Besuch bei der meisterfeier Klopp in Liverpool: Hat er den neuen RB-Trainer vor Ort überredet?
RB Leipzig steckt nicht nur in einer sportlichen, sondern auch strukturellen Krise. Viele erwarten nun, dass Erfolgstrainer Jürgen Klopp das Bewältigungsteam anführt. Bei der Meisterfeier seines Ex-Klubs Liverpool traf er auf einen der Trainerkandidaten. Hat er ihn überreden können?

Leipzig/hen – Jürgen Klopp war an diesem Wochenende in Liverpool. Das ist nicht weiter verwunderlich, der deutsche Trainer wird bei den "Red’s" verehrt, seit er mit dem Traditionsklub die Champions League und die Meisterschaft gewann. Am Sonntag war letzter Spieltag in der Premier League, Liverpool spielte 1:1 gegen Pokalsieger Chrystal Palace, und wurde im Anschluss als englischer Meister ausgezeichnet.
Klopp mitten drin im Fußballgeschäft
Der 57-Jährige sah etwas abgehärmt aus. Vielleicht nicht nur, weil er extrem Gewicht verloren hat. Klopp, der vergangenes Jahr seinen Abschied aus Liverpool damit begründete, dass er ein wenig ausgebrannt sei nach den vielen Jahren an der Seitenlinie, befindet sich schon wieder mitten drin im Fußballgeschäft.
Seit Januar ist Klopp "Head of Global Soccer bei Red Bull". Der Job sollte eigentlich ein wenig Entspannung bringen. Hier und da mal vorbeischauen, Tipps geben, Anekdoten erzählen, Red Bull promoten und an einem neuen Spielstil feilen, wie er selbst erklärt hatte.
Dreistündige Videokonferenz
Stattdessen muss er die größte Krise in der Geschichte des Red-Bull-Vorzeigevereins RB Leipzig managen, der zum ersten Mal die Qualifikation für einen der drei Europapokal-Wettbewerbe verpasst hat. Diese Aufgabe erledigt er von Mallorca aus, wo er wohnt, von München aus, wo er eine Wohnung und das "Global Team" sein Büro hat, und von Liverpool aus, wo er am Sonntag an einer dreistündigen Videokonferenz teilnahm.
RB-Interimstrainer Zsolt Löw hat davon in Sao Paulo berichtet, wo sich der Leipziger Tross gerade zur Promo-Tour aufhält. Neben dem Ungarn waren in der Runde dabei: der Technische Direktor des Global Teams, Mario Gomez, Klopps früherer Assistenztrainer Peter Krawietz, der Löw zuletzt unterstützte, Sport-Geschäftsführer Marcel Schäfer – und eben Klopp, zugeschaltet aus England.
"Jürgen ist voll dabei"
Bei der Expertenrunde ging es natürlich auch um den neuen Trainer und welches Profil die neue Mannschaft haben soll. Welche Rolle Klopp bei diesen Beratungen spielt, war zuletzt allerdings unklar gewesen, denn der Red-Bull-Fußballchef hatte sich rar gemacht. Auch vor Ort in Leipzig. Das hatte Zweifel hervorgerufen. Vor allem in den Boulevard-Medien war man verwundert, dass RB-Sportchef Schäfer das Krisenteam leitet und nicht der neue Superberater.
Löw hat Klopp gegen diese Kritik nun verteidigt. Bei einem Gespräch mit BILD und LVZ vor Ort in Brasilien sagte der 46-Jährige: "Jürgen kam zu uns mit einer extremen Energie und Bereitschaft. Das Pensum von Jürgen sollen alle anderen erst mal schaffen. Dass er wenig im Stadion war, lag daran, dass er noch 100 andere Dinge zu tun hat. Ich könnte mir keinen besseren Leader wünschen – von der Persönlichkeit und der Erfahrung. Jürgen ist voll dabei."
Vielleicht ist er ja so "full on", dass er die Meisterfeier seines Ex-Klubs gleich dazu genutzt hat, um RB einen neuen Trainer zu besorgen. Chrystal-Palace-Coach ist nämlich Oliver Glasner, den die Leipziger gern verpflichten würden. Gut möglich, dass Klopp ihn in Liverpool dazu überredet hat.