RB LeipzigFootball Leaks: DFB-Kontrollausschuss untersucht Kühn-Wechsel zu RB Leipzig
RB Leipzig muss sich vor dem Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verantworten. Dem Bundesligisten wird vorgeworfen, beim Wechsel von Nachwuchs-Nationalspieler Nicolas Kühn 2015 von Hannover nach Leipzig unerlaubte Honorarzahlungen mit Kühns Beratern vereinbart zu haben. Der deutsche U19-Nationalspieler wechselte diesen Sommer weiter zu Ajax Amsterdam.
Der DFB teilte auf Anfrage von RBlive/Mitteldeutscher Zeitung an diesem Freitag mit, dass der Kontrollausschuss den Vorgang untersuche und „die ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen” prüfe. Angaben zur Dauer und möglichen Konsequenzen wollte der Verband nicht machen.
Hat RB Leipzig mit Berateragentur verbotene Honorare vereinbart?
Hintergrund sind vom NDR präsentierte Dokumente, die nahelegen, dass beim Wechsel 2015 zwischen Kühns Berateragentur und RB Leipzig Provisionszahlungen vereinbart wurden. Das ist laut Verbandsregularien bei Spielern unter 18 Jahren verboten. Kühn war zum Zeitpunkt seines Wechsels 15 Jahre alt.
Den Dokumenten zufolge waren zwischen Verein und der Berateragentur „Spielerrat” ein Honorar von 150.000 Euro vorgesehen, falls Kühn noch vor seinem 18. Geburtstag im Männerteam von RB Leipzig spielt. Dieser Fall trat allerdings nicht ein. Zudem sollten laut E-Mail-Kommunikation 20.000 Euro jenseits von Vereinbarungen „irgendwie & irgendwo” bezahlt werden.
Das Honorar für den Wechsel sollte also offenbar gezahlt werden, ohne dass es offiziell mit dem Wechsel in Verbindung steht. Dabei würde es sich um eine Umgehung der Regel handeln, dass Berater nicht an Wechseln von Minderjährigen verdienen dürfen.
Mutter von Nicolas Kühn sollte mit Job geködert werden
Fragwürdig, aber üblich auch das Vorgehen, direkt die Eltern mit Geld zu locken, dass sie einem Wechsel ihres Sohnes zum betreffenden Verein gewogen gegenüberstehen. Für die Mutter von Nicolas Kühn soll ein fiktiver Job vorgesehen gewesen sein, der ihr 25.000 Euro im Jahr eingebracht hätte. In einer Mail kamen die Berater zu der Einschätzung, dass „Nic und seine Mutter nicht in der Lage sein werden, eine vernünftige und ‚richtige‘ Entscheidung zu treffen”.
Yvo Kühn, Nicolas Vates sieht die Rolle von „Spielerrat” kritisch. Die Agentur habe eine gewisse Nähe zu Ralf Rangnick und RB Leipzig und deshalb beim Wechsel von Nicolas Kühn eine eigene Agenda gehabt, die nicht unbedingt identisch mit den Interessen des Kindes waren. Neben RB hätten viele Bundesligisten wie Bayern München oder Bayer Leverkusen Interesse am Offensivspieler gehabt, der zu dieser Zeit bei Hannover 96 spielte.
DFB-Ethik-Kommission bittet RB Leipzig um Stellungnahme
Aufgrund der Football-Leaks-Dokumente, die auch andere Nachwuchsspieler wie Kai Havertz betreffen, hat auch der DFB-Ethikrat Ermittlungen aufgenommen. In einem ersten Schritt wurde RB Leipzig um eine Stellungnahme gebeten, wie der Kicker berichtete. „Es geht dabei zunächst nur um die Klärung des Sachverhaltes”, erklärt Kommissionschef Klaus Kinkel.
Die DFB-Ethik-Kommission wurde vor zwei Jahren ins Leben gerufen und besteht aus fünf Mitgliedern. Auf der DFB-Website heißt es zu deren Arbeitsweise: „Die Ethik-Kommission ist unabhängig. Sie soll in allen Fällen, die der Integrität und dem Ansehen des DFB und seiner Mitgliedsverbände schaden, insbesondere bei illegalen und unethischen Verhaltensweisen, Ermittlungen aufnehmen. In diesem Zuständigkeitsbereich ist die Ethik-Kommission berechtigt, Untersuchungen einzuleiten und bei hinreichendem Tatverdacht Anklage zur neu gegründeten Ethik-Kammer des Sportgerichts zu erheben.“
Verein und Agentur bestreiten Zahlungen
Welche Folgen auf RB Leipzig zukommen, ist noch unklar. Der Verein betonte gegenüber dem NDR genau wie die Berateragentur, dass im Zusammenhang mit dem Kühn-Wechsel keinerlei Zahlungen von Verein zu Beratern geflossen seien. In Bezug auf die Einhaltung der Regularien sehen sich die Beteiligten also auf der sicheren Seite.
Noch Anfang 2018 hatte RB Leipzig deutlich zum Thema Zahlungen von Geldern an Berater von minderjährigen Spielern Stellung bezogen. Damals nannte Sportdirektor Ralf Rangnick entsprechende illegale Forderungen des Beraters von Umaro Embalo als Grund für das Platzen des eigentlich schon fast abgewickelten Transfers. Über 15 Millionen Euro wollte RB damals für den erst 16-Jährigen bezahlen, aber eben keinen Cent für dessen Berater.
Football Leaks hält Fußballwelt in Atem
Die belastenden Dokumente sind Teil der sogenannten Football Leaks. Dabei handelt es sich um eine Enthüllungsplattform, die Dokumente aus dem Profifußball veröffentlicht. Seit 2016 arbeiten die Whistleblower dabei mit dem Spiegel und einem europäischen Recherchenetzwerk zusammen. Aufgrund der Veröffentlichungen erhob beispielsweise die Madrider Staatsanwaltschaft Anklage gegen Ronaldo wegen Steuervergehen.
In der neuesten Veröffentlichungswelle geht es unter anderem um Pläne des FC Bayern, eine Europäische Super League zu gründen oder Verstöße gegen das Financial Fairplay, bei denen auch aufgrund der Einflussnahme von Gianni Infantino nur geringe Strafen ausgesprochen wurden. Bisher wurde die Echtheit der von Football Leaks vorgelegten Dokumente nicht angezweifelt. Wie die Whistleblower zu ihrem umfangreichen Material kommt, das Verträge, E-Mails und sogar Whatsapp-Nachrichten enthält, ist unklar.