Chancenverwertung in der Analyse Was RB vor dem Tor fehlt
Trainer Marco Rose und die Spieler haderten nach dem 1:2 gegen den VfL Wolfsburg mächtig mit sich selbst. Zum ersten Mal in dieser Saison waren die Leipziger nach einer Partie komplett zerknirscht. Zusammen mit der Zweikampfführung in der Defensive war die Chancenverwertung das Hauptthema der Analyse von Rose.
Für beide Probleme fand Rose ein Muster, das sich (nicht nur) durch dieses Spiel zog. „Ist es Konsequenz, Gier, Aufmerksamkeit?”, hinterfragte er seine Spieler. Keiner dürfe nun Pech als Ausrede heranziehen. „Das reicht mir nicht. Ich will, dass wir den nächsten Schritt machen, was unsere Haltung betrifft”, forderte Rose und rief zur geschlossenen Trotzreaktion auf.
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Rose hinterfragt das Team: „Konsequenz, Gier, Aufmerksamkeit?”
Aus 25 Torschüssen und einem halben Dutzend Großchancen resultierte nur ein einziger Treffer zum zwischenzeitlichen Ausgleich durch Yussuf Poulsen nach Lois Opendas präziser Vorarbeit (52.). Danach hatte RB die beste Phase des Spiels, ließ aber Hochkaräter am Fließband liegen. Poulsen scheiterte nach Traumkonter über Openda und Xavi Simons (60.) ebenso wie „Chancentod” Openda selbst (61., 79., zuvor: 17., 27.).
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Poulsen hadert mit Punktverlusten: „Gefühl, besser zu sein”
Mit nun elf Punkten Abstand auf Tabellenführer Leverkusen hat Rasenballsport die Tuchfühlung zur Tabellenspitze endgültig verloren und ließ im Kampf um die Champions-League-Ränge eine Woche vor dem direkten Duell in Dortmund auch die Borussia vorbeiziehen. Wie schon gegen Mainz und Bochum schenkte RB Zähler leichtfertig her. „Die Punkte, die wie in diesem Jahr verloren haben, waren in den Spielen, in denen wir das Gefühl hatten, besser zu sein”, haderte Poulsen.
Dabei ist die Chancenverwertung keineswegs ein Thema, das sich bei RB durch die gesamte Saison zieht. Im Gegenteil: Laut dem Expected-Goals-Wert ist Rasenballsport das zweitbeste Team der Liga, was das Verwerten von Möglichkeiten angeht. RB hat 29 Treffer erzielt, erwartbar waren angesichts der Qualität der Gelegenheiten aber nur 22,44 Tore. Mit der Differenz von 6,56 haben die Leipziger den zweitbesten Wert hinter Bayer Leverkusen (7,49).
Openda auf Rang zwei der Chancentod-Tabelle
Laut sofascore erspielen sich die Leipziger 3,1 Großchancen pro Spiel und lassen durchschnittlich 1,7 dieser Top-Gelegenheiten liegen. Zum Vergleich: Die ersten Drei der Bundesliga kreieren mindestens 4,1 Großchancen im Schnitt und vergeben 2,1 bis 2,5 dieser Gelegenheiten. Christoph Baumgartner umschrieb das in Wolfsburg mit mangelnder Durchschlagskraft, dass
Bei RB lässt vor allem Toptorschütze Lois Openda noch zu viel liegen, was er auch selbst bei jeder Gelegenheit selbstkritisch anmerkt. Der Belgier vergab acht Topchancen und belegt damit Rang zwei in der Bundesliga hinter Leverkusen Boniface (15 vergebene Topchancen).
Zu wenig Druck aus der zweiten Reihe
Auffällig bei RB ist zudem, dass zu viele Spieler zu wenig Torgefahr ausstrahlen. Von Xaver Schlager, Amadou Haidara, Kevin Kampl und David Raum kommt zu wenig aus der zweiten Reihe, weil sie wie Schlager und Haidara zu selten in gute Schusspositionen kommen und auch nicht den Drang zum Toreschießen haben. Andere wie Benjamin Henrichs sind oft in guten Situationen, aber vor dem Tor oft nicht entschlossen genug – so wie in der ersten Hälfte in Wolfsburg, als Henrichs den Ball im Strafraum frei vor sich hatte.
Auch von Emil Forsberg und Christoph Baumgartner geht zu wenig Torgefahr aus – auch wenn speziell der Österreicher extrem schussstark treffsicher ist. Doch bei RB hat er seine Rolle noch nicht so gefunden wie im Nationalteam. So liegt zu viel Last und Erwartungshaltung auf Xavi Simons und Lois Openda, die zwar 13 der 29 Bundesliga-Tore geschossen haben, die RB-Offensive noch nicht allein tragen können.