Experte zur Jahresbilanz von RB Leipzig „Red Bull muss sich 200 Jahre gedulden, bis sich das Investment amortisiert”
Die Bilanzen für die Saison 2020/21, die Finanz-Geschäftsführer Florian Hopp Ende Juni vorlegte, dürften Klubchef Oliver Mintzlaff und Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz gefallen haben. Mit einem neuen Rekordumsatz von knapp 370 Millionen Euro – 50 Millionen Euro mehr als im Vorjahr – hat RB Leipzig in dieser Kategorie erstmals Borussia Dortmund (334 Millionen Euro) überholt. Und das trotz der Pandemie.
Umsatzrekord: RB Leipzig vor dem BVB die neue Nummer zwei in der Bundesliga
Während der BVB (minus 36 Millionen Euro) und sogar der FC Bayern (minus 43 Millionen auf 635 Millionen Euro) Umsatzverluste hinnehmen musste, wuchs der Klub vom Cottaweg wirtschaftlich. „RBL ist in dieser Kategorie national die neue Nummer zwei”, schätzt Fußball-Bilanzexperte Ludwig Hierl ein. FCB, BVB und RBL seien hinsichtlich der Wirtschaftskraft „die drei Großen" der Bundesliga, so der Professor der DHBW Heilbronn.
Gleichzeitig, betont Hierl, habe RB im Vergleich mit den beiden anderen Spitzenklubs den niedrigsten Gehaltsetat. Aus der Bilanz geht hervor, dass der Personalaufwand bei RBL zwar von 146 auf 169 Millionen Euro stieg. Doch „im nationalen und vor allem internationalen Vergleich erscheint dieser Wert noch immer sehr gemäßigt”, betont der Wissenschaftler. Beim BVB (215 Millionen) verdienen die Stars deutlich mehr als in Sachsen; der FC Bayern (373 Millionen) zahlt sogar mehr als das Doppelte an Gehältern als in Leipzig.
Rekordschulden bei RB Leipzig „nicht kritisch”
Zwar hat Rasenballsport mit 228 Millionen Euro Schulden so hohe Verbindlichkeiten wie noch nie. Doch Hierl ordnet das mit dem Wissen um die wirtschaftliche Gesamtentwicklung bei Rasenballsport als „nicht kritisch” ein. Es ist schlicht das Geschäftsmodell des Leipziger Start-ups, neue Schulden aufzunehmen und dieses Geld wieder in neues Personal und Infrastruktur zu investieren. Die Grundlage des rasanten, aber wohl kalkulierten Wachstums des Klubs.
Allerdings, betont Hierl, dürfe man nicht außer Acht lassen, dass 2019 100 Millionen Euro Schulden bei Investor Red Bull in eine Kapitalrücklage umgewandelt worden waren. Ein nachträglicher Einkauf des Gründers beim Leipziger Klub. Würde man diese Summe noch addieren, stünde RBL mit 338 Millionen Euro in der Kreide. „Aus meiner Sicht bestätigt sich nun die Genialität dieses damaligen Schachzuges”, schätzt Hierl ein.
Der Winkelzug war damals von anderen Klubs wie Eintracht Frankfurt und in der Öffentlichkeit heftig als Wettbewerbsvorteil kritisiert worden. Die Eigenkapitalumwandlung war damals von den Leipzigern unter anderem mit dem Recht auf eine Vorabdividende für Red Bull begründet worden. „Bei einer jährlichen Ausschüttung von etwa 0,5 Millionen Euro muss sich Red Bull allerdings noch etwa 200 Jahre gedulden, bis sich das Investment amortisiert”, sagt Hierl. Doch der Experte weiß natürlich, dass diese Dividende eher pro forma vereinbart wurde. Es gibt genügend andere Effekte, durch die Red Bull von RB Leipzig profitiert.