RB LeipzigErweckungserlebnis nach der Halbzeit: RB Leipzig teilt sich mit Dortmund die Punkte
Von Ullrich Kroemer
Die Fans von Borussia Dortmund, die nicht eh schon wie die 25.000 auf der Südtribüne standen, riss es bereits beim Halbzeitpfiff aus den Sitzschalen. Im Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga führte der BVB zur Pause so überlegen mit 2:0 gegen RB Leipzig, dass die Anhänger der Schwarz-Gelben ihr Team so euphorisch in die Kabine schickten, als sei das Spiel bereits gewonnen.
Mintzlaff kritisiert den Auftritt in der Halbzeit
Doch das erwies sich als zu früh, denn die in den ersten 45 Minuten völlig verängstigten Leipziger steigerten sich in der zweiten Spielhälfte und erkämpften auch durch zwei kapitale Dortmunder Patzer noch ein 3:3.
Die Partie galt auch als Test für die Titelreife der Gäste. Diese Prüfung bestand die Elf von Trainer Julian Nagelsmann vor 80.200 Zuschauern im ausverkauften Dortmunder Stadion – darunter 1700 aus Leipzig – nur teilweise. Die seit elf Spielen ungeschlagenen Leipziger traten anfangs ganz und gar nicht wie ein Titelaspirant auf, sondern fielen in ihre alte Rolle als Underdog zurück. „Das sind die Spiele, die du gewinnen musst, wenn du um die Meisterschaft mitspielen willst”, war Klubboss Oliver Mintzlaff in der Halbzeitpause verärgert über den indisponierten Auftritt des Tabellenführers. „Das ist überhaupt nicht das, was wir können.”
RB kam anders als zuletzt überhaupt nicht in das gewohnt sichere Aufbauspiel, auch nicht ins Pressing, verlor viel zu schnell die Bälle und war auf beiden Außenverteidiger-Positionen anfällig. So rannten Konrad Laimer & Co. den Dortmundern nur hinterher – Spielkontrolle gleich null. Das Ergebnis war ernüchternd: RB gewann nur 40 Prozent seiner Zweikämpfe, brachte bis zu Yussuf Poulsens Schuss in der 31. Minute keinen Abschluss zustande. Dortmund hingegen glänzte mit Passsicherheit und war gedanklich schneller. Ein ums andere Mal zogen Jadon Sancho und Achraf Hakimi die linke Abwehrseite der Leipziger auseinander.
Schick gleicht aus
So entstand auch das erste Tor der Dortmunder, das Julian Weigl mit einem Distanzschuss aus 18 Metern erzielte (23.). Keeper Peter Gulacsi sah dabei nicht gut aus. Der Ungar lag bereits auf dem Boden, als ihm Weigls Gewaltschuss über das Schienbein ins Tor flutschte. Das 2:0 erzielte Julian Brandt nach Vorlage von Sancho mit einer herrlichen Drehung, die er sich bei Leipzigs Patrik Schick abgeguckt haben musste, der so ähnlich in Paderborn für getroffen hatte. Weder Nordi Mukiele, noch Dayot Upamecano konnten Brandt an der Pirouette hindern (34.).
RB war beeindruckt und meldete sich erst in der Nachspielzeit mit zwei Kopfbällen von Poulsen und Timo Werner zu Wort, die Roman Bürki beide entschärfte (45.+1). Es muss laut gewesen sein in der Kabine, denn RB startete bissiger und mutiger in die zweite Hälfte.
Werner verkürzt Abstand auf Lewandowski
Nagelsmann brachte Christopher Nkunku für Emil Forsberg. Und Dortmund befand sich wohl noch im Halbzeitschlummer. Anders ist es nicht zu erklären, dass erst Torhüter Roman Bürki einen Ball beim Klärungsversuch Timo Werner vor die Füße köpfte, der aus 30 Metern ins leere Tor einschob (47.). Der vermeintliche Ausgleich durch Marcel Halstenberg zählte wegen Abseitsposition berechtigterweise nicht (50.). Doch kurz darauf übersah Brandt bei einem Rückpass im Spielaufbau, dass Werner noch hinter den feindlichen Linien herumschlich. Wieder bedankte sich Leipzigs Toptorjäger, der mit seinem 18. Saisontreffer zu Robert Lewandowski aufschloss (53.).
Nun entwickelte sich das Spiel zu einem wilden Spektakel. Dortmund erwachte und reagierte wütend auf die verspielte Führung. Nach einem Fehlpass von Demme rauschte der BVB-Express über Hakimi und Reus davon, der bis zur Grundlinie durchging und Sancho zum 3:2 bediente (55.). Hakimi (64.) und Sancho (68.) hatten weitere Tormöglichkeiten gegen die nun hoch aufgerückte Abwehr der Leipziger. Beide Teams gingen All-in. Und RB konnte erneut kontern. Mukieles Versuch nach Diagonalball von Upamecano konnte Bürki noch parieren, den Nachschuss des für Poulsen eingewechselten Patrik Schick aus sieben Metern nicht mehr (78.). Ein beeindruckendes Comeback von RB, und zwei verlorene Punkte für die Dortmunder, die am Ende nicht mehr jubelten.