, weshalb Marsch nach dem einzigen guten Spiel seit Wochen, als er mit Dreierkette beim 6:0 gegen die Hertha im Nagelsmann-Stil gewann, gegen Brügge nun wieder auf Viererkette umstellte, womit die Mannschaft aktuell nicht zurechtkommt. Marsch erklärte das nur damit, dass Angeliño gesperrt fehlte. Doch es wären auch andere Optionen wie Josko Gvardiol, Benjamin Henrichs oder Amadou Haidara für die Angeliño-Position infragegekommen. So verunsicherte er das Team wieder.

Gulacsi: „So kann man kein Spiel gewinnen”

„Wenn man 1:0 führt, ist das eigentlich eine gute Situation, um das Spiel schnell zu entscheiden. Aber wir haben uns mit jedem Ballverlust runtergezogen und Selbstvertrauen verloren”, analysierte Gulacsi. „Unsere Freilaufbewegung war nicht aktiv und energetisch genug. Dadurch hatten wir nur wenige Optionen. Diese Fehler sind sehr untypisch für uns, wir spielen eigentlich viel sauberer, konnten uns aber fast nicht aus unserer Hälfte befreien. Jeder gewonnene Ball war in zwei Sekunden wieder weg. So kann man kein Spiel gewinnen.”

Spielmacher Kevin Kampl kündigte an: „Das wird ein großes Gesprächsthema, das darf uns niemals passieren. Wir laden den Gegner ein. Wenn wir diese Hektik nicht haben, kann ein solches Spiel auch 3:0, 4:0 für uns ausgehen.”

Marschs Lösung: Ein Team im Team?

Offen bleibt jedoch auch, weshalb Marsch nicht früher in der ersten Hälfte umstellte. RB quälte sich 35 Minuten lang ohne Einfluss von außen. In der Halbzeit wies Marsch die Spieler dann an: „Bleibt ruhig, spielt simpel, bewegt den Ball, haltet Euch an den Matchplan. Dann haben wir besser gespielt, waren zwar nicht gefährlich genug, hatten aber mehr Spielkontrolle”, so der Coach. Mit Gvardiol und Haidara brachte Marsch für Konrad Laimer und Nordi Mukiele zwei frische Spieler, die seine Idee besser umsetzten.

Marsch will aus der sensationell schlechten ersten Hälfte auch personelle Konsequenzen ziehen. Thema in der Trainerkabine direkt nach dem Spiel war: „Wir müssen überlegen, was jetzt unsere beste Mannschaft ist. Vielleicht spielen wir mehr mit dieser Gruppe und müssen mehr in diejenigen investieren, die verstehen, was wir wollen.” Heißt: Der Trainer schart vor allem die Spieler enger um sich, die seinen Stil bedingungslos mitziehen wollen – auch weil er langsam selbst um seine Reputation fürchtet. Konkret: Mehr Adams, Gvardiol, Haidara und weniger Mukiele, Laimer, Szoboszlai.

Doch das wäre eine Abkehr des vom US-Coach mantrahaft besungenen Gedankens einer starken Gruppe mit Spielern, zwischen die kein Blatt Papier passt. Stattdessen wären einige Akteure ausgeschlossen, ein Team im Team. So entstehen eher Risse im Team. Das gab es übrigens bei RB schon einmal, als 2015 Interimstrainer Achim Beierlorzer einen Teil der damaligen Führungsspieler wie Daniel Frahn ausschloss, die enttäuscht waren von der Trennung von Alexander Zorniger. Beierlorzer ist aktuell Marschs Assistent. (RBlive/ukr)