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Marco Kurth spricht über das Aus bei RB Leipzig „Die ganze Situation war Schrott”

Noch ist der frühere Co-Trainer von Jesse Marsch und Domenico Tedesco bei RB Leipzig angestellt. Doch nach einem halben Jahr Auszeit will der 43-Jährige zurück in den Job – am liebsten als Cheftrainer.

Von Ullrich Kroemer Aktualisiert: 05.07.2022, 12:54

Marco Kurth verbringt die heißen Sommertage am liebsten im Erzgebirge. Der Mann, der die längste Zeit seiner Spielerkarriere in Aue kickte, weiß das kühlere Klima im dort nach wie vor zu schätzen. Und außerdem eignet sich die Region ganz gut, um sich zurückzuziehen. Denn der 43-Jährige hat ein halbes Jahr hinter sich, wie er es bisher noch nie erlebt hat. Im Interview mit der MZ/RBlive spricht er über die plötzliche Trennung von RB, eine erfülltes halbes Jahr Pause und neuen Tatendrang.

Marco Kurth, man hat ein halbes Jahr lang öffentlich nichts von Ihnen gehört. Wie geht es Ihnen?
Marco Kurth: Ich hatte Zeit für die Dinge, die ich sonst nie geschafft habe. Nach meiner Spielerkarriere hatte ich 14 Tage Urlaub und wurde dann Trainer, was ich wiederum acht Jahre ohne Pause gemacht habe. Mal die Bremse einzulegen, war eine gute und wichtige Erfahrung.

Wie haben Sie die Zeit genutzt?
Ich konnte mich um meine Familie kümmern, habe meine Kinder in die Schule gebracht und sie auch wieder abgeholt – habe mich teilweise wie ein Taxiunternehmer gefühlt. Aber natürlich habe ich mich auch im Fußball weitergebildet, habe Trainer besucht, die ich kenne und mir Trainings und Spiele angeschaut. Das war cool, sowas kannst du nur machen, wenn du gerade nicht unter Vertrag stehst.

Treffen mit Ex-Chef Jesse Marsch in Leeds

Wo waren Sie überall?
Ich war unter anderem in England bei den Halbfinals um den Aufstieg in die Premier League zwischen Huddersfield und Luton Town und Nottingham gegen Sheffield United. Während des Aufenthalts habe ich zudem bei Jesse in Leeds vorbeigeschaut und bei verschiedenen Vereinen super Eindrücke von deren Ideen sammeln können. Von dort sind wir nach Spanien geflogen und haben fünf Tage bei Villarreal hospitiert. Das war super interessant.

Zwischen den Jahren hatte Domenico Tedesco entschieden, dass er nicht mehr mit Ihnen bei RB Leipzig zusammenarbeiten möchte. Kam das für Sie ebenso plötzlich wie für uns?
Ja, mich hat das auch überrascht. Wir haben am Sonntag nach Neujahr telefoniert und uns dann getrennt.

Tedesco hat die Entscheidung damals mit seinem „Bauchgefühl” begründet, dass ein kompletter Neuanfang im Trainerstab besser für das Team sei. Haben Sie das verstanden?
Sagen wir es so: Es ist einfacher, wenn es konkrete Gründe für eine solche Entscheidung gibt. Aber was sollte ich machen? Ich habe die Entscheidung akzeptiert. Im Fußball laufen die Dinge eben manchmal so überraschend, das macht es für alle Beteiligten ja auch interessant.

Marco Kurth über seine Zeit bei den Profis von RB Leipzig: „Habe eine Menge mitgenommen, auch für meine Zukunft”

Sie hatten viel Zeit, Ihr erstes halbes Jahr als Co-Trainer bei den Profis zu reflektieren. Was haben Sie mitgenommen?
Ich durfte die Rolle als Co-Trainer kennenlernen, wofür ich Jesse Marsch und dem Verein dankbar bin – leider waren es nur sechs Monate. In diesem halben Jahr habe ich verstanden, welche Aufgaben ein Co-Trainer braucht und welche Aufgaben die Mitglieder im Trainerteam insgesamt haben sollten. Da habe ich eine Menge mitgenommen, auch für meine Zukunft. Es war total lehrreich, leider war es nicht so erfolgreich, wie wir es uns alle erhofft hatten.

