RB-Stürmerin Vanessa FudallA im Interview Plötzlich Toptorjägerin der Bundesliga
Sie ist nur 1,53 Meter groß, hat aber einen gewaltigen Schuss und ist in ihrer ersten Saison plötzlich auf Rang eins der Torjägerliste in der Frauen-Bundesliga. Im Interview verrät Vanessa Fudalla das Geheimnis ihres speziellen Schusses und des Aufschwungs der RB-Frauen.
Leipzig – Vanessa Fudalla ist generell ein fröhlicher, offener Mensch. Doch dieser Tage läuft die Topstürmerin der Bundesliga-Frauen von RB Leipzig mit noch besserer Laune als gewohnt über den Campus am Cottaweg. Nachdem sie in den vergangenen beiden Spielen drei Tore erzielt hat, steht sie mit nun sechs Treffern gemeinsam mit drei Konkurrentinnen auf Rang eins der Torjägerliste in der Bundesliga. Vor dem Duell gegen Eintracht Frankfurt an diesem Freitag (18.30 Uhr am Cottaweg) hat sie mit MZ/RBlive über ihren neuen Status, den Aufschwung des Teams im neuen Jahr, Träume von der A-Nationalmannschaft und Prüfungsstress gesprochen.
Vanessa, Sie haben in den vergangenen beiden Spielen drei Tore erzielt und stehen plötzlich mit auf Rang eins der Torschützenliste in der Bundesliga. Sind Sie selbst überrascht?
Vanessa Fudalla: Mich freut das extrem, dass es gerade so gut läuft und ich ganz oben in der Torjägerliste stehe, das kommt schon überraschend. Gerechnet habe ich damit nicht. Ich will mich erstmal persönlich und mit RB Leipzig in der Bundesliga etablieren.
Sie sind gerade im Flow, setzen Sie sich jetzt das individuelle Ziel, wie in der 2. Liga auch im Oberhaus die Torjägerkanone zu holen?
Dieses Ziel habe ich mir vor der Saison nicht gesetzt und das werde ich mir auch jetzt nicht setzen. Ich werde mich nicht selbst unter Druck setzen. Ich schaue, was möglich ist und wie ich dem Team helfen kann: am besten mit Toren und Assists. Sollte ich am Ende relativ weit oben stehen, würde ich mich natürlich freuen.
„Wir waren teilweise überfordert und überrascht in den Spielen”
Worin sehen Sie den Grund, dass RB nach dem schweren Start besser in die Liga gefunden hat und Sie jetzt regelmäßig treffen?
Wir hatten viele Neuzugänge, mussten uns alle erstmal finden, gerade in der Abstimmung in der Offensive mit den Laufwegen. Das hat noch nicht ganz so gepasst. Dazu mussten wir uns an das neue Niveau gewöhnen, alles ist viel schneller und körperlicher in der 1. Liga. Da waren wir teilweise überfordert und überrascht in den Spielen. Jetzt merken wir zum Beginn der Rückrunde, dass wir langsam unser Niveau gefunden haben und auch als Team enger beisammen sind.
War der Saisonstart mit zu großer Erwartungshaltung verbunden? Jeder dachte, dass RB sofort die Liga erobern würde.
Wir haben von außen viel gehört, dass wir bestimmt mit oben dabei sein würden, haben uns aber davon nicht beirren lassen. Wir wussten anfangs selbst nicht genau, wo wir stehen. Jetzt wissen wir es und nehmen die Situation so an.
Weshalb konkret kommen Sie aktuell besser in die Abschlusssituationen?
Beim 4:4 gegen Essen hat man gesehen, dass wir uns jetzt mehr Chancen und Tore herausspielen. Meine vier Treffer zuvor waren ja eher aus der Distanz. Da habe ich mir einfach mal ein Herz gefasst und geschossen. Jetzt merkt man, dass wir uns bessere Situationen kreieren, ich auch mal allein mit mehr Platz vor dem Tor stehe und abschließen kann. Unser Winter-Neuzugang Mimmi Larsson macht wichtige Laufwege, um mich freizuspielen.
Ich habe es einfach im Gefühl, dass der Ball eklig auf die Torhüterin zugeflogen kommt.
