Zehn Gegentore in zwei Spielen „Viel zu ängstlich”: Abwehr-Alarm bei RB Leipzig
Domenico Tedesco legt Wert auf eine geordnete und stabile Defensive – doch davon kann bei RB Leipzig nach zehn Gegentoren in den vergangenen zwei Spielen derzeit nicht die Rede sein. Das 0:5 gegen Liverpool hatte der Trainer noch unter der Kategorie Testspiel-Ausrutscher abgehakt. Doch beim 3:5 (0:3) im Supercup gegen den FC Bayern München wurden die gravierenden Mängel im Abwehrverhalten erneut offensichtlich. Mit fünf Gegentoren waren die Leipziger noch gut bedient, hätte Bayern konsequenter zu Ende gespielt und nicht wie bei Sadio Manés beiden nicht anerkannten Treffern knapp im Abseits gestanden, hätte RB noch deutlich mehr Gegentore bekommen können. Eine alarmierende Situation für Tedesco & Co. eine Woche vor dem Ligastart.
Mintzlaff ärgert sich: „Haben das Spiel gar nicht angenommen”
Bayern mit dem überragenden Youngster Jamal Musiala erteilten die Münchner dem Herausforderer eine Lehrstunde. Vor dem 0:1 verteilten Marcel Halstenberg und Konrad Laimer Geschenke, als sie im eigenen Strafraum klein-klein herausspielen wollten und Torschütze Musiala den Ball überließen. Beim 0:2 konnten die Leipziger der Bayern-Kombination über die linke Seite hinsichtlich gedanklicher und körperlicher Schnelligkeit schlicht nicht folgen, als kein Druck auf Passgeber Musiala ausgeübt wurde und Serge Gnabry ohne große Gegenwehr auf Mané flanken konnte.
Und beim 0:3 agierte RB nach kurz ausgeführter, einstudierter Ecke der Münchner viel zu passiv. Musiala konnte sich aussuchen, wem er den Ball in den Fuß spielen konnte und fand den alleingelassenen Benjamin Pavard. Da war das Spiel schon entschieden. „Wir waren viel zu ängstlich. Wir haben das Spiel gar nicht angenommen. Auch die Gegentore müssen wir besser verteidigen”, schimpfte Klubboss Oliver Mintzlaff im TV. Dass Coman dann beim 4:1 Leipzigs Defensive mit einem chirurgisch präzisen Pass in die Schnittstelle auf Müller entblößte und Gnabry abstaubte, passte ins Bild.
Tedesco besorgt: „So schnell wie es geht alle Spieler auf einen Stand zu kriegen”
„Das haben wir selbst hergeschenkt, das ist schade, weil es oft passiert gegen Bayern München”, urteilte Tedesco. „Die erste Hälfte war sehr schlecht von uns, von Bayern sehr gut.” Als Ursache für die Unwucht in der Verteidigung führte der Trainer die unterschiedlichen Leistungsstände seiner Spieler an. „Einige sind in der Lage, die 90 Minuten hochintensiv zu gehen, andere nicht. Wir müssen es so schnell wie es geht schaffen, alle Spieler auf einen Stand zu kriegen und aufs nächste Level zu bringen”, sagte Tedesco besorgt.
Vor allem den viel länger als zunächst angenommen fehlenden Josko Gvardiol vermisst der Pokalsieger schmerzlich. „Wir müssen sehen, dass Josko Gvardiol zurückkommt. Er fehlt uns seit acht Wochen extrem, er ist ein ganz, ganz wichtiger Spieler für uns”, sagte der Coach ungewöhnlich deutlich. Sonst vermeidet es der Fußballlehrer einzelne Spieler derart hervorzuheben. Doch Gvardiol vereint in fittem Zustand alles, was der Leipziger Defensive aktuell fehlt: Körperlichkeit, Geschwindigkeit, Kreativität im Aufbau.
Umstellung auf Viererkette bringt mehr Flexibilität
Positiv zu sehen war, wie sich RB nach der Umstellung auf Viererkette und eine Mittelfeldraute nach einer Stunde fing und viel mehr Zugriff aufs Spiel hatte und Punch entwickelte. Gerade die in der Rückrunde der vergangenen Saison selten gesehen Umstellung auf einen Viererabwehrverbund könnte dem RB-Spiel in der neuen Saison mehr Flexibilität verleihen. Und auch die Einwechsler Dani Olmo und André Silva brachten gute neue Impulse ins Spiel. Dennoch bleibt es viel Arbeit für Tedesco, das Leipziger Spiel wieder zu stabilisieren – von Beginn an, und nicht, wenn es schon 4:1 für den Gegner steht.