Unfall auf dem Polizeimotorrad Weshalb Rangnick den Spielort Leipzig schätzt
Ausgerechnet in Leipzig will Rangnick mit seinen Österreichern ins Viertelfinale der EM. Ein besonderer Ort nicht nur für den Teamchef. Auch wegen eines Unfalls beim vergangenen Spiel.
Leipzig/dpa/ukr – Der Ort könnte nicht besser sein für Ralf Rangnick: Im Stadion seines größten Erfolgsprojekts kann der 66 Jahre alte Deutsche als österreichischer Nationaltrainer Geschichte schreiben. Noch nie erreichte die Auswahl des deutschen Nachbarlandes bei einer EM-Endrunde das Viertelfinale.
Rangnick auf den Spuren von Otto Rehhagel
Auf den Spuren von Otto Rehhagel, der noch immer der einzige Trainer ist, der mit einer anderen Nation den Titel holte, will sich Rangnick an diesem Dienstag (21 Uhr/MagentaTV) in seiner einstigen fußballerischen Heimat Leipzig auch von der Türkei nicht aufhalten lassen. Nach Rang eins in einer Gruppe mit Vizeweltmeister Frankreich und den Niederlanden ist die starke ÖFB-Auswahl kein Geheimfavorit mehr.
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Fast schon „Heimspielcharakter” habe die Partie gegen die Türkei, sagte Rangnick, vor allem auch wegen der kurzen Heimreise per Bus aus dem Teamquartier im Berliner Grunewald. „Wir müssen nicht irgendwo hinfliegen, da sind uns in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder kuriose Dinge passiert. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir nach Leipzig mit dem Bus fahren können”, sagte Rangnick.
Bei der Einreise zum EM-Qualifikationsmatch im Oktober nach Aserbaidschan etwa saßen Rangnick und sein deutscher Co-Trainer wegen eines formalen Fehlers stundenlang bei der Visa-Kontrolle fest. Selbst vor dem vergangenen Spiel gegen die Niederlande gab es einen Zwischenfall. Ein Polizist, der den ÖFB-Teambus mit dem Motorrad begleitete, war stehend auf der Kreuzung von einem Auto angefahren worden. „Ich habe zu meinem Co-Trainer gesagt: Irgendwas ist immer”, sagte Rangnick und wünschte dem verletzten Beamten gute Besserung.
„Reise zurück in die alte Heimat”
Und natürlich ist die Rückkehr nicht nur organisatorisch, sondern auch emotional optimal. „Für mich und einige meiner Spieler ist es auch die Reise zurück in die alte Heimat, für zwei sogar in die aktuelle”, sagte Rangnick. Während seiner Zeit als großer Macher und Vorantreiber bei RB konnte er von seiner Terrasse auf die Arena blicken. Noch immer hat er eine Stiftung für Schulkinder in der sächsischen Messestadt, deren Weg in die Bundesliga er mit RB maßgeblich geprägt hatte.
Konrad Laimer (Bayern München) und Marcel Sabitzer (Borussia Dortmund), beide von Rangnick geholt, reiften in Leipzig zu internationalen Spitzenspielern. Die aktuellen RB-Profis Nicolas Seiwald und Christoph Baumgartner sind auf dem besten Weg dorthin. Wenn sich Xaver Schlager nicht schwer am Knie verletzt hätte, wäre noch ein dritter Leipziger dabei.
Rangnick hat seinen Fußball weiterentwickelt
Rangnick selbst war zwischen 2012 und 2019 in Leipzig in verschiedenen Funktionen tätig, zweimal auch als Cheftrainer. In der Zeit gelangen der Bundesliga-Aufstieg und mehrere Vize-Meisterschaften. Der 66-Jährige formte den Fußball im Red-Bull-Kosmos: aggressiv, schnell, ohne Umwege nach vorn. Rangnick konnte seine Vision vom Spiel lange ungestört umsetzen.
Beim ÖFB passt es auch deswegen so gut, weil viele Spieler das System eben auch aus Salzburg kennen. Auf den Begriff „Red-Bull-Fußball“ will sich Rangnick jedoch nicht reduzieren lassen. „Das macht nicht wirklich Sinn, denn wir investieren auch viel Zeit dafür, was wir mit dem Ball zu tun haben. Das, was wir spielen, passt optimal zu den Spielern, und darum geht es im Endeffekt.“
„Der Coach ist einfach ein Macher”
Die Österreicher haben auch reife Ballbesitz-Passagen im Angebot und doch schocken sie Gegner gerne früh mit aggressivem Angriffsspiel. Gegen Polen in der neunten, wenige Tage später gegen Oranje in der sechsten Minute gelangen die Führungstreffer. Im Testspiel gegen die Slowakei im März traf Baumgartner gar in der siebten Sekunde.
Spätestens seit dem berauschenden 3:2 gegen die Niederländer ist Rangnick in der Alpenrepublik auf dem Weg zum Lieblingsdeutschen. Seine Absage an die Bayern vor der EM trug dazu einen gehörigen Teil bei. Die Euphorie ist groß. Die ÖFB-Auswahl hat nur zwei der letzten 19 Spiele verloren. Darunter war im März auch eine 6:1-Demonstration gegen die Türken.
„Wir werden uns davon nicht blenden lassen“, versicherte Mittelfeldspieler Florian Grillitsch, der auch ohne Red-Bull-Vergangenheit von Rangnick begeistert ist. „Der Coach ist einfach ein Macher”, sagte der Profi von der TSG Hoffenheim – auch ein Klub, dessen Erfolgsweg maßgeblich von Rangnick geprägt worden war. „Wenn er sich etwas in den Kopf setzt oder will, dann nagt er so lange dran, bis es so ist, wie er es will. Wir als Mannschaft sind sehr glücklich, dass wir ihn haben”, sagte Grillitsch.