RB LeipzigLeipziger Fanprojekt: Katastrophales Sicherheitskonzept

In die Debatte um die Angriffe auf RB-Fans rund um das Spiel bei Borussia Dortmund hat sich nun auch das Fanprojekt Leipzig eingeschaltet. Dort werden Fans von RB Leipzig, Lok Leipzig und Chemie Leipzig begleitet.
Fanprojekt Leipzig sieht Polizei in der Mitverantwortung
Mitarbeiter Jakob Grudzinski erklärt gegenüber dem Spiegel, dass die Sicherheitsvorkehrungen nicht ausreichend waren. „Das Sicherheitskonzept war von vorne bis hinten katastrophal“, beschreibt er die Situation für die mit einem Sonderzug anreisenden RB-Fans. Vom Bahnhof bis kurz vor dem Stadion habe es keine begleitenden Polizeikräfte gegeben, sodass die Anhänger immer wieder haben angegriffen und beworfen werden können.
Dies sei auch deswegen ärgerlich, weil man vor der Partie auf die möglichen Probleme hingewiesen habe. „Wir haben schon Tage vor dem Spiel Kontakt zur Polizei aufgenommen, mit der Bitte, für unsere Sicherheit zu sorgen.“ Aber die interne Kommunikation zwischen verschiedenen Polizeibehörden klappe in Deutschland nicht so, wie sie sollte.
An den Übergriffen seien nicht nur Ultras, sondern auch normale Fans beteiligt gewesen, berichtet der Spiegel. Nach Grudzinskis Erfahrungen ist RB Leipzig „auch für Fußballfans, die sonst nie auffallen, so ein großes Feindbild ist, dass auch der Familienvater mit Kind an der Hand völlig durchdreht“.
Dortmunder Polizei weist Vorwurf der schlechten Vorbereitung zurück
Den Vorwurf des Fanprojekts Leipzig, dass die Polizei nicht anhand von Erfahrungswerten bspw. aus den RB-Spielen in Köln und Bochum die Lage bewertet hat, weist deren Sprecherin Nina Vogt auch via Spiegel zurück. Man sei bei der Bewertung nicht zu der Erkenntnis gelangt, dass zwischen BVB- und RB-Fans eine „besondere Rivalität“ bestehe.
Man habe aber aufgrund von Erfahrungen an anderen Spielorten den RB-Mannschaftsbus besonders geschützt und eine Alternativroute zum Stadion für ihn erarbeitet. Künftig werde man aber überdenken, ob man ein Spiel zwischen Dortmund und Leipzig nicht doch als Hochrisikospiel einstuft.
Fanprojekt Dortmund gegen Kollektivstrafen
Das Dortmunder Fanprojekt sieht derweil keinen Sinn in einer Kollektivstrafe wie der Sperrung der Südtribüne. „Solche Maßnahmen haben sich in der Vergangenheit nicht bewährt“, erklärt Fanprojekt-Leiter Thilo Danielsmeyer in der Freien Presse. Vielmehr gehe es darum, dass „Einzeltäter hart bestraft werden müssen“.
Die Attacken auf RB-Fans sind aus Sicht von Danielsmeyer „unentschuldbar“. Allerdings: „Wenn man sich den Hype ansieht, der von den Medien und den Klubs vor dem Spiel gemacht wurde – da wurde diese Partie ja quasi zum ‚Kampf der Systeme‘ hochgeschaukelt. Jede Äußerung wurde total wichtig und Leipzig als Feind schlechthin ausgemacht. Da sind Grenzen dann schnell überschritten.“
Die Verantwortlichkeit für die Ausschreitungen sieht der Vertreter des Dortmunder Fanprojekts auch bei Auswärtigen. „Das Spiel hat viele angelockt, die sonst nicht oft ins Stadion kommen. Dazu kommt, dass wir in Dortmund die Neonazi-Hauptstadt Deutschlands sind. Diese Leute wollten die Beliebtheit des BVB als Vehikel benutzen. Es ist eine wahnsinnige Gemengelage, eine komplizierte Struktur.“
Fanforscher Gunter A. Pilz für Stadionverbote
Nicht ganz so kompliziert sieht die Dinge Fanforscher Gunter A. Pilz. Der fordert in einem Interview, „dass möglichst viele dieser verantwortungslosen Chaoten identifiziert und ihrer Strafe zugeführt werden und ein jahrelanges Stadionverbot bekommen, auch wenn die Dinge außerhalb des Stadions passiert sind“. Dabei hat das, „was jetzt in Dortmund passiert ist, schon eine neue Dimension, weil die Auseinandersetzung völlig friedliche normale Fans betraf.“
Eine Mitverantwortung sieht Pilz bei „Fußballfunktionären“, welche sich „im Vorfeld verbale Scharmützel liefern. Das trägt nicht dazu bei, dass die Fans friedlicher werden.“ Allerdings hätte eine gute Polizeiorganisation die Ausschreitungen auch schnell beenden können.
Lob bekommt Borussia Dortmund aber auch noch. „Der BVB leistet eine vorbildliche präventive Arbeit. Sie haben ja auch Probleme mit rechten Fans. Was sie dort vor Ort machen, ist wirklich vorzeigbar und mustergültig.“ Gerade deswegen sei es angeraten, dass sich Vereinsverantwortliche zurückhalten und nicht durch Äußerungen „Wasser auf die Mühlen der Fans und deren Hass- und Gewaltbedürfnisse schütten“.
In der Verantwortung sieht Pilz den BVB für die Banner, die im Stadion präsentiert wurden. „Dafür gibt es Ordnungsdienste, dafür gibt es Ordner. Wenn solche Plakate ins Stadion gebracht werden, müssen sie konfisziert und weggebracht werden.“ Dafür werde der Verein vom Sportgericht sicher bestraft werden. „Vielleicht ist es auch mal ein richtiger Warnschuss, dass sie mal ein Spiel ohne Fankurve austragen.“