Torhüter ohne Tor Was Löw im Training verändert hat
Neuer Trainer, neue Methoden: Was beim ersten öffentlichen Training von Zsolt Löw bei RB Leipzig auffiel.

Leipzig – Das öffentliche Training von RB Leipzig am Dienstag vor 800 Fans war für Beobachter auch die erste Möglichkeit, sich ein Bild von der Arbeit von Interimstrainer Zsolt Löw auf dem Trainingsplatz zu machen. Dabei fielen einige Dinge auf:
Abgesteckte Feldkorridore
1. Akribische Vorbereitung: Während die Mannschaft 20 Minuten lang von den Athletiktrainern in der Akademie aktiviert wurde, bereiteten Löw und sein interimsweise formiertes Trainerteam die Einheit sehr akribisch vor. Löw arbeitet mit Linienbändern, mit denen er den gerade benötigten Feldkorridor abstecken lässt. Das ist Tuchel-Schule, der großer Fan davon ist, Feldgrößen akribisch zu variieren.

Kult-Co-Trainer Peter Krawietz
2. Präsente Co-Trainer: Peter Krawietz ist eine Erscheinung. Wenn der Mann, der mehr als 20 Jahre an der Seite von Jürgen Klopp arbeitet, die Übungen überwacht, legt jeder Profi einen Zahn zu. Mit hochgezogenen Stutzen, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben und mit mürrischem Blick tigerte der Co-Trainer den aufgebauten Parcours entlang und rief immer mal wieder kernig auf Englisch dazwischen: „Come on, wake up!” und forderte Wachheit, Aktivität und Präzision im Passspiel ein.
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Auch Nachwuchskoordinator Bartosch Gaul erklärte in klaren, knappen Worten die Aufgaben im ersten Teil des Trainings. Da ist von den Assistenten mehr Präsenz zu spüren, als zuvor von den ruhigen Co-Trainern Marco Kurth und Alexander Zickler.

Sechs Tore, vier verkehrt herum
3. Variation und Komplexität: Statt des üblichen Rondos zu Beginn absolvierten Xavi Simons & Co. im Rundlauf eine Passeinheit mit aufgestellten Trainingsdummys als Stationen; Pappkameraden sagte man früher, die sonst fürs Freistoßtraining verwendet werden. Im Abschlussspiel standen insgesamt sechs kleine Tore auf dem Platz, zwei waren verkehrt herum aufgebaut und durften nur nach bestimmten Vorgaben für ein Tor genutzt werden. Löw & Co. setzen auf Variation, kognitive Herausforderungen und komplexere Übungen.

„Wir machen viel am Ball, haben immer die Verbindung untereinander auf dem Rasen, spielen einfache, flache Bälle”, berichtete Lois Openda nach der Einheit. Trainingsziel sei es, die Bälle nicht so schnell zu verlieren, „den freien Spieler zu finden und leichte Bälle zu spielen, gute Entscheidungen zu treffen”. Auffällig: Auch Spieler wie Yussuf Poulsen traten im Training sehr präsent am Ball in Erscheinung.

Löw nimmt Torhütern das Tor weg
4. Torhüter bewachen kein Tor: Als zur Abschlusseinheit die Torhüter dazukamen, hatten diese kein Tor zu bewachen, sondern waren als letzter Mann komplett mit in das Spiel eingebunden, ohne deren Ballkontakt kein Tor erzielt werden durfte. Löw will präzise mitspielende Keeper.
5. Aktivität und Intervention: Vor allem gegen Ende des Trainings war außergewöhnlich viel Einsatz zu beobachten. Selbst Xavi Simons, der als einziger eine weiße Mütze während des Trainings trug, grätschte, um Bälle zu erobern. Bei den taktischen Einheiten übernahm Löw die Kontrolle, rief seine Spieler immer wieder zusammen und kommentierte auch während der Einheiten viel.