RB Leipzig„Frage des Timings”: Ralf Rangnick Kandidat als künftiger Bundestrainer
Die Tage von Joachim Löw im Amt des Bundestrainers scheinen gezählt. Darf der seit 14 Jahren amtierende Chefcoach bis mindestens zur EM weitermachen oder nutzt der DFB die Zeit bis zum nächsten Länderspiel Ende März doch für einen Wechsel? Und wer könnte das Amt überhaupt kurz- oder mittelfristig übernehmen? Löws Vertrag läuft zwar noch bis zur Katar-WM Ende 2022, doch realistischer erscheint derzeit eher ein Abschied spätestens nach der Europameisterschaft im Sommer des nächsten Jahres.
Als Nachfolger wird immer wieder der Name Ralf Rangnick genannt. Der langjährige Trainer und Sportdirektor von RB Leipzig ist zumindest medial einer der ersten Kandidaten, um die Nationalelf kurzfristig wieder zu stabilisieren. Die Kandidaten:
Rangnick: „Bundestrainer ist für keinen deutschen Trainer ein Amt, das ihn nicht interessiert”
Ralf Rangnick wird zumindest als schnelle Lösung für das Amt des Bundestrainers gehandelt. Der 62-Jährige ist derzeit ohne Job und als Fachmann in der Branche hoch anerkannt. Sein Interesse am Posten des Bundestrainers hat Rangnick mehrfach hinterlegt, zugleich aber noch in der Vorwoche darauf verwiesen, dass sich wegen Löws laufenden Vertrages die Frage nicht stelle. Daher sei diese Diskussion eine „Unsitte”, sagte der Schwabe bei Sport 1. Rangnick fügte aber auch hinzu: „Sollte sie sich irgendwann mal stellen, ist es eine Frage des Timings.” Ist der Zeitpunkt doch schon gekommen?
Für Rangnick spricht, dass es das Hindernis eines laufenden Vertrags bei ihm nicht gibt. Der frühere Architekt von RB Leipzig hat sich vom Red-Bull-Imperium gelöst und ist offen für neue Aufgaben. Rangnick hat schon mehrfach betont, dass ihn der Job reizen würde. „Grundsätzlich ist das Amt des Bundestrainers für keinen deutschen Trainer ein Amt, das ihn nicht interessiert”, sagte Rangnick erst kürzlich. Fachlich ist er über jeden Zweifel erhaben, doch der bekennende Reformer würde sich nicht nur auf die Trainer-Aufgaben stürzen. Ist das bei Oliver Bierhoff und den anderen Funktionären gewollt? Zudem wäre die nicht selten pedantische Art, mit der Rangnick die Abläufe rund um ein Team bis ins kleines Detail steuert, ein starker Kontrast zu den bisherigen Abläufen unter Löw und Bierhoff. Doch vielleicht ist genau das jetzt gefragt?
Flick, Klopp, Tuchel oder Kunz?
Hansi Flick war einst beim WM-Titel 2014 Löws Assistent und spielte nicht nur beim Einüben der so wichtigen Standards eine entscheidende Rolle. Als Triple-Trainer des FC Bayern und Spielerversteher hat der 55-Jährige in den vergangenen Monaten ein beeindruckendes Zeugnis erworben. Die Sport-Bild sieht ihn schon als „Schatten-Bundestrainer”, beim DFB soll Flick demnach ganz oben auf der Wunschliste stehen. Aber ob der Bayern-Coach selbst so bald schon die Münchner Erfolgsmaschine verlassen will, erscheint fraglich.
Jürgen Klopp hingegen ist schon seit fünf Jahren beim FC Liverpool und hat mit der ersehnten Meisterschaft und dem Gewinn der Champions League eigentlich alle Ziele bei den Reds erreicht. Bis zu Flicks Erfolgsserie galt der 53-Jährige als die Ideallösung für das Amt des Bundestrainers. Um das arg ramponierte Image der Nationalmannschaft aufzupolieren, gäbe es wohl keinen Besseren als Klopp mit seinen Entertainer-Qualitäten und seinem Vollgas-Fußball. Der Haken: Er ist noch bis 2024 in Liverpool gebunden und wohl auch noch zu gern Vereinstrainer.
Eher ein Außenseiter-Kandidat ist Thomas Tuchel, der bei Paris Saint-Germain durch den Dauerzwist mit Sportchef Leonardo ermüdet ist. Ob der 47-Jährige über sein Vertragsende im Sommer 2021 hinaus bei PSG arbeiten darf und überhaupt will, ist derzeit ungewiss. Tuchel könnte also nach der EM frei sein, gilt aber als durchaus schwieriger Charakter und bekäme von Spielern und Fans wohl keinen großen Vertrauensvorschuss.
Stefan Kuntz wäre wohl die bequemste Lösung - und wohl nur für einen gewissen Übergang. Der aktuelle U21-Nationaltrainer genießt aufgrund seiner Erfolge in der Vergangenheit und seines loyalen Auftretens hohes Ansehen im DFB. Löw selbst hatte den früheren Nationalspieler vor einem Jahr als einen möglichen Nachfolger ins Gespräch gebracht, weil Kuntz „hervorragende Arbeit geleistet” habe, „eine sehr gute Ansprache an die Mannschaft” richte und „viel Empathie” mitbringe. Die kumpelhafte Art könnte sich bei den Stars jedoch schnell abnutzen, auf ein neues taktisches Niveau dürfte Kuntz das DFB-Team auch nicht heben.
Nagelsmann sagt ab: „Diesen Sommer nicht mehr”
Verantwortlich für die Suche nach dem nächsten Bundestrainer ist übrigens DFB-Direktor Oliver Bierhoff. Der aber steht selbst zunehmend in der Kritik und hat sich eng an Löw gebunden. Das macht die Fahndung kaum leichter.
Übrigens: Julian Nagelsmann hat bereits abgesagt, kurzfristig zur Verfügung zu stehen. „Diesem Sommer nicht mehr”, sagte RB Leipzigs Trainer an diesem Donnerstag auf Nachfrage süffisant.