„Nicht nur ein Mitläufer” Mit Klopp zur Deutschen Meisterschaft
Jürgen Klopp vermittelte bei seiner Vorstellungsshow überzeugend, dass er nicht nur der einzige A-Promi im gesamten RB-Kosmos sein will, sondern tatsächlich eine Menge bewegen will.
Salzburg – Jürgen Klopp saß eingerahmt von zwei Formel-1-Boliden auf der Bühne des gläsernen Hangar 7 und erklärte seinen neuen Job als globaler Fußballchef bei Red Bull. Einst waren Max Verstappen und David Coulthard mit den Wagen unterwegs, die hier im Repräsentationsbau sowie Flug- und Fahrzeugmuseum ausgestellt sind. Hinter Klopp thronten in der Halle mit der imposanten Glaskuppel Helikopter und Düsenjets der Red Bull eigenen Flotte.
Einen Coup wie die Verpflichtung von Klopp inszenierte der sendungsbewusste Marketingkonzern natürlich als ganz große Show. Klopp wurde in einer anderthalbstündigen Livesendung inklusive Fragerunde der etwa 300 akkreditierten Journalisten aus 17 Ländern beim Konzernsender Servus TV vorgestellt. Das hat es so auch noch nicht gegeben.
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„Red Bull hatte noch nie jemanden, der so prominent war wie ich”
Klopp saß in schwarzem Longsleeve-Shirt, schwarzer Hose und schwarzen Strümpfen mit weißen Turnschuhen auf der Bühne wie ein Guru á la Steve Jobs und wunderte sich über all den Rummel. „Ich dachte, das sei eine Pressekonferenz und war erstaunt, dass geklatscht wurde, als ich reinkam”, sagte der 57-Jährige mit dem ihm eigenen Understatement. Doch auch Menschenfänger „Kloppo” weiß selbstredend, dass er zu den einflussreichsten Akteuren im Fußball weltweit zählt. „Red Bull hatte wahrscheinlich noch nie jemanden, der so prominent ist wie ich”, sagte er achselzuckend. Das ist durchaus zutreffend beobachtet.
Entsprechend hoch sind die Erwartungen an ihn. Nach seinen ersten Besuchen in Frankreich, wo sich Red Bull beim Zweitligisten Paris FC eingekauft hat, und bei RB Leipzig sagte er: „Ich begreife langsam, dass ich wirklich viel helfen und von Nutzen sein kann. Ich möchte nicht nur ein Mitläufer sein, nicht nur ein Promi, ich möchte einen Beitrag leisten, und das kann ich”, betonte der langjährige Mainzer, Dortmunder und Liverpooler Trainer.
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Mintzlaff: Das Klopp-Gefühl hat gefehlt
Red-Bull-CEO Oliver Mintzlaff, der neben Klopp auf dem Podium Platz nahm, umschrieb die Ansprüche so: „Dieses Gefühl, ich kann hier etwas beitragen und bewegen, hat bei uns gefehlt. Es hat jemand gefehlt, der diese Erfahrung, dieses Wissen und diese Energie hat.” Mintzlaff ging auch auf seine Kritik an RB Leipzig vom vergangenen Jahr ein. „Wir sind alle im Profisport, um zu gewinnen. Vielleicht eines Tages auch die Deutsche Meisterschaft im Fußball”, so der ehrgeizige RB-Aufsichtsrat und Vordenker. Jemand wie Klopp, der nicht täglich an der Seitenlinie stehe und Zeit dafür habe, eine andere Perspektive einzunehmen, sei dafür Gold wert. Bis zu fünf Prozent Leistungssteigerung für die Red-Bull-Klubs erhofft sich Mintzlaff von Klopps Verpflichtung: „Das ist viel im Profisport.”
Schon lange hatte er gebaggert, bis Klopp irgendwann bereit für das Engagement war. „Ich habe die Leidenschaft gespürt, da gibt es ein Interesse an Red Bull. Dann kam der Punkt, dass ich ihn vielleicht überzeugen kann”, schilderte der Konzernboss.
„Schritte vor allen andern machen”
Und Klopp schlug ein. Wie ein Prediger sagte der Heilsbringer mit seinem typischen „Kloppo”-Lächeln mit dem strahlend weißen, markanten Gebiss: „Ich möchte Menschen dabei helfen, sich zu verbessern, Glück beitragen, um erfolgreicher zu werden.”
Konkret wurde er bezüglich möglicher Änderungen und Anstößen kaum, noch zu frisch sind die Eindrücke, die er in seiner ersten Arbeitswoche sammelte. Doch er betonte, dass der Red-Bull-Fußball vor allem „Wiedererkennungswert” haben müsse. „Das wollte auch Dietrich Mateschitz. Wo auch immer wir auftreten, wollen wir die Favoriten sein in den jeweiligen Ligen”, sagte er. Klopp will Innovationen anstoßen, wie es einst Ralf Rangnick getan hat. Doch Klopp betonte: „Seit Ralf Rangnicks Zeit hat sich viel verändert. Wir versuchen, nicht nur Schritt zu halten, sondern wollen Schritte vor allen anderen machen. Der Fußball verändert sich.”
Klopp weiß, dass er keine Entscheidungsgewalt qua Amt hat, nur seine Überzeugungsgabe. Die Entscheidungen sollen die Klubverantwortlichen vor Ort treffen, aber Klopp will so kompetent wie möglich beraten. „Ich werde viel zuhören, und wenn sie Fragen haben, antworte ich drauf. Manchmal braucht man den Blick von außen, wenn es ein guter Rat ist, wird das vielleicht auch als Entscheidung übernommen”, sagte er. Das fühle sich gut an, „weil es leicht ist, sich mit dem Red-Bull-Kosmos zu identifizieren, weil alle hier dafür brennen”.
Klopp: „Fühle mich verantwortlich”
Klopp wirkte bei dem ersten öffentlichen Auftritt für seinen neuen Arbeitgeber durchaus glaubwürdig und sympathisch, gut erholt und inspirierend, souverän und visionär. Schlechte Nachrichten für all jene, die dachten, dass das mit Klopp und Red Bull ja eigentlich gar nicht gutgehen könne. Stattdessen wirkte Klopp so, als habe er die ersten Ideen schon im Kopf und könne es gar nicht erwarten, die für viele dunkle Seite der Fußballmacht voranzubringen. „Wir müssen innovativ sein und die Macht nutzen, die wir haben. Wir haben einen großen Wissensschatz, den muss man gewinnbringend einsetzen”, forderte der gebürtige Stuttgarter.
Wenn er eines Tages abtrete, sollen die Menschen sagen, „dass wir in den richtigen Momenten die richtigen Entscheidungen angestoßen haben. Ich werde nicht nur mitlaufen, wir werden keine Zeit verschwenden, sondern das Bestmögliche für alle herausholen”, kündigte er an. „Ich möchte die Dinge in die richtige Richtung lenken und fühle mich dafür verantwortlich.”
Als die „wohl längste Pressekonferenz Österreichs” (Klopp) beendet war, traten Mintzlaff und Klopp noch einmal gemeinsam für die Fotografen aufs Podium. Klopp nahm den bisweilen etwas steifen CEO kurz lachend in den Schwitzkasten. Das wagen sich auch nicht allzu viele im Red-Bull-Reich.