Selbstkritik und Ansporn von Rose Doppelpacker Openda: „Sechs Tore sind nicht gut genug”
Die Geste von Lois Openda sagte einiges aus. Als der Stürmer in der 80. Minute ausgewechselt wurde, pustete er tief durch und schüttelte mit dem Kopf. Und das nach seinem ersten Doppelpack für RB Leipzig. Beim hart umkämpften 3:1 (2:1)-Auswärtssieg der Leipziger bei Aufsteiger Darmstadt 98 war es der Torjäger aus Belgien, der den Unterschied machte. „Ich bin einfach glücklich, dass ich zwei Tore geschossen habe, aber ich kann mehr schießen. Daran muss ich arbeiten”, sagte Openda angenehm selbstkritisch. „Sechs Tore in der Bundesliga sind gut, aber nicht genug, wenn ich die anderen Stürmer sehe, die mehr Tore geschossen haben.”
Und tatsächlich vergab der 23-Jährige auch in Darmstadt noch die Großchance auf einen dritten Treffer (77.) und schoss ein weiteres Tor, das wegen Abseits nicht zählte. Es zeichnet den Leipziger Rekordzugang aus, dass er auch nach einem Doppelpack als Matchwinner nicht zufrieden ist und seine Torquote weiter ausbauen will.
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Mehr Kontrolle durch bessere Entscheidungen
Auch die übrigen Protagonisten bei RB wirkten trotz des wichtigen Sieges zerknirscht, weil die Art und Weise dieses Erfolges nicht zu den Leipziger Ansprüchen passt. „Es war kein schöner Sieg”, resümierte Emil Forsberg, der das 2:0 per direktem Freistoß nach Patzer von Keeper Marcel Schuhen erzielte (24.). „Wir haben zu viele Fehler im Passspiel gemacht, waren unsauber, haben keine Ruhe ins Spiel bekommen. Das war nicht gut genug.” Und auch Trainer Marco Rose mahnte: „Wir hatten nie so richtig Kontrolle über das Spiel. Wir nehmen das Ergebnis mit, wissen aber, dass wir uns verbessern müssen, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen.”
Das lag daran, dass RB mit dem Pressingdruck der leidenschaftlichen Gastgeber nicht zurechtkam und so gut wie keine Ballbesitzphasen hatte. Stets kamen die Bälle so schnell wieder zurück wie am Flipperautomaten. Eine Passquote von nur 66 Prozent ist wohl der magerste Wert in dieser Statistik, den RB in den vergangenen Jahren erreicht hat. Im Durchschnitt erreichen bei den Leipzigern 82 Prozent der Pässe ihr Ziel. Doch in Darmstadt gab es in Abwesenheit des geschonten Xaver Schlager keinen, der dem Team mehr Ruhe und Kontrolle verlieh.
Dazu gehöre unter anderem, „in den richtigen Situationen die richtigen Entscheidungen zu treffen”, fordert der Fußballlehrer. Sich auf den Rhythmus eines Spiels einzustellen, eine Partie zu lesen und Bälle eben in des Gegners Hälfte festzumachen und den Pressingdruck zu überspielen, „das fehlt uns ein bisschen”.
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Rose über Openda: „Bin noch nicht ganz zufrieden mit ihm”
Lichtblicke waren die leidenschaftliche Abwehrleistung von Mohamed Simakan, das viertelstündige Comeback von Dani Olmo mit zwei guten Szenen und eben der Auftritt von Unterschiedsspieler Openda. Nach nur 44 Sekunden erzielte er nach toller Vorarbeit von Benjamin Henrichs das frühe 1:0. Schneller fiel noch kein Tor in dieser Saison. Bei RB waren nur Daniel Frahn in der 3. Liga (8,6 Sekunden) und Jean-Kevin Augustin gegen Borussia Dortmund (31 Sekunden) noch fixer. Openda gelang es im Gegensatz etwa zu Xavi Simons, sich auch körperlich zu behaupten und ständig Gefahr auszustrahlen.
Rose gefiel die kritische Selbsteinschätzung von Openda. „Ich bin auch noch nicht ganz zufrieden mit ihm. Er ist eine Belebung als Typ, ist bereit zu arbeiten und trotzdem hat er Situationen und Momente, in denen er mal einen Ball nicht festmacht, den er festmachen muss, nicht den richtigen Moment findet, um sein Tempo in die Tiefe zu nutzen, die Spielaktivität, den Auslöser im Pressing zu finden”, zählte Rose auf. „Er kann diese Kleinigkeiten noch besser machen, hat aber in diesen Bereichen schon große Schritte in den ersten Wochen gemacht.” Und Openda dürfte auch in den nächsten Wochen immer besser in Tritt kommen und weiter den RB-Rhythmus aufnehmen.