Sanierungsstau bei RB Leipzigs Legenden-Dilemma
RB Leipzig möchte seinen Kader verjüngen und bereitet den Abschied von fünf altgedienten Spielern vor. Die Fragen dabei lauten: Kann RB auf die Konstanz von Orban, Gulacsi & Co. verzichten? Und wie bereitet man den Legenden einen Abschied mit Stil?

Leipzig – Die Arbeit in der Sommerpause bei RB Leipzig gleicht derzeit der Renovierung eines maroden Gebäudes mit Sanierungsstau: Es gibt so zahlreiche Baustellen, dass man gar nicht weiß, wo man zuerst anfangen soll. Neben der Trainersuche, die sich nun schon neun Wochen hinzieht, müssen die RB-Bosse auch die Frage beantworten, wie sie mit den alten Helden umgehen.
Letzte Überbleibsel der Leipziger Anfangsjahre
Die Bild-Zeitung hatte zu Beginn der Woche berichtet, dass die fünf erfahrensten und verdientesten Spieler des Klubs allesamt auf der Streichliste stünden: Peter Gulacsi (35), Willi Orban (32), Lukas Klostermann (28), Kevin Kampl (34) und Yussuf Poulsen (30). Das Quintett war in der vergangenen Dekade das Herzstück des erfolgreichen Leipziger Teams und trug den Geist der Leipziger Anfangsjahre von Saison zu Saison – nicht nur auf dem Feld, sondern auch in der Kabine.
Sportchef Marcel Schäfer hatte in seinem Ausblick auf die schwierige Transferperiode nach Saisonende betont: „Das einzige, was zählt, ist die Leistung. Danach werden wir nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden. Wer Leistung bringt, sich mit dem Klub identifiziert und unseren Zielen alles unterordnet, der ist herzlich willkommen.” Ob ein Profi 18 oder 35 sei, spiele keine Rolle.
Abschied mit Stil
Nun soll die Saison ohne Europapokal offenbar doch für einen möglichst radikalen Altersschnitt genutzt werden. Zumindest stehen alle Genannten erst einmal im Schaufenster. Dabei gehörten gerade Gulacsi und Orban zu den wenigen unumstrittenen Leistungsträgern der abgelaufenen Spielzeit, auf die immer Verlass war, deren charakterliche Eignung außer Frage steht und die die RB-Tugenden trotz der Chaossaison so gut es ging hochhielten. Dass es die Mannschaft kompensieren könnte, wenn tatsächlich alle Cracks auf einmal gehen würde, darf bezweifelt werden. Ganz abgesehen davon, dass der Verein wichtige Gesichter und Identifikationsfiguren für die Fanszene verlöre, die zum Teil wie Kampl oder Orban nach Karriereende Jobs im Kub übernehmen soll(t)en.
Dass die Zeit der Ü30-Fraktion eines Tages abläuft, ist der Lauf der Dinge. Doch ganz entscheidend ist, dass man solch verdienten Profis einen würdigen, gut organisierten Abschied verschafft. Zumindest Rekordspieler Poulsen, der 2013 in der 3. Liga zu RB kam und den Weg der Leipziger verkörpert wie kein Zweiter, aber auch die Kapitäne Willi Orban und Peter Gulacsi, die seit Zweitliga-Tagen dabei sind, haben genau wie einst Dominik Kaiser ein Abschiedsspiel verdient, wenn es an der Zeit ist.
Chancen auf gesunden Umbruch verstreichen lassen
Doch es mangelt derzeit wie an vielen Stellen bei RB an Klarheit bei der Planung, weil ohne den neuen Cheftrainer keine wegweisenden Entscheidungen getroffen werden sollen. Nach RBlive-Informationen haben noch gar keine Gespräche mit den Spielern stattgefunden. Offiziell ist ungewiss, wie Rasenballsport mit den Routiniers plant; auch die Suche nach möglichen neuen Klubs hat demnach noch gar nicht begonnen. Zu Beginn des Sommers hängen die langjährigen Leistungsträger also in der Luft.
Das hat auch damit zu tun, dass es Schäfers Vorgänger in der Vergangenheit verpasst haben, Chancen für einen gesunden Umbruch zu nutzen. Poulsen etwa hätte vor zwei Jahren für etwa elf Millionen Euro zu Borussia Dortmund wechseln können, als die Schwarz-Gelben ohne klassischen Neuner dastanden. Doch der perfekte Deal wurde damals von Max Eberl unterbunden. Warum der Vertrag mit Ergänzungsspieler Klostermann erst zu Beginn vergangenen Jahres bis 2028 verlängert wurde, ist ebenfalls fraglich.
Status: schwer vermittelbar
Weil alle in einem fortgeschrittenen Fußballeralter sind, gewisse Ansprüche an einen künftigen Klub haben und Gehälter jenseits der fünf Millionen Euro beziehen, gelten die (Ex-)Nationalspieler allesamt als schwer vermittelbar. Dass RB die Verträge von Orban, Gulacsi, Kampl und Poulsen im Sommer 2026 einfach auslaufen lassen muss, ist derzeit wahrscheinlicher als eine „Oldie”-Transferwelle.