„Vier Systemsprenger” St.-Pauli-Präsident Göttlich fordert DFL-Lösung für „Ausnahmeclubs”
Präsidiumsmitglied Oke Göttlich von der Deutschen Fußball Liga hat RB Leipzig, Bayer Leverkusen, die TSG 1899 Hoffenheim und den VfL Wolfsburg als „Systemsprenger” bezeichnet und Nachbesserungsbedarf im Umgang mit ihnen angemahnt. Die DFL müsse dem Bundeskartellamt darlegen, wie sie mit den sogenannten „Ausnahmeclubs”, zu denen er selbst auch Leipzig zählt, umgehe, sagte der Präsident des Zweitligisten FC St. Pauli im Kicker-Interview (Montag, Print). „Das wurde bislang nicht so angepackt, dass es das Bundeskartellamt befriedigt.” Das Bundeskartellamt hatte von der DFL eine Erklärung zum weiteren Umgang mit den Bundesligisten Wolfsburg, Leverkusen und Hoffenheim angemahnt hatte, die von der 50+1-Regel ausgenommen sind. Göttlich benennt nun auch RB Leipzig in diesem Zusammenhang.
Dabei gehe es für ihn um mehrere Fragen: „Wie wird Mitgliederpartizipation gelebt? Wie gibt es einen finanziellen Ausgleich für den finanziellen Vorteil, den diese Klubs genießen?" Es müsse nun „schnell eine Regelung” gefunden werden, betonte der 46-Jährige: „Im Moment ist es eine Wettbewerbsverzerrung, das ist Fakt.” Bis spätestens Februar brauche es Antworten. „Ansonsten stehen wir im März 2023 vor einem Lizenzierungsverfahren, in dem der Wettbewerb nicht mehr integer ist. Daran müssen sich alle handelnden Personen messen lassen", so Göttlich.
Göttlich: „Rattenrennen mit Man City und PSG”
Eine größere Öffnung der Klubs für Investoren hält er weiter für den falschen Weg. Dies sei für ihn lediglich diskutabel, „wenn damit eine Strategiedebatte um Wettbewerbsgleichheit und Spannung” einhergehe und „nicht, um weitere Mittel in dem Rattenrennen” mit Manchester City oder Paris Saint-Germain zu verbrennen.
Der 46-Jährige forderte von der DFL auch in Bezug auf einen möglichen Investoreneinstieg eine klare Linie. „Es ist noch nicht bewiesen, dass Investoren dem Fußball bisher zuträglich gewesen sind”, sagte er. So habe „Investorengeld in den allermeisten Fällen nichts für die Infrastruktur gebracht, sondern mehr Geld im System bedeutete in erster Linie: Mehr Geld für Spieler und Berater.”
RB Leipzig ist dafür freilich ein Gegenbeispiel. Investor und Sponsor Red Bull zahl seit mehr als 13 Jahren in eine nachhaltige Entwicklung in Leipzig ein. Am Cottaweg wurden und werden nicht nur teure Spielertransfers entschieden, sondern nahe des Elsterflutbeckens ist auch eine der modernsten Akademien hierzulande entstanden. Aktuell wird eine neue Geschäftsstelle auf dem Gelände dahinter an der Capastraße für einen hohen zweistelligen Millionenbetrag geplant.
De facto verstößt RB Leipzig nicht gegen die 50+1-Regel
RB verstieß beim Einstieg 2009 de facto nicht gegen die 50+1-Regel, da diese nur für Kapitalgesellschaften galt, Rasenballsport aber bis 2014 keine GmbH war, sondern lediglich die Rechtsform eines Vereins hatte, der von Red Bull kontrolliert wurde. Ein Schlupfwinkel, der zwar gegen den Geist der 50+1-Regel verstieß, juristisch aber eine Grauzone war. Im Zuge der Lizenzierung für die Bundesliga musste sich RB Leipzig umstrukturieren. 99 Prozent der Anteile an der RB Leipzig GmbH liegen bei Red Bull, ein Prozent beim Verein. Rein formell hat der Rasenballsport Leipzig e.V. jedoch wie vorgeschrieben die Stimmenmehrheit in den Vereinsgremien. Allerdings besteht der Verein aus lediglich 20 Mitgliedern, die allesamt entweder bei RB Leipzig angestellt sind oder eine geschäftliche Verbindung zu Sponsor Red Bull unterhalten.
St. Pauli lehnt das Klubkonstrukt von RB Leipzig ab. Als es um eine Ausweichspielstätte für die Pokalpartie zwischen dem Hamburger Klub Teutonia und RB Leipzig ging, teilte St. Pauli per Pressemitteilung mit, „dass wir das Millerntor nicht als Bühne für das Spiel zwischen Teutonia und Leipzig zur Verfügung stellen wollen, denn das Millerntor steht als ein Symbol für einen „anderen Fußball“ – und ist somit denkbar ungeeignet für diese Partie.”