Rose verlängert vertrag Fünf Phasen der Beziehungsbildung: In welcher stecken Rose und RB?
Der Trainer aus Leipzig verlängert seinen Vertrag um ein Jahr bis 2026. Nüchtern betrachtet ein branchennormaler Vorgang. Doch was enthüllt der Blick hinter die Kulisse? Ein Zweckbündnis, meint RBlive-Reporter Martin Henkel
Leipzig – RB-Trainer Marco Rose hat seinen Vertrag verlängert. Konkret bis Sommer 2026, also um genau ein Jahr. Wie man das eben im Fußballgeschäft so macht, wenn man davon überzeugt ist, dass die Liaison ganz gut passt. Aber eben auch nicht mehr.
Trainer bei RB: selten länger als zwei Spielzeiten
Von einer tiefen Zuneigung getragen wirkt diese Verlängerung auf den ersten Blick jedenfalls nicht. Das freilich ist kaum verwunderlich. In den Regionen, in denen sich RB Leipzig mit seinen konstanten Top-4-Platzierungen in der Liga und den alljährlichen Beteiligungen an der Champions League bewegt, sind Beziehungen schnell brüchig, wenn der Erfolg ausbleibt. Der Bundesligist aus Sachsen ist dafür ein Paradebeispiel: Nur Trainer in der Geschichte des Klubs – Alex Zorniger – war bis dato länger als zwei Spielzeiten im Amt (Juli 2012 bis Februar 2015).
Dass der Klub keine langfristigen Verträge anbietet, ist deshalb nur naheliegend und aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll. So sparte er sich im Fall einer vorzeitigen Entlassung lange Gehaltsweiterzahlungen. Und vorzeitig fällt im Trainergeschäft so ziemlich jede Trennung aus – sieht man mal vom FC Heidenheim mit Coach Frank Schmitt und dem SC Freiburg mit Christian Streich ab.
Mintzlaffs Seitenhieb gegen Rose
Gleichzeitig erlaubt die Einjahresverlängerung einen Blick hinter die Kulissen. Zwar hat Rose die beste Bilanz aller bisherigen RB-Trainer, aber er scheint in den Augen der Führungsetage kein Julian Nagelsmann, dem man seinerzeit einen Vierjahresvertrag hingelegt hatte, und mit dem man vielleicht schon „Deutscher Meister“ sei, wie kürzlich RB-Aufsichtsratschef Oliver Mintzlaff spekulierte. Diese Einlassung ließ sich auch als Seitenhieb gegen Rose lesen.
Man hatte sich wohl mehr von seiner ersten vollen Saison als RB-Cheftrainer erhofft. Mehr als Rang vier und einem satten Rückstand von 25 Punkten auf Meister Bayer Leverkusen. Und das trotz XXL-Umbruch vergangenen Sommer und der Herausforderung, den Abgang von vier Schlüsselspielern mit zehn neuen Profis aus dem Stand zu meistern.
Kraft von Momentum und Saisonglück
Rose wiederum dürfte ebenfalls Zweifel haben, ob der Job in seiner Heimatstadt die beste aller Optionen für ihn ist. Die Bedingungen sind exzellent, das Umfeld heimatvertraut, aber passt die Klub-Politik zu seinen Ambitionen? Rose will um die Meisterschaft mitspielen, der Klub will das auch. Der Trainer will dafür aber einen Kader entwickeln können, ohne jeden Sommer Abgänge kompensieren zu müssen. Das hatte er Ende der Saison öffentlich ausgesprochen. Der Klub hingegen glaubt an die Kraft von Momentum und Saisonglück, wie das in Leverkusen zum ersten Meistertitel geführt hat.
Das Entwickeln und Verkaufen von Talenten ist Kern des Geschäftsmodells, das in dieser Form den Wünschen des Trainers ein Stück weit entgegenläuft. Entsprechend fielen die Reaktionen auch aus. Rose sagte recht nüchtern: "Wir sind ambitioniert, wir bleiben ambitioniert und schauen gemeinsam nach vorne." Der Vereinsvorsitzende Johann Plenge kommentierte: "Bei RB Leipzig ist es seit jeher unser Anliegen, hungrige Top-Talente Spiel für Spiel und Saison für Saison konsequent weiterzuentwickeln. Marco verkörpert diesen Anspruch und will gleichzeitig den unbedingten sportlichen Erfolg."
Was man eben so sagt, wenn sich die anfängliche Liebesbeziehung in eine Zweckgemeinschaft entwickelt zu haben scheint. Mitsamt den Gefahren, die darin liegen. In der Verhaltensforschung geht man davon aus, dass Menschen in fünf Phasen entweder eine stabile Beziehung zueinander aufbauen – oder daran scheitern. Die meisten Trennungen finden in Phase zwei statt. Es ist die nach dem Ende der Verliebtheitsphase, wenn man erstmals erkennt, wie anders der andere eigentlich ist.