Klubs um RB Leipzig gehen in die offensive Welche Erfolgschancen hat eine Klage gegen Zuschauerausschluss im Fußball?
Der Entrüstung nach dem Zuschauer-Beschluss bei den Bund-Länder-Beratungen könnte die Klagewelle folgen. Doch die Erfolgsaussichten sind ungewiss.
Erst leise Kritik, dann ein Sturm der Entrüstung - und nun wohl sogar juristische Auseinandersetzungen: Der Kampf der Fußball-Bundesligisten mit der Politik erreicht neue Sphären.
Das klaglose Hinnehmen von Entscheidungen aus der Anfangszeit der Coronakrise gehört der Vergangenheit an, es bahnt sich eine Klagewelle gegen den nahezu vollständigen Zuschauerausschluss an - doch die Erfolgsaussichten bleiben ungewiss.
„Ich glaube, dass eine Klage eine gute Chance auf Erfolg hat“, sagte der Gelsenkirchener Anwalt Arndt Kempgens den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Klage gegen Zuschauer-Beschränkung: Das sagen Juristen zu Erfolgschancen
Sportrechtler Martin Nolte zeigte sich im SID-Gespräch dagegen deutlich vorsichtiger. „Es kommt auf die jeweilige Corona-Schutzverordnung an“, sagte der Professor der Deutschen Sporthochschule Köln: „Präjudizien gibt es in Deutschland jedenfalls nicht. Es sind viele Maßnahmen gegen Corona angefochten worden. Die Verfahren hatten teilweise Erfolg.“
Eine generelle Prognose falle ihm aber „schwer“. Schließlich, führte er weiter aus, könnten die Urteile von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ausfallen.
Nach den Sonderregeln in Bayern (bis zu 10.000 Fans) und Baden-Württemberg (bis zu 6000 Zuschauer) droht bei juristischen Verfahren ein noch größerer Flickenteppich. Insbesondere in Nordrhein-Westfalen ballt sich der geballte Frust gegen das Quasi-Zuschauerverbot.
Dortmund, Köln und RB Leipzig gehen in die Offensive
„Wir werden uns die Beschlüsse des Landes NRW genau anschauen und prüfen, ob wir sie im Eilverfahren kontrollieren lassen“, sagte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nach der Verlängerung der Maßnahmen auf der Ministerpräsidentenkonferenz - er wagte sich damit als erster aus der Deckung. Kölns Geschäftsführer Alexander Wehrle und Leipzigs Alexander Mintzlaff schlossen sich dem Aufbegehren an.
Mintzlaff forderte von der Politik „pragmatische, logische und nachvollziehbare Entscheidungen“. Die Ergebnisse der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz in Bezug auf Großveranstaltungen seien „für uns nicht nachvollziehbar“ und „natürlich enttäuschend“, wetterte der RB-Geschäftsführer: „Mit uns wird Symbolpolitik betrieben.“
Auch Bayern Münchens Vorstandsboss Oliver Kahn könnte mögliche Klagen nachvollziehen. „Man muss verstehen, dass solche Gedanken aufkommen können, da man die ganze Logik nicht mehr nachvollziehen kann“, sagte der 52-Jährige am Mittwoch in einer Medienrunde.
„Der einstweilige Rechtsschutz ist eine Eilsache"
Doch an erster Stelle müsse der Dialog stehen, deshalb habe er den auch mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach gesucht. Es gehe darum, „dass einer den anderen versteht und man gemeinsam tragfähige Lösungen findet“, betonte Kahn.
Die Zeit des freundlichen Dialogs scheint für viele Bundesligisten jedoch vorbei, sie loten ihre Erfolgsaussichten für eine Klage über ein einstweiliges Rechtsschutzverordungsverfahren aus. Dort werde allerdings „noch nicht über die Gültigkeit der Verordnung entschieden“, erklärte Nolte. Es gehe vielmehr um die Überprüfung, „ob die Gründe für den Erlass einer einstweiligen Anordnung so schwer wiegen, dass sie unabweisbar ist.“
Dabei könne es deutlich vor der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz eine Entscheidung geben. „Der einstweilige Rechtsschutz ist eine Eilsache. Dann werden sich die Gerichte in der Kürze der Zeit mit der Sache befassen. Ich glaube schon, dass das vor dem 9. Februar der Fall wäre“, sagte Nolte. Je schneller, desto besser, werden sich die Vereine denken.