Kritik an fehlender Haltung zum Spartak-Boykott Mintzlaff kämpft mit den Tränen: „Wie krank ist das eigentlich?”
Als es um die Kritik an RB Leipzig wegen angeblich fehlender Haltung zu einem Boykott der Europa-League-Spiele gegen Spartak Moskau ging, schossen Oliver Mintzlaff in der Ukraine die Tränen in die Augen. Der RB-Boss nahm die Pressekonferenz vor dem DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Hannover 96 (Mi., 18.30 Uhr) zum Anlass, um sich zu erklären, warum RB Leipzig so lange damit gewartet hatte, eine Position zu in der Causa zu kommunizieren.
RB hatte zunächst keinen Boykott erwogen und eilig Ticketinformationen für die Heimpartie gegen Spartak an die Dauerkartenbesitzer verschickt. Mintzlaff hatte bis Montag öffentlich dazu geschwiegen, ehe die Uefa die Moskauer am Montagabend aus dem Wettbewerb ausschloss.
So emotional wie noch nie während seiner knapp achtjährigen Amtszeit bei RB sagte der sonst bei öffentlichen Auftritten meist eine Spur zu glatte Manager angesichts des Krieges mit tränenerstickter Stimme und sicht- und hörbar aufgewühlt: „Es wird immer schnell geschossen und die Klischees bedient, dass RB Leipzig nur ein Konstrukt sei, Geld verdienen und seine Marke pushen wolle. Da kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Uns hat das hier auch alles betroffen gemacht und extremst beschäftigt. Ich bin auch emotional angegriffen. Wenn man dann so viel Scheiße liest, fragt man sich manchmal: Wie krank ist das eigentlich?”
Gemeint war unter anderem 11Freunde-Chefredakteur Philipp Köster, der seinem Feindbild RB ein „Lavieren in der Ukraine-Frage” unterstellte, das „nur konsequent für einen Klub” sei, „der ausschließlich auf Geschäftemacherei ausgerichtet ist. Nichts soll dabei stören, auch kein Krieg mitten in Europa.” Noch am Montag, als der Ausschluss bereits feststand, veröffentlichten Tagesspiegel und 11Freunde einen zu diesem Zeitpunkt unaktuellen und eindimensionalen Kommentar mit dem Titel „Schämt Euch!”.
Mintzlaff: Uefa wollte die Entscheidung, Spartak auszuschließen, selbstbestimmt treffen
Mintzlaff schilderte, wie sich bei RB Leipzig innerhalb des Freitags nach der Auslosung die Meinung entwickelte, in diesen Spielen nicht antreten zu können. Freitagnacht habe Mintzlaff Kontakt zu Uefa-Präsident Aleksander Ceferin persönlich aufgenommen, um eine Lösung herbeizuführen. Ceferin habe laut Mintzlaff gesagt: „Ich verstehe das alles, und es kann nur eine Entscheidung geben. Aber wir als Veranstalter dieses Wettbewerbs möchten diese Entscheidung treffen.”
„Es hat nichts damit zu tun, dass wir nicht in der Lage gewesen wären, selbst abzusagen oder keine Anteilnahme hätten. Wir haben nicht gewartet, dass jemand für uns eine Entscheidung trifft, sondern im Hintergrund viel Druck gemacht, dass ein Antritt keinen Sinn macht.” Es sei „nicht wankelmütig”, dass man Dinge neu bewertet. Wenn die Uefa anders entschieden hätte, „hätten wir selber unsere Entscheidung getroffen”, so der RB-Geschäftsführer.
Mintzlaff: „Können wir überhaupt Fußballspiele spielen, wenn Krieg ist?”
Auch DFL-Geschäftsführerin Donata Hopfen habe Mintzlaff involviert. „Uns war am Samstag bewusst, dass die Uefa diese Entscheidung treffen wird”, sagte Mintzlaff. Der 46-Jährige habe darauf gedrängt, bereits am Sonntag einen Entschluss zu verkünden. Doch das sei nicht möglich gewesen, weil die Exekutivkomitees von Fifa und Uefa erst am Montagabend zusammenkamen. „Die Verhandlungen, die wir im Hintergrund geführt haben, haben zum richtigen Ergebnis geführt”, betonte der gebürtige Bonner.
Mintzlaff schloss seine Einlassungen mit einer generellen Frage, die man sich angesichts des Krieges in Europa stellen müsse, und die nicht nur RB Leipzig betrifft, sondern ganz Fußball-Europa: „Können wir derzeit überhaupt Fußballspiele spielen, wenn Krieg ist? Das habe ich weder bei 11Freunde, noch anderswo gelesen.”