Rettet Ralf Rangnicks RB-Philosophie die Bundesliga vor dem Ausverkauf? | RBLive

Irgendwann zwischen Pep Guardiolas Aufstieg in den Trainer-Olymp und dem Einzug des Fußballs in die Champions League der Feuilletons wurden die Fußballphilosophen geboren. Experten wie Martin Gessmann werden befragt, wenn es um die größeren Themen des Sports geht. Die Welt fragte nach einem Gegenmittel zum Geld aus China und bekam Ralf Rangnick als Best-Practice.

Es ist ein Horrorszenario für die Fußballmanager und Fans des Landes, im Grunde in ganz Europa, das nicht nur Martin Gessmann zeichnet: „Die Bundesliga wird leergekauft.“ Dass viele Stars für irrsinnige Beträge ins ferne Asien wechseln, ist für ihn erst der Anfang. Der Konkurrenzdruck aus England sei schon groß genug, was er am Beispiel von Guardolias Lücke nach seinem Weggang bei Bayern München festmacht. Einen Tag, nachdem diese Bayern unter Carlo Ancelotti mit dem FC Arsenal ein englisches Topteam mit 10:2 aus der Champions League katapultierten.

Dennoch ist die finanzielle Ungleichheit der Ligen nicht zu leugnen und eine Antwort darauf vielerorts gefragt. Marti Gessmann hat eine parat: „Wir müssen das tun, womit wir in Deutschland bisher immer am besten fuhren: bescheiden bleiben und mit pfiffigen Lösungen kommen für knifflige Probleme. Möglichst wenig Aufsehen erregen und grandiose Neuerungen einführen. Über Nacht den Fußball auf den Kopf stellen, immer wieder.“

Das habe vor allem Ralf Rangnick in den letzten Jahren perfektioniert. Mit seinen Engagements bei RB Leipzig und TSG Hoffenheim habe er gezeigt, wie erfolgreich er Fußball von Grund auf plant. Denn „Rangnick hat immer dann Erfolg, wenn er ganz bei null anfangen kann“. Dazu sucht er schließlich als Sportdirektor auch nach Spielern, die noch „Platz auf der Festplatte“ haben. Dabei sei seine große Stärke, ganz technisch auf die Bedingungen einer Mannschaft aus jungen Talenten zu reagieren.

„Seine Teams sind noch nicht ausgereift. Es fehlt ihnen an Erfahrung, das heißt konkret: an Übersicht, Coolness und auch noch an Präzision. Die Aufgabe lautet: Finde ein Spielsystem, in dem diese Defizite allesamt keine Rolle spielen.“ Außerdem bringen junge Spieler laut Gessmann weitere Vorteile mit. „Schnelligkeit, Begeisterungsfähigkeit und Aggressivität, und dann wird daraus ein explosives Gemisch.“

Allerdings habe die Konstellation auch Schwachstellen. Einerseits sei die Philosophie durchschaubar und dadurch zu entzaubern, wozu Gessmann Leicester Citys Überraschungsmeisterschaft als Beispiel heranzieht. Andererseits habe ein Sportdirektor mit so viel Machtfülle eine eher kurze Halbwertszeit. „Irgendwann wachen die Bosse auf und wollen wieder mitregieren. Oder Sportdirektor und Trainer verstehen sich nicht mehr.“