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RB LeipzigFreies Radikal bei RB Leipzig: Christopher Nkunku verdankt Leistungsexplosion Nähe zu Nachbar Jesse Marsch

Von Martin Henkel 10.11.2021, 06:54

Wohl dem, der solche Nachbarn hat. So wie Jesse Marsch, der im Leipziger Stadtteil Gohlis Tür an Tür mit Christopher Nkunku und dessen Familie wohnt. Marsch ist der Trainer von RB Leipzig, Nkunku einer seiner Profis. „Wir sehen uns gerade ziemlich oft“, erzählte der Coach vergangenen Samstag und berichtete, dass dies nicht nur an der gemeinsamen Arbeit läge. „Ich kann sagen, dass auch seine Frau sehr sympathisch ist. Sie hilft viel meiner Frau.“

Die Nkunkus aus Frankreich und die Marschs aus den USA bilden derzeit ein transatlantisches Bündnis von beispielhafter Harmonie, was vor allem am 23-Jahre jungen Spieler des sächsischen Bundesligisten liegt. Der verhält sich nämlich genau so, wie es sich sein Nachbar wünscht. „Er spielt gut“, sagte Marsch, „deshalb ist auch unser Verhältnis gut.“

Nkunku bester Mann bei RB Leipzig beim Sieg gegen Borussia Dortmund

Er sagte es im Scherz, dennoch steckte Wahrheit darin, denn beide sind tatsächlich so abhängig voneinander, wie es Marschs Schilderung nahelegt. Das war gerade nach der Partie gegen Dortmund vom vergangenen Wochenende nicht mehr von der Hand zu weisen, die RB 2:1 gewannen. Nkunku hatte das 1:0 (29.) erzielt und mit einem Pass auf Yussuf Poulsen (68.) den Siegtreffer vorbereitet.

Nur vier Minuten vor dem zweiten Leipziger Tor war der leichtfüßige Stürmer drauf und dran gewesen, diesem ohnehin schon bemerkenswerten Abend die Krone aufzusetzen, als er im Strafraum rund um den Elfmeterpunkt mit zwei Zinedine-Zidane-Kreiseln Dortmunds Innenverteidiger auf engstem Raum austanzte. Man wird sich an dieses Kunststück in ein paar Wochen vermutlich nur deshalb nicht mehr erinnern, weil sein anschließender Schuss an den Pfosten krachte.

Nkunku ist RB Leipzigs einfallsreichster und effizientester Spieler

Für den Augenblick aber waren diese zwei Tricks Sinnbild für die aktuelle Verfassung des Franzosen. Er ist Leipzigs einfallsreichster und gleichermaßen effizientester Spieler, wenn es darum geht, den Aufwand, den der Kader unter dem seit Sommer neuen Trainer betreibt, endlich in Punkte und Erfolge umzumünzen. Fünf Tore hat er in der Liga bereits erzielt, fünf hat er vorbereitet. In der Champions League sind es ebenfalls fünf Treffer und ein Assist, im DFB-Pokal ein Tor und eine Vorlage.

Gründe für diese Leistungsexplosion gibt es eine Handvoll. Nkunku ist im Sommer Vater geworden. Er sei dadurch ernsthafter und gleichzeitig weniger verbissen geworden, hat er unlängst erzählt. Zudem hat er seinen eher zierlichen Körper mit größeren Muskeln und einem breiteren Kreuz ausgestattet. In erster Linie aber verdankt er seine Niveausteigerung tatsächlich der Nähe zu Marsch.

Nkunku kommt Systemwechsel bei RB Leipzig entgegen

Der US-Coach vertritt einen eher puristischen Ansatz des RB-typischen Ballräuberfußballs. „Intensität, Vertikalität und Gegenpressing“ hat er am Samstag diese drei Säulen seiner Spielidee genannt und Nkunku als den großen Profiteur dieser Abkehr von den ballbesitzlastigen Vorstellungen seines Vorgängers Julian Nagelsmann bezeichnet. „Ich habe ihm zu Beginn der Saison gesagt, dass ihm der Systemwechsel vermutlich am meisten entgegenkommt.“

War der Aktionsradius des exquisiten Technikers in seinen ersten zwei Spielzeiten nach dem 15-Millionen-Euro-Wechsel von Paris St. Germain an den Cottaweg auf die linke oder rechte Außenbahn beschränkt, darf er jetzt eigentlich schalten und walten, wie er will. Er ist Marschs freies Radikal: unberechenbar, überall zu finden, wo was los ist – und damit in der für ihn besten Position, seine ganzen Talente zu entfalten. Nkunku verbindet Geschwindigkeit und Ballbeherrschung wie kein zweiter in der Leipziger Kabine. Er beherrscht die Kunst des Bierdeckeldribblings, er hat ein Gespür für Raum und Zeitpunkt, er ist egoistisch, wenn es nottut und mannschaftsdienlich, sobald jemand anderes in bessere Position ist, und er hat einen zielsicheren Abschluss.

Hat Nkunkus Berater RB-Profi bei Real Madrid angeboten?

Viele im europäischen Fußball gibt es in seinem Alter nicht, deren Repertoire derart breit angelegt ist. Das hat ihn nicht nur auf die Shortlist der Berufungskandidaten für die französische Nationalmannschaft gebracht, wie Nationaltrainer Didier Deschamps neulich verriet, sondern es weckt Begehrlichkeiten. Das Gerücht, sein Berater Pini Zahavi habe ihn bereits bei Real Madrid angeboten, dürfte nicht weit weg von der Wahrheit sein.

Zum Glück für seinen Trainer ist der Franzose bis 2024 an RB gebunden – ohne Ausstiegsklausel. Mehr noch aber zählt Marsch auf die Verhältnisse im Haus. „Ich glaube, er hat einen Vertrag über drei oder vier Jahre mit der Wohnung“, sagte er, „das ist vielleicht wichtiger als der mit dem Verein.“ (RBlive/hen)