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RB LeipzigBefreiung gegen den BVB: So gelang RB Leipzig die Wende

Von Ullrich Kroemer 07.11.2021, 10:00

Mohamed Simakan tanzte und klatschte noch gut eine Viertelstunde nach Abpfiff vor der neuen Stehplatztribpüne im Leipziger Stadion; Trainer Jesse Marsch reckte beide Fäuste in den Leipziger Abendhimmel, schaute nach oben und lehnte den Oberkörper zurück wie beim Limbo. „Ich bin total verliebt in meinen Klub RB Leipzig”, twitterte Simakan nach dem für RB Leipzig so immens wichtigen 2:1 (1:0)-Sieg gegen Borussia Dortmund. So ging es wohl auch den meisten der Fans im Stadion, denn dieser erste Erfolg gegen den BVB seit vier Jahren und der erste Topspielsieg dieser Saison nach dem Fehlstart inklusive kompletter Verunsicherung und spielerischer Identitätssuche nach dem Trainerwechsel setzte nach den Entäuschungen große Emotionen frei.

Es war zu greifen, dass dieses Spiel die beschworene Wende in dieser Saison für den nicht mehr so neuen Trainer Jesse Marsch und seine „Grruppe” bedeutet. Der Vorjahreszweite kletterte auf Rang fünf und befindet sich nach nun sieben Ligaspielen ohne Niederlage endlich auf Kurs auf die Champions-League-Ränge. Big points für Leipzig, tabellarisch ebenso wie emotional. „Wir haben in unserem Prozess einen großen Sieg gebraucht”, sagte Marsch erleichtert. Er hatte vor dem Spiel viel gewagt und seine Mannschaft auch öffentlich auf einen Pflichtsieg eingeschworen. Wenn das wieder nichts geworden wäre, wäre die Fallhöhe hoch gewesen. Doch Marschs Mut wurde mit der „besten Leistung gegen Dortmund in unserer Vereinsgeschichte”, wie er richtig festhielt, belohnt. „Das ist ein großer Schritt.”

Der Mix aus Aggressivität und Kreativität stimmt bei RB Leipzig

RB bot erstmals über ein gesamtes Spiel hinweg eine starke Leistung in fast allen Elementen – von der Chancenverwertung einmal abgesehen – und belohnte sich auch mit drei Punkten. Nach den Wochen des Tüftelns und Ringens um unter Julian Nagelsmann bewährte Prinzipien und den neuen, aggressiveren und geradlinigeren Stil stimmt nun die Balance zwischen Spiel mit und gegen den Ball, der Mix aus Aggressivität und Kreativität sowie die individuelle Form vieler Spieler. Gleich diverse Akteure wie Dominik Szoboszlai, Simakan, Nordi Mukiele, Benjamin Henrichs und Josko Gvardiol zeigten gegen den BVB mit großem läuferischen Einsatz und Selbstvertrauen am Ball in engen Räumen ihre beste Saisonleistung.

„Wir haben nicht nur mit Intensität, sondern auch mit viel Qualität gespielt”, freute sich Marsch. „Wir waren heute aggressiver und besser in den Zweikämpfen als Dortmund. Alle haben mitgemacht, das hat vor einigen Wochen noch etwas gefehlt”, sagte Stürmer Poulsen, der den Siegtreffer erzielte – natürlich nach Flanke des überragenden Christopher Nkunku (68.). „Ich habe noch nie bei Dortmund gesehen, dass sie so viele Fehler im Aufbauspiel machen. Sie haben die Bälle teilweise einfach ins Aus gespielt”, wunderte sich der Däne. Daran hatte Rasenballsport durch sein intensives Pressingspiel großen Anteil. RB gelang das Kunststück, mehr Ballbesitz zu haben und dennoch die aktivere Mannschaft zu sein und zu keinem Zeitpunkt in nutzlosem Ballbesitzspiel zu verharren.

Als Dortmund zur zweiten Hälfte auf Viererkette umstellte, durch eine Anspielstation im Mittelfeld mehr besser wurde und den Ausgleich durch Marco Reus erzielte (52.), reagierte Marsch ebenfalls richtig, brachte Emil Forsberg und löste ebenso die Fünferkette auf.

Marsch lobt Führungsspieler: „So viel Investment in unseren Prozess”

Marsch nutzte die Leipziger Befreiung auch, um innezuhalten und die „harten Wochen” zu reflektieren. Er habe oft abends im Bett gelegen und überlegt, ob er alles für seine Spieler getan habe, damit diese die beste Leistung abliefern, berichtete er. Der bald 48-Jährige (Geburtstag an diesem Montag) hob vor allem das Engagement der erfahrenen Akteure hervor, die mithalfen, Marschs Ideen im Team zu verankern. „Ich habe von unserem Mannschaftsrat so viel Investment in unseren Prozess gesehen. Wahnsinn, wie viel diese Jungs gegeben haben”, betonte er. Der Mannschaftsrat besteht neben Kapitän Peter Gulacsi sowie den Co-Spielführern Willi Orban und Kevin Kampl aus Poulsen, Forsberg und Marcel Halstenberg.

Wermutstropfen der Leipziger Leistung war lediglich, dass es RB erneut verpasste, mehr Tore zu erzielen und das Spiel früher zu entscheiden. So gerieten die letzten zehn Minuten zu einer Zitterpartie. Als Youngster Youssoufa Moukoko den Ball im Strafraum bekam, stockte vielen der Atem. Wäre Erling Haaland dabei gewesen, hätte RB wohl wieder keinen Sieg geholt. Dass es nun endgültig Klick gemacht habe, sei daher noch ein „bisschen übertrieben”, bremste Marsch. „Wir haben noch nicht das Gefühl, dass wir immer viele Tore machen können. Wir müssen eiskalter sein”, forderte er. Es wird der nächste Schritt für RB auf dem Weg zurück zu alter, neuer Stärke sein müssen. „Wir mussten uns heute beweisen”, sagte Spielmacher Emil Forsberg. „Wenn wir konstant so spielen wie heute, dann sind wir wieder eine Spitzenmannschaft.” (RBlive/ukr)