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RB LeipzigHattrick-Legende Frahn im Interview: „Jetzt bloß nicht abheben”

06.02.2019, 11:46

Wenn RB Leipzig an diesem Mittwoch im Achtelfinale des DFB-Pokals gegen den VfL Wolfsburg antritt (18.30 Uhr), lässt sich Daniel Frahn das nicht entgehen – zumindest im TV. Weil er beim Training von Regionalliga-Spitzenreiter Chemnitzer FC gefordert ist, schafft er es nicht ins Stadion. Doch vor dem bereits dritten Aufeinandertreffen zwischen RB und VfL im Pokal ist RB-Legende Frahn medial omnipräsent. Sein Hattrick bei der 3:2-Sensation gegen Wolfsburg 2011 war der erste große Erfolg der RB-Geschichte.

Daniel, wie war das damals im Sommer 2011 bei RB?
Daniel Frahn: Wir hatten zum Start der Vorbereitung Peter Pacult als neuen Trainer bekommen, der mich gleich zum Kapitän gemacht hatte. Das erste Spiel für RB Leipzig im DFB-Pokal war also auch mein erstes als Spielführer – etwas ganz Besonderes. Dazu kamen erstmals mehr als 30.000 Zuschauer zu uns ins Stadion. All das verbreitete Aufbruchstimmung.

Wie hat Pacult Sie eingestimmt auf dieses Spiel zwischen Regional- und Bundesligist?
Egal, welches Spiel: Peter Pacult war eh ein ruhiger Zeitgenosse. Wir wussten alle, dass wir klarer Außenseiter waren. Er hat keine großen Reden geschwungen, sondern gesagt: Geht’s raus und habt’s Spaß. Und dass wir versuchen sollen, die Sensation zu schaffen.

Daniel Frahn: „Okay, hier geht ja vielleicht doch was”

Haben Sie vor der Partie an diese Sensation geglaubt oder entwickelte sich das erste während des Spiels?
Man hofft immer ein bisschen. Aber Wolfsburg war damals mit Spielern wie Mario Mandzukic eine richtig gut besetzte Mannschaft. Wenn wir 0:1 oder 0:2 verloren, aber ein gutes Spiel gemacht hätten, wäre das okay gewesen. Doch als wir dann in Führung gingen, dachte ich: Okay, hier geht ja vielleicht doch was.

Sonst kamen damals etwa 5000 Fans zu den Vierliga-Spielen. Wie haben Sie das empfunden, als Sie vor 31.200 aufliefen?
Das war ein cooler Moment. Eine tolle Atmosphäre. Vor so vielen Zuschauern hatte ich noch nie gespielt. Vor RB war ich in Babelsberg, da hatten wir 2000 Zuschauer. Ich war schon ein bisschen angespannter als sonst.

Wie entwickelte sich im Spiel die Sensation?
Ich hatte vor dem 1:0 schon eine Riesenchance, die ich frei vor Diego Benaglio über das Tor geschossen habe. Ich dachte nur: Oh, oh, so viele Chancen bekommst du gegen einen Bundesligisten nicht. Wer weiß, ob ich noch eine kriege. Aber zum Glück hatte Christian Müller fünf Minuten später die Idee, nach einer abgewehrten Ecke mal aus 40 Metern zu schießen. Der Schuss rutschte durch, und dann stand ich wieder frei vor Benaglio. Diesmal habe ich flach geschossen und in die linke untere Ecke verwandelt.

Haben Sie auch die anderen Treffer noch so plastisch präsent?
Das 2:0 war ein guter Konter über die rechte Seite. Timo Röttger spielt den Ball quer, ich war schneller als Wolfsburgs Abwehrspieler Simon Kjaer unterwegs und schoss Benaglio durch die Beine ins Tor.

Was hat das in Ihnen freigesetzt?
Ich war fast ein bisschen erschrocken – gerade nach dem zweiten Tor. Auf einmal führten wir nach 17 Minuten gegen den haushohen Favoriten 2:0. Ich habe mich gefragt, warum wir so frei waren, und habe gedacht: Mensch, wir sind doch gar nicht so schlecht.

„Wir haben damals schon Pressing gespielt”

War RB damals etwa fitter als die Wolfsburger?
Glaube ich nicht. Wer unter Felix Magath trainiert, ist normalerweise fit. Sie waren damals noch nicht so richtig eingespielt und hatten keinen Plan, wie sie uns knacken konnten. Wir haben damals schon Pressing gespielt, damit wussten sie nicht umzugehen. Uns hat das frühe 1:0 in die Karten gespielt, wodurch wir Euphorie und Emotionen in uns hatten und getragen wurden. Aber nach dem 2:2 innerhalb von fünf Minuten war die Euphorie ganz schnell wieder vorbei.

