PR-Gag oder Problemlöser? Was sich Red Bull von dem Manager-Novizen Mario Gomez erhofft
In dieser Woche hat Mario Gomez den ersten, richtigen Job nach dem Ende seiner Spielerkarriere begonnen. Von seinem Münchner Büro aus arbeitet er sich seit Montag in seine neue Funktion als Technischer Direktor des internationalen Red-Bull-Soccer Teams ein. Fortan ist der 36-Jährige prominentester Mitarbeiter der zwölfköpfigen Spezialeinheit, die die Geschicke der Red-Bull-Filialen Leipzig, Braganca in Brasilien und New York ganzheitlich steuert, analysiert und bei Bedarf eingreift. Da Red Bull Salzburg rein formal vom Gesamtkonstrukt entflochten ist, gehört der Stammsitz in der Mozartstadt offiziell nicht dazu.
Doch was erwartet der globale Red-Bull-Soccer-Chef Oliver Mintzlaff, der zugleich auch Vereinsvorstand und Hauptgeschäftsführer bei RB Leipzig ist, eigentlich von dem Berufsanfänger Gomez? Von seinem Expertenjob bei Amazon Prime in der Champions League einmal abgesehen, ist der Ex-Nationalstürmer bisher abseits des Platzes weder durch besonders geistreiche Äußerungen, noch durch Know-how als Führungspersönlichkeit in Erscheinung getreten. Ist Gomez' Verpflichtung nur ein PR-Gag, um einen prominenten, langjährigen Vertrauten ins Team zu holen, oder kann er die Red-Bull-Klubs inhaltlich voranbringen?
Mario Gomez als Problemlöser und Vernetzer für RB Leipzig, Bragantino und New York Red Bulls
Mintzlaff, der Gomez als Aktiven beriet und durch seine Spielerkarriere begleitet, setzt auf die Erfahrung des dreifachen deutschen und einmaligen türkischen Meisters aus über 15 Jahren Profifußball, ist von Red Bull und RB Leipzig zu hören. Gomez soll seine Expertise aus den Profijahren in Stuttgart, München, Florenz und bei Besiktas Istanbul, wo er ganz unterschiedliche Strukturen und Führungspersönlichkeiten kennengelernt hat, als Berater und Ansprechpartner einbringen. Etwa in Gesprächen mit den Verantwortlichen der drei Standorte. Thiago Scuro, Präsident beim jüngsten Red-Bull-Klub Bragantino etwa, soll Gomez' Expertise bereits schätzen gelernt haben.
Sobald das möglich ist, wird sich der WM-Dritte von 2010 und Vize-Europameister von 2008 vor Ort einen detaillierten Überblick über die einzelnen Standorten verschaffen. Mit einer Visite in Leipzig wird er beginnen. Der „Teamplayer” Gomez (Mintzlaff) soll mit seinem Netzwerk und seiner Autorität als Ex-Profi vor allem in schwierigen Situationen durch einen möglichst unemotionalen und unverstellten Blick von außen helfen, seine Perspektive als Ex-Spieler einzubringen, Probleme bei den Klubs zu lösen und die Vernetzung voranzutreiben, ohne dabei unsensibel ins Alltagsgeschäft hereinzureden. Auch die noch stärkere Einbindung des Red Bull eigenen Athlete Performance Centers (APC) im österreichischen Thalgau zählt zu seinen Aufgaben.
Darüberhinaus zählt auch der Blick über den Tellerrand zu anderen Klubs und in andere Ligen, zu seinen Aufgaben. Eine durchaus anspruchsvolle Position für einen Novizen wie Gomez.
Sportdirektor für Red Bull Soccer International wird weiter gesucht
Unterstützt wird er dabei speziell von drei weiteren Mitarbeitern aus dem Sportteam bei Red Bull Soccer. Der frühere TV-Berater von Oliver Kahn, Dr. Alexander Schmalhofer, war im Sommer nach Leipzig gewechselt und ist für Spielanalyse und gemeinsame Spielphilosophie in Leipzig, Braganca und New York zuständig. Thomas Schlieck bekleidet den Job als globaler Torwartkoordinator und Dr. Christian Kennel, seit 2015 in diversen Positionen bei RBL tätig, betreut Spezialprojekte wie die Evaluation der Akademien oder einheitliche Datenanalyse an den Standorten.
Einen Sportdirektor für das internationale Team, das bis auf Gomez zum Großteil mit auf einer eigenen Etage in der RB-Geschäftsstelle am Cottaweg sitzt, gibt es nach dem Abgang von Ralf Rangnick im Sommer 2020 nach wie vor nicht. Der werde zwar weiterhin gesucht, doch das Thema habe derzeit nicht oberste Priorität, heißt es.
Dabei könnte gerade Mario Gomez die Erfahrung eines Strategen wie Rangnick gut gebrauchen, um in seinem neuen Job zu lernen und zu reifen. Um die Vorzüge zu nutzen, die Gomez zweifellos hat, bräuchte er auch die Anleitung von Experten wie Paul Mitchel und Laurence Stewart, die Red Bull 2020 beide an die AS Monaco verlor. Übrigens: Gomez soll bei Red Bull eher im Hintergrund arbeiten und wenig medial präsent sein, wird weiterhin als Experte bei den Champions-League-Übertragungen von Amazon Prime zu sehen sein.