analyse des neuen RB-Trainer Diese Zahlen sprechen für Werner – und diese gegen ihn
Kann Ole Werner die Spielidee von RB Leipzig wieder schärfen? Die Datenanalyse von Virtual Football zeigt, in welchen Elementen Werner RB-Ball spielen lassen kann – und in welchen seine bisherigen Teams Schwächen zeigten.

Leipzig/ukr – Die große Frage, die nach der offiziellen Verpflichtung von Ole Werner als neuen RB-Trainer über dem Cottaweg schwebt, lautet: Passt der Ex-Bremer tatsächlich zu RB Leipzig? Wie er als Typ in der komplexen RB-Struktur zurechtkommt – zumal bei seiner ersten Station bei einem Topklub – werden die nächsten Wochen und Monate zeigen.
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Taktisch lassen sich anhand der Spielweise von Werder Bremen in den vergangenen Jahren zumindest erste Rückschlüsse ziehen, ob und wie gut der 37-Jährige zur RB-Spielphilosophie passt. Im Auftrag von RBlive haben die Spielanalyse-Experten von Virtual Football relevante Daten ermittelt.
Generelle Spielweise von Werder unter Werner
Für eine Bewertung des Werner-Fußballs bietet sich natürlich zuerst ein Blick auf die vergangene Saison von Werder Bremen war, die mit Platz acht und 51 Punkten die beste der Grün-Weißen seit dem Wiederaufstieg war.
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Generell betrachtet, adaptierte Werder je nach Gegner seine Spielweise und zeigte sich taktisch flexibel. Gegen vermeintlich schwächere Gegner agierte Werder gern auch mal dominant, gegen favorisierte Teams eher defensiv.

Die Offensive: Hohe Frequenz, hohes Tempo, viele zweite Bälle
Der Stil der Bremer war durch hohe Passfrequenz und hohes Spieltempo in Verbindung mit direktem, flachem Spiel geprägt. Auffällig war der Fokus auf schnelle Konterangriffe. Vor allem im Kampf um zweite Bälle, also bei Abprallern oder nach Ballverlusten, war Werners Elf sehr aktiv. Klare Attribute des RB-Spielstils, den auch die Leipziger in der kommenden Saison wieder klarer zeigen müssen.
Auffällig agierten die Bremer bei der Anzahl der Steckpässe hinter die gegnerische Abwehr. 5,5 Mal pro Spiel gelangen solche tödlichen Pässe durch die Gasse – nur Bayern München ist in dieser Statistik besser. So kreierte Werder zahlreiche Torchancen und erspielte sich einen Expected-Goals-Wert von 54,4 – Rang sechs in der Liga. Das spiegelt sich auch in der Statistik der Ballkontakte im gegnerischen Strafraum wider (18,5 pro Spiel), in der Werder ebenfalls Rang sechs belegt. Die Werte belegen – immer gemessen an den Möglichkeiten der Bremer – ein zielstrebiges und gut durchdachtes Offensivspiel mit deutlichen Anleihen bei typischen RB-Charakteristiken.

Die Defensive: Schwach bei Defensiv-Zweikämpfen, Durchschnitt im Pressing
Defensiv hingegen agierten die Bremer hinsichtlich der RB-DNA durchschnittlich. Pro Spiel führte der viermalige Deutsche Meister nur 52,7 defensive Zweikämpfe im Schnitt – lediglich Platz 15 der Liga. Die Erfolgsquote lag bei den Defensiv-Zweikämpfen bei 63 Prozent im Mittel – ein durchschnittlicher Wert. Auch der Pressingwert PPDA (Passes Per Defensive Action) ist mit 13,7 nur durchschnittlich intensiv. Gleiches gilt für die eigene Pressingresistenz.
Die Aufstiegssaison: Kann Werner Topteamfußball?
Nun lässt sich der Status von Werder Bremen nicht mit dem von RB vergleichen, daher passte Werner den Spielstil auf die Ambitionen im gehobenen Mittelmaß an. Insofern lohnt ein Blick auf die Aufstiegssaison der Bremer 2021/22, als Werder in vielen Spielen als Favorit galt und Topteam-Fußball spielen musste.
Werners Aufstiegself spielte damals einen hochintensiven Offensivfußball, der sich durch die meisten Abschlüsse der Liga (15,5 Schüsse pro Spiel) und intensives Pressing auszeichnete (PPDA: 8,1). Gleichzeitig hatte das damalige Team um die Eggestein-Brüder, Leonardo Bittencourt und das Sturmduo Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch eine relativ hohe Ballbesitzquote von 56 Prozent.
Auch defensiv gehörte Werder in jener Saison mit 66 pro Spiel geführten Zweikämpfen zu den Topteams. Bei den Balleroberungen im letzten Drittel erzielte die Werner-Elf ebenfalls einen absoluten Spitzenwert (16,6 pro Spiel).
Fazit
Ole Werner hat in seiner Bundesliga-Zeit bewiesen, dass er sich pragmatisch und flexibel an die Gegebenheiten einer Liga und an die Qualitäten seines Teams anpassen kann. Das Offensivspiel, das der ehemalige defensive Mittelfeldspieler und Linksfuß anleitet, passt daher durchaus zur RB-DNA. Mit dem aus Bremen bekannten schnellem und flachem Dreiecksspiel, außergewöhnliche vielen angekommenen Steckpässe und dem rasanten Konterspiel mit vielen Durchbrüchen kann Werner Rasenballsport durchaus weiterbringen. Hinsichtlich des Defensivspiels dagegen zeigte Werners Team zuletzt wenig, was auf RB-Pressingfußball hindeutet. Diesbezüglich muss sich Werner steigern und den im Red-Bull-Imperium reichlich vorhandenen Input annehmen.
In seiner Anfangszeit in Bremen in der 2. Liga zeigte Werner durchaus, dass er – wenn sein Kader und die Gegebenheiten es hergeben – gut zur typischen RB-DNA passt und intensiven Pressing- und Umschaltfußball spielen lassen kann, wobei auch Ballbesitz-Elemente nicht zu kurz kommen. Doch diese Erkenntnis rührt freilich aus der 2. Liga. Nun muss Werner dies auf Bundesliga-Spitzenniveau und danach im besten Falle international nachweisen.