Schiedsrichter-Sprecher erklärt Deswegen wurde Wirtz' Tritt gegen Raum nicht als Foul gewertet
Diese Szene bewegt nach dem 2:2 zwischen RB Leipzig und Bayer Leverkusen die Fans: DFB-Schiedsrichtersprecher Alex Feuerherdt erklärt bei RBlive, weshalb der Tritt von Florian Wirtz auf die Wade von David Raum aus „schiedsrichterfachlicher Sicht” kein Foulspiel ist.
Leipzig/Frankfurt – Florian Wirtz stand beim 2:2-Spektakel zwischen RB Leipzig und Bayer Leverkusen zweifellos im Mittelpunkt – in gleich drei verschiedenen Rollen. Als Vorbereiter zweier Tore war er der strahlende Held; vor allem sein Solo vor dem 1:0, als er die gesamte RB-Defensive vernaschte. Als derjenige, der drei hundertprozentige Torchancen vergab (29., 64., 89.) avancierte er zugleich zum tragischen Helden. Und als Gegenspieler von David Raum, der ihm erst in die Parade fuhr und dem er vor dem 0:2 mit vollem Körpergewicht auf die Wade trat, wurde er auch noch zum Enfant terrible.
Orban: „Unsportliches Verhalten”
Die Szene sorgte für heftige Diskussionen und für ganz unterschiedliche Bewertungen in beiden Lagern. Für Raum war es selbstredend ein klares Foul. „Er steht zwei Sekunden auf meiner Wade. Das war ein Foul – und gut ist”, sagte der Nationalspieler. Laut RB-Kapitän Willi Orban könne es nach Ansicht der Bilder gar keine zwei Meinungen geben. Er unterstellte Wirtz sogar „unsportliches Verhalten, der mit dem Körpergewicht mit seinem Fuß auf Davids Knie steht. Ich glaube, die Szenen sprechen für sich”, sagte der stets besonnene RB-Routinier.
Referee Bastian Dankert mochte sich nach der Partie nicht äußern. Dafür meldete sich DFB-Schiedsrichter-Sprecher Alexander Feuerherdt auf Anfrage von MZ/RBlive zurück. Und der DFB stützt Dankerts Entscheidung, das Tor nach VAR-Prüfung zu geben und nicht auf Foulspiel zu entscheiden.
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DFB-Experte: „Wirtz landet ohne zusätzliche Bewegung auf Raums Unterschenkel”
„Aus unserer schiedsrichterfachlichen Sicht geht es in Ordnung, den Zweikampf zwischen Raum und Wirtz nicht als Foulspiel von Wirtz zu bewerten”, sagt Feuerherdt. Die Begründung: Es sei Raum, „der mit hoher Dynamik ins Tackling geht und mit dem linken Bein etwas unkontrolliert über den Ball rutscht, dabei in der Folge auch Wirtz‘ linken Fuß mit dem Schienbein und dem Knie streift.” Dadurch gerate Wirtz, „nur auf dem rechten Bein stehend, leicht aus dem Gleichgewicht. Beim Abstellen des Fußes landet er schließlich ohne eine zusätzliche Bewegung auf Raums Unterschenkel.”
Feuerherdt räumt ein, dass dieser „Kontakt für Raum zweifellos schmerzhaft” war. Doch es liege „hier für uns kein durch Fahrlässigkeit verursachtes Vergehen – Treten” – vor. Feuerherdt, der durch seinen Blog Collinas Erben zur Instanz in Regelfragen geworden ist, betont abschließend: Der Kontakt resultiere „nicht zuletzt daraus, dass Raum sein Bein beim Tackling selbst unter Wirtz' Fuß schiebt. Deshalb liegt es im Ermessen des Schiedsrichters, diesen Zweikampf nicht als Foulspiel von Wirtz zu bewerten.”
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Rose: „Hatten zwei-, dreimal die Chance, das Tor zu verhindern.”
Dass Dankert angesichts der Wucht des Tritts und der daraus resultierenden Verletzungsgefahr nicht zu der Einschätzung gelangte, dass ein Foul vorliegt, ist allerdings fragwürdig – auch angesichts vergleichbarer Situationen in anderen Spielen. Unabhängig davon hätte der Unparteiische das Spiel auch selbst unterbrechen können, als er bemerkte, dass Raum laut schreiend zu Boden ging und offensichtlich starke Schmerzen hatte. Merkwürdig an der Szene ist zudem, dass Wirtz keinerlei Anstalten macht, sein Körpergewicht zu verlagern, um seinen DFB-Teamkollegen nicht voll zu treffen. Dass er nicht den Rasen, sondern Raums tätowiertes Bein unter den Stollen hatte, muss dem Bayer-Zauberer klar gewesen sein.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass RB Leipzig die Chance hatte, den Ball nach der Aufreger-Aktion zu klären. Kevin Kampl hatte die Kugel an der Eckfahne wieder unter Kontrolle gebracht und an El Chadaille Bitshiabu weitergeleitet. Der junge Franzose klärte in der Szene nicht einfach mit einem langen Ball oder ins Aus, sondern bediente den bedrängten Arthur Vermeeren, der den Ball verlor. „Wir hatten zwei-, dreimal die Chance, das Tor zu verhindern. Beim zweiten geben wir den Ball her”, sagte RB-Trainer Marco Rose. Die strittige Situation mochte er nicht kommentieren. „Ich muss nicht alles verstehen”, sagte er nur.