"Wenn andere feiern gegangen sind, lag ich im Bett" Ex-RB-Talent Senkbeil im Interview: Wie ihn die Zeit in Leipzig und beim FC Bayern geprägt hat
Kilian Senkbeil wechselte aus der U19 von RB Leipzig zur zweiten Mannschaft des FC Bayern. Heute kickt der gebürtige Leipziger für den FSV Zwickau in der Regionalliga Nordost - und spricht im RBLive-Interview über eine Karriere mit Höhen und Tiefen.
Leipzig/fri - Er war Kapitän der U19 von RB Leipzig, spielte später für die Zweite des FC Bayern und kam bei zwei Testspielen sogar für die Bayern-Profis zum Einsatz. Im RBLive-Interview spricht Innenverteidiger Kilian Senkbeil (25) über die Ziele mit seinem aktuellen Verein FSV Zwickau, einen überraschenden Pokalsieg in Lettland, den Stolz, mit dem Bayern-Trikot aufzulaufen und Entbehrungen als Nachwuchskicker am Cottaweg.
Nach einem schwachen Saisonstart habt ihr euch stabilisiert und steht derzeit auf dem vierten Platz. Wie fällt ihr Zwischenfazit zur Saison in Zwickau aus?
Senkbeil: Nach dem schwierigen Start, mit viel auf und ab, können wir insgesamt sehr zufrieden sein. Die Ergebnisse und Leistungen der letzten Wochen haben klar gezeigt, dass wir als Mannschaft eine positive Entwicklung genommen haben. Diese gilt es jetzt in der Rückrunde fortzuführen, um unsere gute Platzierung zu verteidigen oder sogar noch weiter zu verbessern.
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Wie zufrieden sind Sie persönlich – mit ihren Leistungen und Einsatzzeiten?
Senkbeil: Schon eher durchwachsen. Es war ein schwieriger Start in die Saison und dann habe ich noch eine Sperre nach roter Karte zum ungünstigen Zeitpunkt kassiert. Für die Rückrunde hab ich mir auf jeden Fall viel vorgenommen und will wieder jede Woche von Anfang an auf dem Platz stehen.
Wie sehen die Ambitionen in Zwickau aus – auch perspektivisch?
Senkbeil: Jetzt wollen wir erstmal eine gute Rückrunde spielen. Mal schauen, was da noch möglich ist. Perspektivisch, denke ich, wird in den nächsten Jahren sicherlich auch die 3. Liga wieder das Ziel sein. Zwickau ist ein besonderer Verein mit großer Tradition und überragender Fanunterstützung. In der Hinsicht wären die Voraussetzungen auf jeden Fall da, natürlich müssten die aber auch aus finanzieller Sicht gegeben sein.
"Gegen Chemie und Lok macht es richtig Spaß"
Wie reizvoll ist es, in der Regionalliga zu kicken auch im Hinblick auf die Fankultur?
Senkbeil: Also letztes Jahr hatten wir im Schnitt über 5.000 Fans. Auch auswärts sind immer viele Fans dabei. Das ist schon was Besonderes. Es gibt viele coole Derbys – in Chemnitz im August waren 10.000 Zuschauer im Stadion. Das ist schon stark für die Regionalliga. Auch gegen Chemie und Lok macht es richtig Spaß.
Sie haben in der Jugend lange bei RB Leipzig gespielt. Haben Sie sich bei den Zwickauer Fans, die RB teilweise kritisch sehen, bei dem Wechsel 2023 noch mal extra beweisen müssen?
Senkbeil: Nein, das war überhaupt kein Thema. Meine Zeit in Leipzig liegt ja auch schon länger zurück. Bei uns gibt es drei, vier im Team mit RB-Vergangenheit. Man trifft jede Woche in der Liga auf Ehemalige in anderen Teams.
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Sie sind in den letzten Jahren recht viel herumgekommen: Leipzig, München, Meuselwitz, Freiberg, FK Auda in Lettland. Was haben Sie von all den Stationen mitgenommen für die weitere Karriere und fürs Leben?
Senkbeil: Gerade die Zeit im Ausland war prägend, auch wenn es nur sechs Monate waren. Eine andere Kultur, eine andere Sprache, Mitspieler aus der ganzen Welt. Das stärkt für die Zukunft, auch was die Selbstständigkeit angeht. Es hätten auch zwei, drei Stationen weniger sein können, aber ich denke schon, dass ich daran gewachsen bin.
Pokalsieg immer eine "schöne Erinnerung"
Sie sind mit Auda als Aufsteiger lettischer Pokalsieger geworden.
Senkbeil: Genau. Das war auf jeden Fall etwas Besonderes. Das gelingt nicht jedem. Klar hat es jetzt nicht die Wertigkeit wie in anderen Ländern, aber das wird immer eine schöne Erinnerung bleiben
Wie lief das Finale für Sie?
Senkbeil: Da habe ich durchgespielt, wir haben eins zu null gegen FK RFS aus Riga gewonnen, den mehrfachen Meister und Pokalsieger der letzten Jahre. Es war ein enges Spiel und wir waren eigentlich nicht der Favorit. Aber wir haben es hinten raus gut verteidigt. Das war für Auda der allererste Pokalsieg der Vereinsgeschichte.