Wie haben Sie die Phase empfunden?
Es war sehr, sehr ereignisreich. Wir hatten permanenten Druck, haben in der Bundesliga nie zwei Spiele in Folge gewonnen. Immer wenn wir das Gefühl hatten, auf dem richtigen Weg zu sein, kam das nächste schlechte Ergebnis, das uns wieder runtergezogen hat. Das war ein ständiges Auf und Ab. Wir waren genauso unzufrieden damit wie alle anderen.

Was ist aus Ihrer Sicht der Hauptgrund, dass Jesse Marsch, Achim Beierlorzer und Sie keinen Erfolg hatten?
Man braucht einfach Ergebnisse. Und wenn die Ergebnisse nicht da sind, dann braucht es Leute, die an den Trainer und die Entwicklung der Idee glauben. Das war scheinbar nicht der Fall. So muss man es letztlich sagen.

Im letzten Spiel unter Marsch bei Union Berlin standen Sie plötzlich als Cheftrainer an der Seitenlinie und hatten plötzlich die Verantwortung.
Das war schwierig. In der ohnehin schweren Situation konnten Jesse Marsch und dann auch Achim Beierlorzer wegen ihrer Corona-Infektionen nicht dabei sein. Am Ende haben wir verloren – die ganze Situation war Schrott. Ich hätte mir gewünscht, unter anderen Voraussetzungen in Berlin zu sitzen.

Kurth: „Größten Respekt vor der Leistung” von Tedesco

Nötigt es Ihnen Respekt ab, wie es Domenico Tedesco und die Mannschaft geschafft haben, die Situation zu wenden?
Was da erreicht wurde, finde ich großartig für den Verein, der von allen Seiten sehr skeptisch gesehen wird. Ich habe mich super für die Spieler gefreut und habe natürlich größten Respekt vor der Leistung des Trainers – ohne Wenn und Aber.

Fühlen Sie sich ein Stück als Pokalsieger? Bei den ersten beiden Runden waren Sie ja noch dabei.
Um ehrlich zu sein: Nein. Ich habe das Finale im Fernsehen angeschaut, habe mich riesig für die Jungs gefreut, die schon so lange darauf gewartet haben. Aber es ist etwas anderes, dabei zu sein. Deswegen habe ich persönlich mich nicht als Sieger gefühlt.

„Job im Ausland ist absolut vorstellbar”

Welche Ambitionen haben Sie jetzt? Wollen Sie nach der Erfahrung nur noch als Cheftrainer arbeiten, oder können Sie sich den Co-Trainer-Job wieder vorstellen?
Ich habe viele Ideen, bin ausgeruht und motiviert. Hauptsächlich sehe ich mich in der Verantwortung als Cheftrainer. Auf top Niveau kann ich mir die Rolle als Co Trainer aber auch wieder vorstellen.

Ihr guter Freund Marco Rose ist gerade ohne Job. Ist eine Zusammenarbeit denkbar?
Wir haben Zeit miteinander verbracht, und haben uns gut ausgetauscht. Bei ihm kam die Trennung ja ebenso kurzfristig. Aber „Rosi” macht jetzt glaube ich auch erstmal ein bisschen Pause. Eine Zusammenarbeit war bislang kein Thema. Schauen wir mal.

Sehen Sie sich eher im Ausland oder in Deutschland?
Ich war ganz am Anfang meiner Auszeit auch in Ungarn. Da habe ich festgestellt, dass auch dort bei großen Vereinen mittlerweile Englisch gesprochen wird. Der Fußball in Europa ist extrem zusammengerückt. Auch ein Job im Ausland ist absolut vorstellbar.

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