Kommentar zum Trainingslager Der Geist von La Manga: Rose setzt genau die richtigen Schwerpunkte
Wer dem Geist des Trainingscamps von La Manga nachspürt, findet ihn in „Dante’s Restaurant”. In dem alteingesessenen, britischen Steakhouse blicken David Beckham, Michael Owen und Paul Gascoigne von den Wänden. Dutzende Fotos dokumentieren die Besuche der englischen Nationalmannschaft in der besonders bei Briten beliebten Urlaubsregion in Südspanien.
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Besonders legendär war der Besuch der „Three Lions” vor der WM 1998, als der damalige Nationaltrainer Glenn Hoddle im Teamhotel fünf Spieler aussortieren musste – darunter Gascoigne, der komplett ausrastete. Doch Hoddles Begeisterung für La Manga hat das nicht geschadet, der 66-Jährige komme noch manchmal zum Essen vorbei, erzählt der Wirt aus „Dante’s Restaurant”.
Ballgeschiebe auf dem Index
Gut möglich, dass auch bei RB Leipzig der Geist und vor allem die Inhalte des Trainingslagers von La Manga noch häufig erwähnt werden. Denn Trainer Marco Rose schraubte umgeben von Hügeln und Palmen so grundsätzlich und intensiv wie sonst nur in der Sommervorbereitung üblich an neuen Abläufen und schärfte alte Prinzipien. Der Fußballlehrer drückte sozusagen immer wieder die Stop-Taste im Spiel, verschob seine Jungs im Zehn gegen Zehn in die gewünschten Positionen und ließ die geforderte Passfolge einmal in Zeitlupe durchspielen.
Dabei setzte er genau den richtigen Schwerpunkt: nämlich mehr Variabilität im Kreativspiel. „Wir brauchen Dynamik – immer!”, paukte Rose seinen Kickern ein und nutzte jede der für Kopf und Muskeln anstrengenden Einheit bestmöglich. Das Camp begann mit einer Session für mehr Tiefe und Breite zugleich im letzten Drittel. Rose schärfte die Sinne seiner Kicker für variableres und aktiveres Flügelspiel. Überladen des Flügels wurde ebenso geübt wie Läufe hinter die Kette bis an die Grundlinie und Hereingaben vors Tor. Ballgeschiebe von Abwehrspieler zu Abwehrspieler stand auf dem Index.
RB wird vom Trainingslager zehren
Rose widmete sich dem Positionsspiel, damit sich seine Spieler auch unter Druck in den richtigen Räumen aufhalten und forderte enorme Spielaktivität und Dynamik. Dazu wurden neue Verlagerungsstrategien mit Anlocken des Gegners und Diagonalchips aus dem Mittelfeld einstudiert. Ganz konkrete Inhalte, von denen die Leipziger gegen tiefstehende Gegner das gesamte nächste halbe Jahr zehren werden.
Zudem arbeitete er an Flanken, Torschüssen, dem Herausspielen von Chancen auf engstem Raum und sogar an den Abläufen bei Einwürfen, um diese mit mehr Bewegung und konkreten Prinzipien besser zu nutzen. Alle fünf Einheiten waren perfekt genutzt, um ein breiteres Repertoire im Offensivspiel einzustudieren und Kreativkopf Xavi Simons zu entlasten, der gegen massiv formierte Abwehrreihen nicht alles mit seiner Dribbelstärke und genialen Technik durchs Zentrum lösen kann.
Rose on fire!
Dabei nahm Rose seine Spieler durchaus auch verbal hart ran, forderte eindringlich Qualität bei den Übungen ein, rüttelte die Profis wach und forderte mehr Kommunikation auf dem Feld. Die gegen kleinere Klubs eingebüßten Punkte hätten schon „wehgetan”, sagte Nationalspieler Benjamin Henrichs. Um das in der Rückrunde zu vermeiden, waren die Schwerpunkte ideal.
Zunächst sind jedoch zum Rückrundenstart gegen die Topgegner wie Leverkusen, Stuttgart und Bayern auch andere Topteam-Qualitäten gefragt. „In den ersten Spielen haben wir nun gegen direkte Konkurrenten die Gelegenheit, Punkte wiedergutzumachen”, sagte Henrichs. Das nötige Rüstzeug für eine erfolgreiche zweite Halbserie hat Rose seinem Team in La Manga mitgegeben.