Kulturwissenschaftler erklärt Anerkennung über Erfolg? Was RB Leipzig im Osten erfolgreich macht
RB Leipzig polarisiert, gerade auch bei Fußball-Fans im Osten der Bundesrepublik. Für Kulturwissenschaftler Alexander Mennicke ist der Klub ein spezieller Fall: Im Positiven wie im Negativen.
"RB Leipzig wird außerhalb Leipzigs nicht als ostdeutscher Verein wahrgenommen", sagte Mennicke in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Das wisse er aus vielen Gesprächen mit Fußballfans im Osten.
Der Standort Leipzig und die Tatsache, dass die meisten Stadionbesucher aus dem Osten komme, reiche dazu nicht. "Das gilt im Osten wie im Westen. Nicht der Standort Leipzig, sondern die Struktur des Klubs steht im Mittelpunkt. Und die wird von vielen Fans in ganz Deutschland als Gefährdung der Lebenswelt des klassischen Fußballvereins wahrgenommen", sagte Mennicke, der auch ein Buch über Chemie Leipzig geschrieben hat. Anhänger von RB sähen das aber durchaus anders, ergänzte der Kulturwissenschaftler.
RB Leipzig: Fehlende DDR-Vergangenheit als Vorteil bei manchen Fans
Dass sich RB Leipzig weit nach dem Ende der DDR gründete, sieht Mennicke auch als Vorteil. Es sei für "Fans anderer Klubs einfacher, sich mit RB Leipzig zu identifizieren, weil der Klub nicht mit den alten Rivalitäten im Osten verstrickt ist." Es würde vielen alteingesessenen Fans viel schwerer fallen, zu einem ehemaligen DDR-Oberliga-Rivalen ins Stadion zu gehen, "als das neue Produkt RB Leipzig anzunehmen."
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Allerdings gäbe es bei vielen Fußballfans auch Ablehnung, die sogar bis hin zu "Hassgefühlen" gehe. In Leipzig sieht Mennicke RB inzwischen als Klub "angekommen". Dies sei vor allem im riesigen sportlichen Erfolg des professionell geführten Klubs begründet: "Auch Bayern München hat im ganzen Land so viele Fans, weil der Klub extrem erfolgreich ist. Der Erfolg ist für RB Leipzig das Einfallstor für seine Anerkennung im Osten."
RB Leipzig und Union Berlin: Keine Parallelen im sportlichen Erfolg
Außerdem fülle RB Leipzig eine sportliche Lücke, die es in Region gab. Viele Fans pilgern zu Heimspielen aus Sachsen-Anhalt und Thüringen in die Red-Bull-Arena, um Spitzenfußball zu sehen.
Wenig Parallelen sieht der Kulturwissenschaftler in den Erfolgen von RB Leipzig und Union Berlin. Die Köpenicker spielen diese Saison erstmals in der Champions League, wo Leipzig inzwischen Dauergast ist.
"Man kann beide Standorte inhaltlich nicht in einen Topf werfen. Bei RB existieren von Anfang an professionelle, erfolgreiche Strukturen. Die sind aber von außen nach Leipzig gekommen", sagte Mennicke. In Berlin seien "die richtigen Leute am richtigen Ort zur richtigen Zeit zusammengekommen", mit etwas Glück und harter Arbeit sei so Erfolg möglich. In Leipzig werde ebenso hart gearbeitet, "aber die dortige Finanzkraft macht es deutlich leichter."
Hintergrund: Alexander Mennicke, Jahrgang 1986, promoviert an der Universität Leipzig zum Thema "Ostdeutsche Identitäten und das Vermächtnis der DDR in deutschen Fußballstadien".