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Aus Lettland haben Sie den Pokalsieg mitgebracht. Was haben Sie von der prägenden Zeit bei RB unter Trainern wie Robert Klaus und Alexander Blessin mitgenommen für die weitere Karriere?
Senkbeil: Ich war ja acht Jahre bei RB und habe auch die ganze Entwicklung mitgemacht. Das Trainingszentrum am Cottaweg gab es ja damals noch gar nicht. Die taktische Ausrichtung mit Umschaltspiel und Gegenpressing hat mich sehr geprägt, weil ich ja wirklich meine gesamte Jugendzeit im Verein verbracht habe.
Sie haben im RB-Nachwuchs unter anderem mit Ermedin Demirovic, Jeff Chabot (beide VfB Stuttgart) und Vitali Janelt (FC Brentford) gespielt. Hat man schon gesehen, dass die es mal ganz weit bringen?
Senkbeil: Ja, man hat schon gesehen, dass sie Talent haben. Klar konnte man nicht voraussagen, wie hoch das dann für sie geht. Aber es freut mich natürlich und ich verfolge ihre Karrieren, auch wenn es keinen direkten Kontakt mehr gibt.
Gab es auch Entbehrungen und Druck als Jugendspieler bei einem Klub mit so großen Ambitionen wie RB?
Senkbeil: Natürlich. Wenn andere feiern gegangen sind, lag ich im Bett. Ich glaube, in der Jugend habe ich das nicht so wahrgenommen. Mein Fokus war wirklich komplett auf Fußball gerichtet. Jetzt im Nachhinein, wo es doch nicht zur ganz großen Karriere gereicht hat, fragt man sich schon ab und zu, ob es das alles wert war. Aber ich trauere da eigentlich nichts hinterher.
FC Bayern und RB "ein Level"
2018 sind Sie aus der U19 von RB zur zweiten Mannschaft des FC Bayern gewechselt, mit dem Sie prompt in die 3. Liga aufgestiegen sind. Wie würden Sie die Zeit dort mit der bei RB vergleichen?
Senkbeil: In Sachen Professionalität ist es ein Level. Beide Vereine gehören sicherlich mit zu den Top-Adressen in Deutschland und Europa. Bei Bayern lag vielleicht ein bisschen mehr der Fokus auf Ballbesitzspiel, Passspiel, Technik, was bei RB damals ja noch nicht so war. Da ging es vor allem um Umschaltspiel und Gegenpressing.
War es speziell, für den FC Bayern aufzulaufen?
Senkbeil: Ja, natürlich. Klar war es damals irgendwo Alltag, aber jetzt gerade im Nachhinein bin ich natürlich schon dankbar, auch mal für so einen Verein, einen der größten Vereine der Welt, gespielt zu haben, an der Säbener Straße trainiert zu haben. Wenn man da auswärts auftaucht, auch als zweite Mannschaft, spürt man: Da liegt was in der Luft, die sind jetzt völlig gegen uns. Aber auch der Auswärtsblock war eigentlich immer voll, weil es ja quasi überall Bayernfans gibt.
Sie waren nach der Bayernzeit erstmal ein paar Monate vereinslos. Wie kam es dazu?
Senkbeil: Da habe ich vielleicht ein paar falsche Entscheidungen getroffen, hinzu kamen ein paar körperliche Probleme. Das war sicherlich mental die schwierigste Zeit meiner Karriere. Du kommst von Bayern und dann stehst du ohne Verein da.
Haben Sie auch daran gedacht, aufzuhören?
Senkbeil: Nein, das war eigentlich noch kein Thema. Ich bin dann im November 2021 nach Meuselwitz in die Regionalliga gewechselt, wo ich mich zuvor auch fit gehalten hatte. Im Anschluss kam der Wechsel nach Litauen.
Senkbeil will noch mal in die 3. Liga
Sie sind 25. Was für Ziele haben Sie noch als Fußballer?
Senkbeil: Noch mal im richtigen Profifußball spielen, also dritte Liga. Viel mehr wird, glaube ich, schwer möglich sein. Wenn wir mit Zwickau irgendwann den Aufstieg schaffen, wäre das schön. Ich fühle mich hier wohl und kann mir vorstellen, länger zu bleiben. Aber da muss man auch immer ein bisschen schauen: Wie ist die Perspektive, wie geht es weiter?
Haben Sie einen Plan B nach dem Fußball?
Senkbeil: Ich studiere im Fernstudium BWL an der Internationalen Hochschule (IU).
Lässt sich das gut vereinbaren mit dem Training und Spielplan?
Senkbeil: Ja, die Zeit hast du schon. Wir trainieren ein- bis zweimal am Tag. Man muss sich natürlich schon ranhalten und dann auch immer selbst motivieren. Das fällt mir manchmal ein bisschen schwer, weil ich das ein paar Jahre auch nicht so hatte. Aber ich komme besser und besser rein. Ich will das durchziehen.
Was wollen Sie mit dem BWL-Studium machen?
Senkbeil: Den großen Business-Plan habe ich nocht nicht (lacht). Ich will erstmal was in der Tasche haben.
Hat Kilian Senkbeil noch ein großes Talent neben dem Fußball?
Senkbeil: Wir spielen viel Dart in der Mannschaft. 140 Punkte habe ich mit drei Pfeilen schon ein paar Mal geschafft. Die Profis werfen 180.