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  5. Halstenberg über Tod seiner Eltern und Zukunft bei RB Leipzig: „Möchte das Gefühl bekommen, dass man wertgeschätzt wird”

Halstenberg über den Tod seiner Eltern und seine Zukunft „Möchte das Gefühl bekommen, dass man wertgeschätzt wird”

Von Ullrich Kroemer Aktualisiert: 31.03.2022, 23:58

Marcel Halstenberg kehrt mit RB Leipzig am Samstag zurück nach Dortmund (18.30 Uhr), wo vor elf Jahren seine Profikarriere begann. Mit MZ-/RBlive-Reporter Ulli Kroemer sprach der 30-Jährige über sein Comeback nach ewiger Verletzung, Schicksalschläge, Wechselabsichten zum BVB und über eine mögliche Zukunft in Leipzig.

„Halste”, am Samstag treten Sie an alter Wirkungsstätte in Dortmund vor etwa 81.000 Fans an. Gerade für Sie nach der langen Leidenszeit ein erhebendes Gefühl?
Marcel Halstenberg: Gegen einen Ex-Verein ist es immer speziell, besonders nach acht Monaten Verletzungspause. Dazu ist das Dortmunder Stadion nach 763 Tagen wieder ausverkauft. Das passt zu diesem Topspiel und wird ein geiles Erlebnis. Schöner kann es nur noch werden, wenn wir auch die drei Punkte mitnehmen.

Was bedeutet es Ihnen generell, wieder mit den Jungs on the road zu sein?
Es ist ein gutes Gefühl, wenn man merkt, dass der Körper wieder funktioniert. Es ist einfach das tagtägliche Ackern im Training, aber auch Spaß zu haben und die Jungs wieder um sich herum zu wissen. Es gibt kaum etwas Besseres im Fußball. Ich bin froh, wieder da zu sein, Erfolg zu haben und mich gut zu fühlen.

Halstenberg: „In meinem Privatleben war es sehr emotional, das spiegelte sich in meinem Körper wider.”

Bei Ihnen kamen unterschiedliche Verletzungen zusammen. Was brachte letztlich den Durchbruch, dass Sie wieder fit sind?
Ich bin von einer Verletzung in die nächste geschlittert. Dazu war es in meinem Privatleben sehr emotional, das spiegelte sich in meinem Körper wider. Es hat einfach Zeit gebraucht – mit der Familie und den Teamkollegen. Das ging nicht von heute auf morgen. Ich war in Österreich, München – überall – habe alles probiert. Was mir extrem gutgetan hat, war eine Woche in Konstanz am Bodensee – für den Körper und den Kopf. Danach konnte ich ohne weitere Probleme ins Training einsteigen.

Sie haben innerhalb weniger Monate beide Eltern verloren. Wie verändert einen das als Typ und Spieler?
Ich war früh sehr selbstständig, bin mit meiner jetzigen Frau mit 18, 19 Jahren zu Hause weggegangen, und seitdem waren wir auf uns allein gestellt. Aber die Familie war im Hintergrund immer da. Jetzt ist es einfach unglaublich traurig, dass meine kleine Tochter ihre Großeltern väterlicherseits nicht mehr erleben kann. Ich weiß genau: Insbesondere mein Vater wäre in der Opa-Rolle aufgeblüht. So wie meine Eltern meinen Bruder und mich aufgezogen haben, hätten sie sich auch um ihre Enkel gekümmert. Ich bin dankbar dafür, dass wir meinen großen Bruder, mit dem ich ein sehr enges Verhältnis habe, und meine Schwiegereltern, die ich nun schon 18 Jahre kenne und die mittlerweile wie meine eigenen Eltern sind, an unserer Seite haben.

Als Sie vor elf Jahren aus Hannover loszogen, war Dortmund Ihre erste Station. Wie haben Sie die Zeit in Erinnerung?
Man sieht ja, was die meisten Spieler von damals erreicht haben. Als ich in der zweiten Mannschaft beim BVB spielte, sind die Profis Meister und Pokalsieger geworden und standen im Champions-League-Finale. Das waren die erfolgreichsten Dortmunder Jahre, und es war für mich ein großes Erlebnis, oben mitzutrainieren. Mit der U23 sind wir aufgestiegen, es waren rückblickend genau die richtigen Schritte, die ich gegangen bin. Für viele Spieler war das der Beginn einer großen Karriere.

Wie haben Sie die Dortmunder Jahre geprägt?
Wir haben im Abschlusstraining mit der B-Elf immer gegen Lewandowski, Gündogan, Perisic und Co. gespielt. Da hat man auch Misserfolg, aber daraus lernt man. Ich habe gesehen, wie eine Profimannschaft funktionieren kann, wie ein Trainer wie Jürgen Klopp eine Mannschaft formt und sie erfolgreich macht. Klopp ist einfach ein grandioser Trainer, er hat auch viel mit uns jungen Spielern gesprochen und sich für jeden Zeit genommen.

Da ich verletzt war, kam der Wechsel zum BVB nicht zustande.

