Politische Anekdote vom Pokalfinale „Gegenteil ist richtig”: RB-Fan Kretschmer nimmt Parteifreund Schäuble aufs Korn
Dass das imposante Gebäude der Vertretung des Freistaates Sachsen in der Berliner Brüderstraße rot angestrahlt wird, kommt auch nicht so häufig vor. Doch für RB Leipzig machte die sächsische Staatskanzlei eine Ausnahme, denn am Donnerstagabend standen die Leipziger Klub- und weniger die Parteifarben im Vordergrund. Für RBL war die Veranstaltung der erste große Aufschlag im bundespolitischen Berlin.
Thema des parlamentarischen Abends mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, bei dem vor einer Woche übrigens der politisch umstrittene Dresdner Schriftsteller Uwe Tellkamp zu Gast war, war am Donnerstagabend Rasenballsport, „eine Erfolgsgeschichte aus Sachsen“, wie es im Untertitel hieß. Das war etwas irreführend, denn der Freistaat hat ja nichts dafür getan, um seinerzeit die Ansiedlung des Red-Bull-Klubs zu befördern. Doch natürlich schmückt sich der Landesherr ebenso wie die zahlreich vertretenen sächsischen Abgeordneten aus allen Fraktionen mit dem Erfolgsklub aus Sachsen. „Ein Riesenpfund, ein Riesen-Glücksfall” sei der Champions-League-Klub für Sachsen, betonte Kretschmer. Nicht nur wirtschaftlich und aus Marketingsicht, sondern auch gesellschaftlich, weil Fußball alle sozialen und politischen Milieus zusammenbringe.
„Muschebubu”-Diskussion
Der 47-jährige Görlitzer repräsentiert qua seines Amtes natürlich alle Verteine aus Sachsen, machte aber kein Hehl daraus, dass er privat RB die Daumen drückt. Beim DFB-Pokalfinale in Berlin hätten auf der Ehrentribüne so gut wie alle VIPs auf Freiburg gehalten, berichtete er launig. In der Halbzeitpause beim Stand von 0:1 habe sein badischer Parteikollege Wolfgang Schäuble zu ihm gesagt: „Nun, Herr Kretschmer, diesmal fahren sie wieder nach Hause, ohne zu jubeln.” Doch Kretschmer dachte sich: „In den vergangenen Jahren gilt der Satz, dass genau das Gegenteil von dem, was Wolfgang Schäuble sagt, richtig ist.” In dem Moment habe der Ministerpräsident gewusst, dass RB gewinnen würde. Und genauso kam es dann. Klingt ganz so, als seien Kretschmer und Schäuble nicht eben Freunde – weder fußballerisch, noch politisch.
Jenseits von Anekdoten wie dieser und der erwartbaren Lobeshymnen auf Rasenballsport kam jedoch wenig Substanzielles von Kretschmer & Co. Dazu trug auch Moderator „Waldi“ Hartmann bei, der als ausgewiesener RB- und Kretschmer-Fan eine Fehlbesetzung als Fragesteller war – zumindest wenn man eine spannende, auch kontroverse Diskussion erwartet hatte. Doch das war wohl auch nicht beabsichtigt. Der Ur-Bayer Hartmann belustigte vielmehr die Zuhörer im proppevollen Saal mit sächsischer Mundart, indem er das sächsische Wörtchen „muschebubu“ zitierte, was soviel heißt wie urgemütlich. So war auch Hartmanns Moderation im besten Falle „muschebubu“.
Eberl will Titel mit RB gewinnen
Sein bayrischer Landsmann Max Eberl hatte da noch am meisten zu sagen. Der neue RB-Sportchef berichtete von dem vermeintlichen Widerspruch, dass er als langjähriger Manager des Traditionsklubs Borussia Mönchengladbach nun vielen Kritikern zum Trotz plötzlich den umstrittenen, jüngsten Bundesligisten führt. „Du musst dich nur gegenüber dem rechtfertigen, der dir im Spiegel entgegenschaut”, betonte der 49-Jährige.
„Ich habe richtig Lust auf den Kontrast, nachdem ich bei einem sehr alten Verein gearbeitet habe, jetzt bei einem sehr jungen Verein arbeiten zu dürfen.” Mönchengladbach habe es einst in den 1970ern geschafft, die Bayern vom Thron zu stoßen. „Jetzt bin ich hier in Leipzig, um Bayern München in der Neuzeit gefährlich zu werden”, verkündete der neue starke Mann bei Rasenballsport. Er wolle endlich den ersten Titel seiner Laufbahn gewinnen, hob der Sportchef hervor. Erfolg macht eben sexy.