Es gab vor Ralf Rangnicks Amtsantritt 2012 schon Pressing bei RB Leipzig?
(lacht) Wir haben nicht so gepresst wie unter Zorniger und Rangnick. Aber wir haben tief gestanden und versucht, zügig umzuschalten und schnellstmöglich nach vorn zu kommen. Mit Timo Röttger und Thiago Rockenbach hatten wir gute Außenspieler, die gefährliche Flanken schlagen konnten. So ist auch das dritte Tor kurz vor dem Pausenpfiff gefallen: super Flanke von Rockenbach, die ich reingeköpft habe.

Damit hatten Sie alle Torjägerelemente in dieser Halbzeit gezeigt.
Stimmt, richtig stehen, schnell laufen und präzise abschließen und köpfen.

„Wolfsburger hatten Bammel vor dem Magath-Hügel”

Gab es mit den Wolfsburgern vor oder nach dem Spiel Kontakt?
Nach dem Spiel saß ich mit Marcel Schäfer (Ex-Nationalspieler, heute Sportdirektor des VfL Wolfsburg, Anm.d.Red.) bei der Doping-Kontrolle. Er war nicht so erfreut wegen unseres Sieges. Weniger wegen der Blamage, sondern der bevorstehenden Trainingseinheit unter Felix Magath. Er sagte: ,Na super, dann müssen wir morgen wieder Medizinbälle den Berg hochtragen.’ Daran kann ich mich noch gut erinnern, vor dem berühmten Magath-Hügel hatten alle Wolfsburger Bammel.

Was ging nach dem Spiel ab? An einem warmen Sommerabend lässt es sich in Leipzig gut feiern.
Wir waren mit der Mannschaft unterwegs und haben das ein oder andere Getränk zu uns genommen. Aber so richtig haben wir es gar nicht krachen lassen, da gab es schon schlimmere Abende (lacht). Wir hatten das noch gar nicht so richtig realisiert.

Die Überschrift in den Zeitungen am nächsten Tag lautete „Fraaaaaahnsinn!”
Das war für mich das erste Mal, dass ich groß in der Bild-Zeitung war. Da dachte ich mir nur: Jetzt bloß nicht abheben. So bin ich am nächsten Tag ganz gemütlich nach Hause zu meinen Eltern nach Potsdam gefahren, bin mit meinen Kumpels ins Stadion gegangen und habe wieder Fußball geguckt: Babelsberg gegen Duisburg.

Eine Woche später ging die Regionalliga los, beim SV Meppen. Schwierig?
Das war damals unser Tagesgeschäft, ein ganz anderes Business, vor wenigen Zuschauern, auf kleinen Plätzen. Da muss man sich komplett umstellen. Wir haben zum Start in Meppen ganz schmucklos mit 1:0 durch ein Tor in der 89. Minute gewonnen.

„In der vierten Liga Runden zu drehen, war nicht geplant”

Die große Pokaleuphorie konnten Sie nicht in die Saison tragen. Im nächsten Heimspiel gegen HSV II kamen auch nur 5000 Fans. Am Ende misslang der Aufstieg zum zweiten Mal.
So richtig ging es erst unter Rangnick und Zorniger los, als die Zuschauer spürten, dass es vorwärts ging und attraktiv gespielt wurde. Die Regionalliga Nord war auch nicht gerade attraktiv damals. Wir haben ja im letzten Saisonspiel durch ein 2:2 – ausgerechnet gegen die zweite Mannschaft des VfL Wolfsburg – den Aufstieg verpasst. Das war auch für mich blöd. Dass wir drei Jahre in der vierten Liga Runden drehen, war nicht geplant.

Hat es sie gewurmt, dass Sie beim zweiten Aufeinandertreffen mit Wolfsburg 2015 trotz der Vorgeschichte nur auf der Bank saßen?
Der Hattrick war ja auch damals schon ’ne Weile her. Klar, hat es mich geärgert, dass ich nicht eingewechselt wurde. Aber das ist lange her.

Aktuell ist Leipzig der Doppelpack-Spezialist der Liga. Sie könnten Ihrem Kumpel Yussuf Poulsen Tipps geben, wie man einen Hattrick schießt.
(lacht) Das werde ich tun. Aber aus dem Team von damals sind ja nur noch Yussi und Diego Demme da. In die Mannschaft habe ich nicht mehr so viel Kontakt. Aber zu „Kogge” (Tim Sebastian, Ex-Teamkollege und aktuell Teambetreuer, Anm.d.Red.) und einigen auf der Geschäftsstelle habe ich noch einen guten Draht.

Sie betreiben gemeinsam mit Christian Müller einen Eisladen in Leipzig.
Genau. Da bin ich alle zwei Wochen mal in Leipzig und treffe mich auch mit Freunden.

Aktuell spielen Sie mit dem Chemnitzer FC wieder in der Regionalliga und treffen wieder regelmäßig. Erinnert Sie das ein wenig an die Zeiten mit RB damals?
Zum Teil schon. Auch hier herrscht ein sehr guter Teamgeist, und wir haben aktuell zwölf Punkte Vorsprung. Nicht von den Erwartungen und Voraussetzungen, aber von der Mannschaftsmentalität und der Tabellensituation her erinnert mich das schon an unsere Zeit in der vierten Liga mit RB.