RB LeipzigFrauen von RB Leipzig machen's wie die Männer: Alles begann mit einem Skandal
Zweitklassig sind sie seit vergangener Woche schon. Schritt für Schritt und abseits des großen Rummels arbeiten sich die Fußball-Frauen von RB Leipzig nach oben. Als die Regionalliga-Saison nach 15 Spieltagen wegen der Corona-Pandemie abgebrochen werden musste, war das Team von Trainerin Katja Greulich souveräner und ungeschlagener Tabellenführer. Was schließlich dazu führte, dass der Nordostdeutsche Fußball-Verband (NOFV) die RB-Frauen zum Meister und Aufsteiger erklärte.
„Allein, wenn man sich die Hinrunden-Bilanz mit 37 von möglichen 39 Punkten anschaut, sagt das sicherlich einiges über die Leistung der Mannschaft aus. Wir sind natürlich überglücklich, dass wir nächste Saison in der 2. Liga antreten”, sagt Trainerin Greulich. Irgendwie erinnert der Aufschwung des Frauen-Teams an die Entwicklung der Männer.
Aufschrei in der Landesliga
Zu Beginn 2016 gab es einen Aufschrei im sächsischen Frauenfußball, weil das Team direkt in der Landesliga einstieg – und dort nicht wie angekündigt mit B-Jugendlichen des Vorjahres und als Spielgemeinschaft mit dem LFC 07, sondern als RB Leipzig mit vielen ehemaligen Zweitligaspielerinnen, die die Konkurrenz deklassierten. Es hagelte Protestscheiben, die Konkurrenten drohten mit Boykott. Das Sportgericht des Sächsischen Fußball-Verbandes schloss RB aus dem Landespokal aus. Doch die Streitigkeiten wurden beigelegt und die Rasenballsprtlerinnen zogen ihre Bahnen. 2017 wurden die RB-Frauen Landesmeister, 2019 Landespokalsieger, 2020 Regionalliga-Meister. Dazu schaffte in dieser Saison die 2. Mannschaft den Aufstieg in die Regionalliga.
Nicht nur die Erfolge ähneln denen der RB-Profis. Die ganze Philosophie ist der der Männer angelehnt. Auch im Frauen-Team wird auf junge Spielerinnen gesetzt, die entwickelt werden sollen. „Das Hauptaugenmerk liegt auf unserer Nachwuchsarbeit. Wir wollen junge Spielerinnen weiter bestmöglich ausbilden, damit sie für die Bundesliga wettbewerbsfähig sein werden”, betont Greulich.
Dabei ist Anja Mittag eine große Hilfe. Die ehemalige Nationalspielerin, die Welt- und Europameisterin sowie Olympiasiegerin wurde, gehört seit einem Jahr zu RB. Als Spielerin und als Individualcoach für die Angreiferinnen. „Mich hat die Vision überzeugt, dass der Klub irgendwann in der Bundesliga und sehr wahrscheinlich in der Champions League spielen will. So kann ich einer Mannschaft, die klein anfängt, helfen zu wachsen und etwas Großes auf die Beine zu stellen”, sagte die 35-Jährige in einem Interview für RB-Klubmedien.
Wichtiger Faktor: Nähe zu den Bundesliga-Profis
Mittag ist genau die Akteurin, die sich Trainerin Greulich an ihrer Seite gewünscht hatte. „Wir haben einen großartigen Austausch. Aufgrund ihrer großen Erfahrung ist sie ein wichtiger Ansprechpartner. Sie ist für das Team ein Vorbild auf und neben dem Platz”, sagt Greulich. „Sie ist engagiert, geht voran und ist trotz ihrer Erfahrung wissbegierig. Sie will sich ständig weiterentwickeln und wird ihren Weg auch als Trainerin gehen.”
Ob Mittag auch in der 2. Bundesliga noch aufläuft oder sich ganz dem Coaching widmet, darüber hat die gebürtige Chemnitzerin noch nicht entschieden. Gut möglich, dass deshalb erfahrene Spielerinnen nach Leipzig gelotst werden. „Da können wir natürlich mit unserer Infrastruktur und den sehr guten Trainingsbedingungen punkten. Zudem ist die Nähe zum männlichen Profi-Bereich sicherlich ein Faktor, den nicht alle vorweisen können”, bemerkt die Trainerin, die von der klubinternen Zusammenarbeit begeistert ist. „Wir werden sehr gut unterstützt und spüren die Wertschätzung vom gesamten Verein, das zeigt auch das öffentliche Commitment von Oliver Mintzlaff zum Frauen- und Mädchenfußball im Verein”, berichtet Greulich. „Wir sind noch sehr jung und haben viele Möglichkeiten, die bereits bestehenden professionellen Bedingungen für uns zu nutzen.”
Trainerin Greulich: „Sind ein lernendes System”
Sie habe auch zu den Profis einen kurzen Draht. „Nicht zuletzt deswegen, weil ich zusammen mit Julian Nagelsmann meine Fußball-Lehrer-Ausbildung absolviert habe”, sagt Greulich.
An Meisterschaft und Champions League denken die RB-Frauen jetzt noch lange nicht. „Der Aufstieg bedeutet für uns eine weitere Professionalisierung. Wir werden weiter organisch wachsen und uns Schritt für Schritt weiterentwickeln”, betont die Trainerin. Es sei vermessen, mehr als den Klassenverbleib anzustreben. „Wir werden neu in der Liga sein, wir werden weiterhin eine junge Mannschaft haben und wir sind immer noch ein lernendes System, das Zeit für Entwicklung braucht”, argumentiert Greulich. Dass sich die RB-Frauen im Laufe der Saison im oberen Tabellendrittel wiederfinden, wäre dennoch gut möglich.