RB LeipzigVorspiel für die Psyche: Welche Bedeutung das erste Match beim Doppelduell zwischen RB Leipzig und BVB hat
Der sonst so schön monoton durchgetaktete Fußball-Terminkalender schlägt bisweilen kuriose Volten. 2009 etwa mussten Werder Bremen und der Hamburger SV in 19 Tagen gleich vier Mal gegeneinander antreten: In DFB-Pokal, Europapokal und Liga lief das Nordderby in Dauerschleife. RB Leipzig und Borussia Dortmund begegnen sich nun kurz vor dem Ende dieser Saison immerhin zwei Mal binnen sechs Tagen. An diesem Samstag steigt das Vorspiel in der Bundesliga (15.30 Uhr), an Himmelfahrt das große Finale im DFB-Pokal (20.45 Uhr/ARD). Das Ligamatch habe sehr wohl „einen gewissen Einfluss auf das Spiel am Donnerstag, deswegen werden wir es mit voller Inbrunst angehen und wollen es gewinnen”, sagte Noch-RB-Trainer Julian Nagelsmann.
Ein Reporter hatte nun ganz vor dem Spitzenspiel tief in die Mottenkiste gegriffen und wollte wissen, ob Nagelsmann wie einst Sepp Herberger bei der WM 1954 gegen die Ungarn (3:8 in der Vorrunde) erst den großen Bluff anordnet, wichtige Spieler schont und eine Niederlage in Kauf nimmt, um dann im Endspiel zu überraschen wie einst die Helden von Bern (3:2 im WM-Finale).
Blufft RB Leipzig wie die 54er-Weltmeister?
Doch derlei Überlegungen sind für Nagelsmann nachrangig. Zum einen will RB gegen den direkten Konkurrenten endgültig die erneute Qualifikation für die Champions League klarmachen. Und zum anderen gehe es mit Blick auf das Endspiel in Berlin auch darum, „Selbstvertrauen zu sammeln”, so der scheidende Trainer. „Jedes Spiel macht etwas mit der Psyche.” Wenn Dortmund mit einem Sieg einen Champions-League-Platz erobern würde, „hätten sie es in der eigenen Hand und gingen mit einem ganz anderen Gefühl ins Pokalfinale und die letzten beiden Bundesligaspieltage”, warnte Nagelsmann. „Wenn wir aber gewinnen sollten, sind sie darauf angewiesen, was Frankfurt und Wolfsburg machen. Das wird Einfluss haben.”
Somit misst der künftige Bayern-Coach der ersten Begegnung des Doppelduells durchaus einen großen Stellenwert bei. Auch, um die Scharte der bisherigen Partien gegen den BVB auszuwetzen. Nur ein einziges Pünktchen hat der 33-Jährige mit RB bisher gegen die Schwarz-Gelben geholt, beim 3:3 in Dortmund. Überhaupt hat der Fußballlehrer gegen keinen anderen Bundesligisten mit nur einem Sieg und fünf Niederlagen eine so schlechte Bilanz wie gegen den Riesen aus dem Pott. „Wir ziehen die Motivation aus unseren Zielen und versuchen, besser auszusehen als wir es zuletzt gegen Dortmund geschafft haben”, sagte Nagelsmann.
Anweisung von Nagelsmann: „Mannbindung mit Haaland aufnehmen”
Im Hinspiel hatte RB den Rivalen 35 Minuten lang mit starkem Kombinationsspiel beeindruckt, dann aber das Spiel aus der Hand gegeben. „Da sind wir in eine Zwitter-Situation gekommen, in der wir uns nicht mehr ganz einig waren, ob wir hoch verteidigen oder tief”, analysierte Nagelsmann. „Wir dürfen sie nicht in die Tempoaktionen kommen lassen”, forderte er, „sowohl was die Restfeldverteidigung angeht, als auch das Erkennen von Pressingmomenten, dass wir nicht unnötig aus der Struktur herausrennen.” Dortmunds Toptorjäger Erling Haaland sollen die Leipziger Abwehrspieler eng decken, „Mannbindung aufnehmen”, heißt das bei Nagelsmann, damit der Hüne mit dem rudernden Armen keinen Platz hat, um sich etwa auf dem Flügel davonzustehlen und seine eigenen Tore einzuleiten.
Für sein Team kündigte Nagelsmann kleinere Experimente hinsichtlich Taktik und Aufstellung an, um die Borussia zu überraschen. Christopher Nkunku und Tyler Adams, die wohl beide gespielt hätten, fallen wegen Rückenproblemen aus. „Wir sind in einer Situation, in der wir das ein oder andere ein bisschen anders machen und variabel auftreten können”, sagte er. „Aber nicht über das ganze Spiel hinweg, weil ich dem Team mit Blick auf Donnerstag sonst den Rhythmus nehme. Wenn man zu viel probiert, verunsichert man die Spieler.” So ein Doubleheader, wie sie im US-Sport sagen, hat eben seine spezielle Dramaturgie. (RBlive/ukr)