Bogenlampen-Expertin Vanessa Fudalla
Bogenlampen aus großer Distanz sind Ihr Markenzeichen. Weshalb beherrschen Sie diese Schüsse so gut?
Ich habe das schon früh immer mal probiert und mir unbewusst diese Technik angeeignet. Ich habe es jetzt einfach im Gefühl, dass der Ball eklig auf die Torhüterin zugeflogen kommt. Viele denken vielleicht, er geht drüber und dann senkt er sich doch noch ins Tor. Weil wir merken, dass es für die Keeperinnen relativ schwer ist, diese Bälle einzuschätzen, habe ich auch die Freiheit vom Team und vom Trainer , dass ich immer mal wieder abziehe und man mir das Vertrauen schenkt, dass er reingeht.
Ermutigt Sie Trainer Saban Uzun, dieses Stilmittel anzuwenden?
Wir sagen generell, dass wir Abschlüsse suchen wollen, weil wir als Aufsteiger oft nicht so viele Torchancen haben. Gerade gegen überlegene Teams ist man froh, wenn man mal einen Schuss aus 25 Metern wagt. Saban sagt: Mach einfach, wenn keine Mitspielerin besser steht.
Vanessa Fudallas „ganz großer Traum” von der deutschen Nationalmannschaft
Sie gehören mit 1,53 Metern Körperlänge zu den kleinsten Bundesligaspielerinnen. Wie haben Sie sich die Schussstärke angeeignet, damit die Bälle aus 30 Metern optimal aufs Tor fliegen?
Das kommt einfach mit der Zeit vom Training, durch Abschlüsse und Krafttraining. Meine Stärke ist eher die Präzision, aber ich habe auch keinen soften Schuss.
Welcher ist der nächste Entwicklungsschritt für Euch? Wo liegen die Schwerpunkte für die nächsten Spiele?
Gegen Essen haben wir schonmal gesehen, dass wir in der Nachspielzeit kein Tor mehr fangen. In der Hinrunde hätten wir da womöglich noch 4:5 verloren. Wir schießen mehr Tore, müssen jetzt auf das gesamte Gebilde schauen, dass wir ein kompaktes Konstrukt bilden, um weniger Tore zu kassieren und Führungen klar auszuspielen. Wir waren jetzt schon öfter in Führung, haben aber die Spiele nicht nach Hause gebracht.
Horst Hrubesch hat gerade den Kader für die A-Nationalmannschaft nominiert und Sie vergessen. Wie realistisch ist Ihr Traum vom DFB-Team?
Das ist nach wie vor ein ganz großer Traum von mir und ich hoffe, dass ich irgendwann mal das Trikot der Nationalmannschaft tragen darf. Aber aktuell liegt mein Fokus auf RB, ich will den Klassenverbleib schaffen. Wenn eines Tages ein Anruf vom Bundestrainer kommen sollte, dann wäre ich überglücklich. Aber ich werde nichts erwarten und nichts überstürzen.
Aber ein Antrieb ist das schon für Sie?
Ja, als langfristiges Ziel. Aber ich freue mich natürlich, wenn mein Name als Erste in der Torjägerliste ins Gespräch kommt und mal bei der Nationalmannschaft fällt.
Sportmanagement-Studium neben der Profikarriere bei RB
Was machen Sie außer Fußball?
Ich bin gerade von einem Lehramtsstudium für Sport und Latein zu Sportmanagement gewechselt, schreibe gerade Prüfungen. Am Montag steht die letzte für dieses Semester an. Dann kann ich erstmal entspannen.
Wie ticken Sie privat?
Ich bin ein gelassener Mensch, komme mit jedem gut klar, habe für alle ein offenes Ohr und versuche, viel mit Freunden und Familie zu unternehmen und möglichst oft nach Hause nach Nürnberg zu fahren. Familie ist ein großes Thema für mich, sie unterstützt mich bei jedem Spiel, meine Eltern sind immer dabei. Sonst bleibt neben dem Studium und Leistungssport nicht viel Zeit für andere Hobbys oder Sportarten: Ich bin halt voll auf Fußball gepolt. (lacht)