Marcel Halstenberg

Wie groß war da vergangenen Sommer die Sehnsucht, zum BVB zurückzukehren und an diese Zeit anzuknüpfen?
Das stand in der Tat im Raum, es gab Gespräche, das ist ja kein Geheimnis. Doch da ich verletzt war, kam der Wechsel nicht zustande. Aktuell spielt das für mich gar keine Rolle mehr. Ich war lange raus, muss jetzt erstmal wieder zeigen, wie gut ich noch bin und dass ich noch 90 Minuten Gas geben kann.

Worauf kommt es Ihnen bei den Verhandlungen mit RB an?
Man möchte als Spieler das Gefühl bekommen, dass man wertgeschätzt, dass auf einen gebaut wird. Ich bekomme von allen Seiten positive Signale, das fühlt sich natürlich gut an. Es wird sich zeigen, ob wir zusammenkommen oder nicht. Aber in erster Linie will ich jetzt wieder spielen und mich anbieten.

Tedesco will Halstenberg halten: „Jetzt liegt der Ball bei den Vereinschefs”

Sie leben mit Ihrer Familie seit 2015 in Leipzig, ein Weggang wäre auch privat eine Zäsur.
Wir machen uns auch über unsere Zukunft Gedanken. Unsere Kleine wird dieses Jahr drei und soll bald in den Kindergarten kommen. Für uns ist es natürlich wichtig zu wissen, wohin die Reise geht. Ich hatte noch nie eine Situation wie aktuell, dass mein Vertrag in drei Monaten ausläuft und ich nicht weiß, wo ich lande. Deshalb würde ich gern vor der Sommerpause wissen, wo und wie es weitergeht.

Der neue Trainer Domenico Tedesco trat seinen Job an, als Sie noch verletzt waren. Wie sehr setzt er auf Sie?
Wir haben ein gutes Verhältnis. Domenico spricht viel mit mir, er hat mir bescheinigt, dass meine Trainingsleistungen gut bis überragend sind und dass ich auf diesem Niveau weiter dranbleiben muss, um mehr Spielzeit zu bekommen. Er hat auch gesagt: „Es wird die Zeit kommen, in der wir dich brauchen!“, und darauf bereite ich mich vor. Die Trainer haben mir schon signalisiert, dass sie mich auch nächstes Jahr hier gern sehen würden. Das hilft enorm, wenn jemand so auf einen setzt. Jetzt liegt der Ball bei den Vereinschefs (lacht).

In der Nationalmannschaft ist die Situation ähnlich. Hansi Flick begann, als Sie fehlten. Gibt es Kontakt?
„Klosti” (Lukas Klostermann, Anm.d.Red.) und ich haben uns nach einem Spiel hier in Leipzig mit ihm getroffen. Er hat gesagt: „Werdet beide fit, spielt regelmäßig in euren Vereinen und dann steht die Tür offen.“ Der Kontakt ist also da, aber ich muss spielen, damit ich wieder eine reelle Chance im DFB-Team und auf die WM-Teilnahme habe.

Halstenberg über Konkurrent Gvardiol: „Muss gestehen: Es gibt eigentlich nichts, was er nicht hat”

Wie sehen Sie die Konkurrenzsituation? In David Raum und Josko Gvardiol haben Sie jeweils zwei Youngster vor sich, die gerade einen Lauf haben.
Beide sind sehr gute Spieler. Bei Josko muss ich gestehen: Es gibt eigentlich nichts, was er nicht hat. Er ist zwar ein Linksfuß, spielt aber auch viele Bälle mit rechts, ist zweikampf- und kopfballstark, dazu schnell. Er ist mit seinen 20 Jahren ein extrem guter Spieler, der mich immer wieder überrascht. Deswegen ist es natürlich nicht leicht für mich, schnell wieder in die Startelf zu kommen. Das schätze ich ganz realistisch ein, aber es macht Spaß, mich mit ihm zu messen.

Das klingt äußerst wertschätzend. Wie ist die Teamchemie aktuell bei RB?
In der Hinrunde waren einfach viele Spieler unzufrieden. Normal, wenn man Misserfolg hat. Der Zusammenhalt war trotzdem da, wir haben viel zusammengesessen und über Probleme gesprochen, warum wir einfach nicht in die Spur kamen. Jetzt wissen wir: Wir haben die Qualität, wir brauchen nur den richtigen Plan. Durch den aktuellen Erfolg ist natürlich auch das Zusammengehörigkeits-Gefühl top.

Gegen Dortmund haben Sie die Chance, das erste Spitzenspiel unter Domenico Tedesco zu gewinnen. Worauf wird es ankommen?
Wir müssen hinten hellwach sein, vorn sind sie bekanntlich mit Erling Haaland, Marco Reus und anderen brandgefährlich. Aber defensiv hat der BVB vielleicht – auch durch einige Verletzte – Schwachstellen. Da müssen wir gegen einen solch starken Gegner eiskalt und clever sein, am besten mal 1:0 in Führung gehen und die Chancen nutzen.

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