RB LeipzigUnterstützung für homosexuelle Fußballer: Wie "11 Freunde" RB Leipzig für Titelstory gewann
Um die Beziehung zwischen "11 Freunde" und RB Leipzig ist es traditionell sehr schlecht bestellt. Das Magazin um Chefredakteur Philipp Köster betrachtet den vom Red-Bull-Konzern gegründeten und alimentierten Klub als Sündenfall für die Fußballkultur - und hat aus dieser Meinung nie einen Hehl gemacht. Nun haben beide Seiten vorübergehend das Kriegsbeil begraben.
Anlass ist die neue Titelgeschichte des Fußball-Magazins. Darin sichern 800 Spielerinnen und Spieler, Trainer und Funktionäre aus dem deutschen Fußball homosexuellen Profis unter dem Motto "Ihr könnt auf uns zählen!" im Falle eines Coming-outs Unterstützung zu. In der langen Liste findet sich auch der "Mannschaftsrat von RB Leipzig stellvertretend für den Gesamtverein" - was durchaus eine Überraschung ist. Laut RBlive-Informationen musste man bei RB nicht lange überlegen, im Sinne der guten Sache bei der Aktion des RB-kritischen Hefts mitzumachen.
Philipp Köster erklärt Beweggründe für Anfrage an RB Leipzig
Warum 11 Freunde überhaupt den Kontakt zum "Lieblingsfeind" (Spiegel) aufgenommen hat, erklärt der Magazin-Boss auf Anfrage von RBlive/Mitteldeutsche Zeitung: „Es war völlig unumstritten, die Spieler von RB Leipzig auch um Teilnahme an der Aktion zu bitten", teilte Philipp Köster schriftlich mit. "Ganz unabhängig von unserer Position dem Klub gegenüber, wäre es kleinkariert und nicht nachvollziehbar gewesen, die Leipziger auszusparen. Beim Magazin sei man froh, "dass die Spieler sich so zahlreich beteiligt haben", so Köster.
RB Leipzigs Frauen unterstützen Aktion von 11 Freunde namentlich
Im Gegensatz zur Profimannschaft, aus der nur Schlussmann Peter Gulacsi einzeln gelistet wurde, waren viele Rasenballsport-Frauen namentlich im Heft vertreten. Darunter Kapitänin Marie-Luise Herrmann und Torhüterin Gina Schüller. 11 Freunde hatte es freigestellt, im Kollektiv oder persönlich genannt zu werden. Zu den Unterzeichnern des Aufrufs gehören auch ehemalige RB-Angestellte wie Coach Robert Klauß (1. FC Nürnberg), Dominik Kaiser (Hannover 96) und Torhüter Erik Domaschke (SV Meppen).
In der Vergangenheit hatten sich RBL und seine Fans immer wieder gegen Homophobie ausgesprochen. Durch Choreografien im Stadion oder durch das Hissen der Regenbogenfahne vor der Red-Bull-Arena anlässlich des Christopher Street Days. 2019 unterschrieb RB die Berliner Erklärung - ein wichtiges Zeichen gegen Homophobie, Sexismus, Rassismus und Intoleranz im Fußball und im Stadion.
Julian Nagelsmann besuchte queeren RB-Fanklub
Mit den Rainbow Bulls existiert seit 2017 auch ein queerer Fanclub, dem Trainer Julian Nagelsmann sogar schon einen Besuch abgestattet hat. "Wenn ein homosexueller Spieler mir sagen würde, ich bin nicht frei und kann mich auch in meiner Leistung nicht entwickeln, würde ich ihm sagen: 'Oute dich, steh dazu'. Ich habe damit gar kein Problem", sagte Nagelsmann bei seinen Treffen mit den Fans 2019.
Bis heute hat in Deutschland noch kein aktiver Profifußballer sein Coming-out gefeiert. Im Frauenfußball gibt es dagegen zahlreiche offen homosexuell lebende Sportlerinnen. Zuletzt hatte Weltmeister Philipp Lahm, schwulen Kickern davon abgeraten, zu ihrer Sexualität zu stehen. Sie sollten lieber warten, bis die aktive Phase ihrer Karriere vorbei ist, schreibt Lahm laut Bild-Zeitung in seinem Buch "Das Spiel: Die Welt des Fußballs".
11 Freunde sendet nun - mit Unterstützung von RB Leipzig - ein deutlich optimistischeres Signal an die homosexuellen Fußballer: "Ihr könnt auf uns zählen!" Dafür ruht sogar die Fehde zwischen Kösters Truppe und dem Lieblingsfeind - wahrscheinlich aber nur für kurze Zeit.